Beetle ForTech überwacht, wo das Holz für unsere Möbel herkommt – für nachhaltige Forstwirtschaft und gegen illegalen Holzhandel

Sitzen Sie gerade auf einem Stuhl aus Holz? Dann stammt das Material ziemlich sicher aus illegaler Quelle.

Ob Stühle, Tische, Türen oder Betten – laut Interpol stammt weltweit ein Drittel aller Holzmöbel aus illegalem Einschlag. Ihm fallen jedes Jahr rund zehn Millionen Hektar Wald zum Opfer. Eine Fläche so groß wie Island. Interpol beziffert den Handel mit illegalem Holz auf fast 152 Milliarden US-Dollar pro Jahr, ein lukratives Geschäft für die Holzmafia.

Gleichzeitig bedeutet er Artenverlust, Wüstenbildung und mehr Treibhausgase. Und die weltweite Nachfrage nach Holz steigt weiter.

„Der illegale Holzeinschlag ist wirklich ein großes Problem. Aber keiner spricht darüber und keiner weiß was. Aber was da passiert, geht uns alle an“, mahnt Matthias Sammer, Mitgründer von Beetle ForTech. Das österreichische Start-up will Holz entlang der gesamten Lieferkette rückverfolgbar machen und damit zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft beitragen.

Das vierköpfige Gründerteam von Beetle ForTech lernte sich 2019 beim Hackathon der österreichischen Holzindustrie kennen. Ziel waren Lösungen gegen den illegalen Holzeinschlag. Zusammen hat das Quartett Erfahrung im globalen Holzhandel, in nachhaltiger Forstwirtschaft und in der Holz- und Fasertechnologie.

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© Beetle ForTech

Das Gründerteam von Beetle ForTech (von links nach rechts): Sebastian Vogler, Koimé Kouacou, Anh Nguyen und Matthias Sammer

„Nach ungefähr 72 Stunden hatten wir ein ziemlich gutes Konzept parat. So fing alles an“, erzählt Sammer.

Beetle ForTech ging 2021 an den Start und hat als unabhängige Organisation ein waches Auge auf die globale Holzbeschaffung. Der ungewöhnliche Firmenname geht auf den Fichtenborkenkäfer zurück. So wie der Käfer seine charakteristischen Gänge ins Holz bohrt, will das Start-up jeden Baum mit einem unverwechselbaren Code markieren und damit die gesamte Lieferkette nachverfolgbar machen.

Eindeutige Kennung zur Nachverfolgung

In mehreren Ländern gibt es schon Rechtsvorschriften gegen den illegalen Holzeinschlag. „Aber Vorschriften sind das Eine“, sagt Sammer, „die Durchsetzung das Andere. Und da hakt es manchmal.“

Bisher habe es für die globale Branche keine ganzheitliche Lösung gegeben, die für jeden Baum die Herkunft, Legalität und Lieferkettentransparenz garantiert.

Beetle ForTech verwendet ein maschinelles Nachverfolgungs- und Zertifizierungssystem, das jeden Baum nahtlos bis zu der Stelle zurückverfolgt, wo er gewachsen ist. Das geschieht laut Sammer auf zwei miteinander verbundenen Wegen.

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Zuerst erhält der Baum eine eindeutige Kennung. „Wir verfolgen das Holz vom Wald bis zum Sägewerk. Dazu bekommt jeder Baum einen QR-Code, der unter anderem den Längen- und Breitengrad erfasst. Und mit diesem QR-Code verfolgen wir ihn dann entlang der Lieferkette.“

Welchen Weg der Baum nimmt, überwacht Beetle ForTech per Satellit. So erkennt das Unternehmen anhand der Standortdaten jedes Baums, ob er tatsächlich abtransportiert wurde, und auch, wie es um den Wald steht, aus dem er kam.

Ein typischer Kunde von Beetle ForTech wäre ein großes Sägewerk, das selbst Wälder besitzt und für den Holzeinschlag mit Subunternehmen zusammenarbeitet. Beetle ForTech will den Forstbetrieben Kodierungsgeräte geben. Damit markieren sie die gefällten Bäume, scannen im Sägewerk ihren QR-Code und bestätigen das Ergebnis über Satellit.

„So haben wir alle Informationen, woher der Baum genau kommt. Vom Wald bis zum Sägewerk. Die Daten sind digitalisiert und direkt für Berichte oder Analysen nutzbar“, erklärt Sammer.

Technologie als Schlüssel zur nahtlosen Lieferkette

Beetle ForTech gibt die Informationen über Blockchain an die Stakeholder entlang der Lieferkette weiter. Das Start-up setzt auf maschinelles Lernen und optische Technologien zur Decodierung von Codes im Sägewerk. Bei der Satellitenüberwachung stützt es sich auf Copernicus, das kostenlose Erdbeobachtungs- und Überwachungsprogramm der EU.

Das Unternehmen erwartet vier Einkommensströme aus der Lizenzierung: Due-Diligence-Software, Nachverfolgung, Vertriebsüberwachung und Datenmanagement. Seine Technologie hilft Holzfirmen beim Nachweis einer nahtlosen Produktkette. „Wir haben es in anderen Märkten gesehen. Wird die Herkunft eines Produkts zuverlässig nachgewiesen, sind die Kunden auch bereit, mehr dafür zu zahlen. Bei Holz dürfte es ähnlich sein“, resümiert Sammer.

 

Jochen Danninger, niederösterreichischer Landesrat für Wirtschaft, ist nach einem virtuellen Rundgang bei Beetle ForTech Ende 2020 von dem Produkt überzeugt: „Unsere regionalen Produzenten und Händler brauchen eine durchgängige, transparente Holzlieferkette. Nur so können sie die Qualität ihrer Produkte dokumentieren.“

2022 gehörte Beetle ForTech zu den Finalisten des Wettbewerbs für Soziale Innovation. Damit zeichnet das EIB-Institut jedes Jahr Unternehmen für ihr soziales, ethisches oder ökologisches Engagement aus. Für Sammer war die Erfahrung in vielerlei Hinsicht wertvoll, von der Kommunikationsstrategie über das Geschäftsmodell bis hin zum Networking.

Das Unternehmen testet derzeit Komponenten seiner Tracing-Lösungen in verschiedenen Teilen der Welt und will sein System zur Nachverfolgung von Holz 2024 auf den Markt bringen. In der Anfangsphase konzentriert sich Beetle ForTech auf die hochwertigen Kiefern und Tannen Mitteleuropas, wo das Unternehmen für sich ein Marktpotenzial von 650 Millionen Euro sieht. Viele Probleme der globalen Holzbranche lassen sich nach Mitteleuropa zurückverfolgen, so Sammer. Deshalb sei es sinnvoll, da anzusetzen.