Als Corona das Geschäft ausbremste, verlegte ein Mailänder Start-up den Mittagstisch kurzerhand ins Internet

Von Chris Welsch

SoLunch will Menschen beim Essen zusammenbringen. Seine Idee, soziale Isolation mit gemeinsamen Mahlzeiten zu bekämpfen, gewann im Corona-Alltag plötzlich an Tragweite.

In einer Welt, in der Einsamkeit leicht zum Problem wird, wollte SoLunch ursprünglich Menschen in Großstädten wie Mailand um den Mittagstisch versammeln. Denn während sich Berufstätige oft bei einer anonymen Kette schnell etwas auf die Hand holen, kochen viele Menschen in Rente, Eltern in der Familienpause oder Arbeitslose zu Hause nur für sich.

Vor der Pandemie konnten Berufstätige in und um Mailand im Internet SoLunch-Köchinnen und -Köche in der Nähe ihres Arbeitsplatzes suchen, das Tagesgericht – oft frisch zubereitete Pasta – bestellen und beim Essen neue Menschen treffen.

Gegen die Einsamkeit

Vom Essen in Gesellschaft profitieren beide Seiten, und wer eine Portion mehr kocht, verdient sich ein paar Euro dazu. Dafür erhält SoLunch eine kleine Gebühr.

In der Pandemie funktionierte das Geschäftsmodell aber nicht mehr.

„Schon vorher wollten wir etwas gegen die Vereinsamung tun, aber in der Pandemie sind plötzlich alle zu Hause und die Isolation wiegt noch schwerer“, erklärt SoLunch-Gründerin Luisa Galbiati. „Wir wollen Menschen zusammenzubringen. Also brauchten wir eine Lösung, wie dies auch im Corona-Alltag möglich ist. Nach einem Brainstorming war klar: die virtuelle Mittagspause kann’s richten.“

Heute bietet SoLunch eine tägliche „cucina diffusa“: Menschen aus ganz Italien kochen das gleiche Gericht und treffen sich in Videokonferenzen zum gemeinsamen Essen. Dieser Service ist während der Pandemie kostenlos, um allen Italienerinnen und Italienern durch die Krise helfen.

Als die Stadt Mailand von unseren virtuellen Mahlzeiten erfuhr, nahm sie SoLunch auf ihre Webseite mit Hilfsangeboten in der Coronakrise auf. Dank SoLunch essen landesweit täglich Dutzende Italienerinnen und Italiener virtuell zusammen, und es werden immer mehr. Monatlich zählt das Unternehmen laut Galbati über 2 000 Suchanfragen.

SoLunch gehört zu den Finalisten des Wettbewerbs für Soziale Innovation, mit dem das EIB-Institut alljährlich europäische Unternehmen auszeichnet, die soziale, ethische oder ökologische Ziele verfolgen.

>@EIB

Keine Scheu vor der Technik

„Es ist schön zu sehen, wie Freundschaften entstehen“, erklärt Galbiati. „Ein junger Koch aus Sizilien hat sich über SoLunch mit einer älteren Dame in der Lombardei angefreundet, die sich mit heilenden Kristallen befasst. Zusammen versuchen sie jetzt, die Kristalle mit ihrem Essen in Einklang zu bringen.“

Dank SoLunch üben sich ältere Menschen im Umgang mit der Technik und finden Anschluss an die Außenwelt. Die ursprüngliche Technik war sehr einfach. Auch wer nicht mit dem Computer vertraut ist, war schnell in der Lage, ein Menü zu posten und ein Konto zu eröffnen. Mit den Videokonferenzen wurde es etwas schwieriger, aber auch hier versucht SoLunch, vor allem der älteren Kundschaft die Scheu vor der Technik und dem Internet zu nehmen.

SoLunchs Community Managerin Giada Corneli hat mit viel Elan Videokonferenzen eingerichtet und Events organisiert. Jetzt will sie ihr Know-how in Webinaren an andere SoLunch-Nutzerinnen und -Nutzer weitergeben. „Wir wollen mit unseren neuen Fähigkeiten mehr für unsere Community tun“, so Corneli. „Durch eine einfache Idee entstehen Bande. Menschen essen gemeinsam, verbringen Zeit zusammen und werden Freunde.“