Der Lenkungsausschuss[1] der Wiener Initiative 2.0 hat einer Reihe europäischer Behörden seine Beobachtungen und Vorschläge zur grenzüberschreitenden Bankenaufsicht mitgeteilt. Der Fokus liegt dabei auf wichtigen Aspekten der Zusammenarbeit zwischen Heimat- und Gastländern, was vor allem für die mittel-, ost- und südosteuropäischen Gastländer wichtig ist, in denen den Tochtergesellschaften ausländischer Banken eine systemrelevante Rolle zukommt.

Der Lenkungsausschuss möchte damit einen Beitrag zur Erstellung eines gesetzlichen Rahmens für die Bankenaufsicht in Europa leisten und auf systemrelevante Probleme der Gastländer hinweisen. Die Vorschläge wurden der Europäischen Bankaufsichtsbehörde, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission übermittelt.

Die Unterlage legt die Ansichten des Lenkungsausschusses über die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden der Heimat- und der Gastländer während der Krise dar. Sie stützt sich auf Diskussionen zwischen den Aufsichtsbehörden der Heimat- und der Gastländer, Zentralbanken, Steuerbehörden und wichtigsten Mutterbanken. Sie berücksichtigt zudem auch die Meinungen, die im Zuge eines Workshops ausgetauscht wurden, den die EBWE am 12. September 2012 in London veranstaltete. Häufige Kontakte mit anderen nationalen Behörden und dem privaten Bankensektor ermöglichten es, weitere Ansichten[2] einfließen zu lassen.

Einige Aspekte, die die Aufsichtsverfahren betreffen, sind vor allem für die mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder wichtig, in denen Tochtergesellschaften international tätiger Bankengruppen der EU operieren, die für die Finanzsektoren dieser Länder systemrelevant sind. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Behörden in den Heimat- und in den Gastländern bei der Beurteilung der Systemrisiken von Finanzinstituten unterschiedliche Ansichten vertreten können. Dies liegt vor allem daran, dass Tochtergesellschaften innerhalb einer Bankengruppe nur eine untergeordnete Rolle spielen, in den Gastländern jedoch systemrelevant sein können. Diese Probleme können in Ländern außerhalb der Union, wo in der EU ansässige Banken systemrelevante Operationen durchführen, sogar noch ausgeprägter sein.

Die Vorschläge des Lenkungsausschusses betreffen im Wesentlichen:

  1. die Lösung potenzieller Interessenkonflikte um sicherzustellen, dass die Aufsichtsgremien ihre Aufgabe in einem breiteren europäischen Kontext betrachten;
  2. die Sicherstellung der Anwendung der Leitlinien der Europäischen Bankaufsichtsbehörde;
  3. die Förderung offener und lebhafter Diskussionen in den Aufsichtsgremien;
  4. die Stärkung der Position der Europäischen Bankaufsichtsbehörde als „honest broker“ (ehrlicher Vermittler) bei der Lösung von Konflikten und die Einbeziehung von Steuerbehörden bei steuerlichen Fragen;
  5. die Überzeugung der betreffenden Nicht-EU-Staaten zur Zusammenarbeit im Bereich der Bankenaufsicht;  
  6. die Verdeutlichung der Notwendigkeit, den Nicht-Euro-Staaten angemessene Bedingungen zuzusichern, um ihnen eine Beteiligung an der Bankenunion zu ermöglichen („opting in“);
  7. die Berücksichtigung der makroprudenziellen Perspektive bei der Debatte über die grenzüberschreitende Bankenaufsicht und in den Diskussionen der Aufsichtsgremien.

Im Rahmen der Wiener Initiative 2.0 wird ferner ausführlich auf den neuen Vorschlag über die Bankenabwicklung eingegangen, der den betreffenden europäischen Behörden vorgelegt werden wird.

Die Wiener Initiative

Die Wiener Initiative wurde auf dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 als Plattform des privaten und öffentlichen Sektors eingerichtet, um sicherzustellen, dass westliche Banken ihre Tochtergesellschaften in den CESEE-Ländern in der Krise mit ausreichend Kapital und Liquidität versorgten. Im Januar 2012 wurde die Initiative unter der Bezeichnung „Wien 2” wiederaufgelegt, da sich aus der Eurokrise erneut Risiken für die Region ergaben. Ihr Schwerpunkt liegt nun auf der verstärkten Koordination der Behörden in den Heimat- und Gastländern der Banken, um grenzüberschreitende Aktivitäten zu stabilisieren und einen zu planlosen Abbau von Risikoaktiva (Deleveraging) zu verhindern. Westliche Bankengruppen spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der Initiative. Sie unterstützen die Abstimmungsbemühungen und tragen ihren Teil dazu bei, das Deleveraging möglichst geordnet durchzuführen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Wiener Initiative: http://vienna-initiative.com.


[1] Dem Lenkungsausschuss gehören die EBWE, die EIB, die Weltbank , die Europäische Kommission sowie Italien und Rumänien an, die jeweils die Behörden der Heimat- und Gastländer vertreten. Den Vorsitz im Lenkungsausschuss hat der Präsident der polnischen Zentralbank Marek Belka.

[2] Die Europäische Kommission könnte zu bestimmten in dieser Unterlage erläuterten Aspekten unterschiedliche Ansichten vertreten.