Die fünfte Mobilfunkgeneration bringt mehr Energieeffizienz – eine gute Nachricht für alle, die sich um das Klima sorgen

Wer letztes Jahr im Internet unterwegs war, konnte den Meldungen über die fünfte Mobilfunkgeneration kaum entkommen. Viele haben sich wahrscheinlich gefragt, ob sie sich damit überhaupt befassen sollten – schließlich funktionieren Instagram, Spotify und Bitcoin-Mining auch mit 4G einwandfrei.

Wenn Ihnen das Klima wichtig ist – so wie der Europäischen Investitionsbank –, dann lautet die Antwort Ja. Wir haben deshalb letztes Jahr mit einer Garantie des Europäischen Fonds für strategische Investitionen einen weiteren Kredit über 250 Millionen Euro an Ericsson vergeben: für die Erforschung und Entwicklung seiner Systeme für die nächste Mobilfunkgeneration.

Sinkende Energiekosten der Netze? Ja

EIB-Fachleute haben ermittelt, dass 23 Prozent dieses Kredits zum Klimaschutz beitragen, konkret die Investitionen in die neuen Energieeffizienzfunktionen von 5G. Eine aktuelle Studie kommt auf beeindruckende Werte: Abhängig davon, ob sich ein Mobiltelefon in einem Bereich mit niedrigem, mittlerem oder hohem Datenaufkommen befindet, und je nach Konfiguration, könnte die Migration dieses Datenverkehrs in ein 5G-Netz den Energieverbrauch um 50–95 Prozent senken.

„Die Energiekosten sind neben den Mietkosten für die Mobilfunkstandorte die zwei größten Ausgabenposten bei Basisstationen. Für die Betreiber ist das also ein zentraler Punkt“, erklärt Anders Bohlin, leitender Volkswirt in der Abteilung Digitale Infrastruktur der EIB. „5G bietet den Betreibern wirtschaftliche und ökologische Anreize. Das ist wichtig für sie, weil sie von vielen Kunden kritisiert werden. Die Aktionen, mit denen sie uns alle zwei Jahre ein neues Telefon schmackhaft machen wollen, werden nicht gerade als nachhaltig betrachtet. Die Betreiber versuchen daher, umweltbewusster zu werden.“

Niedrigere Telefonrechnungen? Eher nicht

Beschert uns 5G vielleicht auch niedrigere Telefonrechnungen? Eher nicht, meint Bohlin. 5G bedeutet vor allem schnellere, bessere Verbindungen – und mehr Daten.

Denn die höhere Energieeffizienz gegenüber 4G ist nicht der einzige Vorteil. Die Internationale Fernmeldeunion hat Leistungsanforderungen für 5G festgelegt. Demnach soll die neue Generation 10 bis 100 Mal schneller sein als der aktuelle Standard. Bislang konnten pro Quadratkilometer 100 000 Geräte vernetzt werden – das 5G-Netz wird eine Million schaffen, also ein Gerät pro Quadratmeter. Und bei der Datenübertragung sollen bis zu 20 Gigabyte pro Sekunde möglich sein.

Aber wofür brauchen wir all diese Geschwindigkeit und Effizienz?

Manuel Tarazona Cano, leitender Ingenieur in der Abteilung digitale Infrastruktur der Europäischen Investitionsbank, denkt hier vor allem an Virtual Reality, Augmented Reality, das Internet der Dinge und vernetzte Autos. All das ist zwar heute schon möglich, aber erst 5G dürfte diesen Anwendungen zum Durchbruch verhelfen.

Taktiles Internet

Besonders großes Potenzial verspricht laut Tarazona das taktile Internet: Mit kleinsten Körperbewegungen lassen sich Gegenstände aus der Ferne steuern – mit sensorischem Feedback in Echtzeit.

„Ein Beispiel ist die Telechirurgie. Der Chirurg sitzt an einer Konsole und steuert mit Joysticks, Knöpfen und seinen Bewegungen den OP-Roboter. Wir können also Objekte durch eigene Bewegungen fernsteuern und erhalten dabei eine zuverlässige Rückmeldung – vorausgesetzt, der Steuerbefehl und das Feedback werden nahezu in Echtzeit übertragen.“

Auch die Latenz, also die Wege-Zeit der Daten von der Quelle bis zum Ziel, wird sich mit 5G deutlich verkürzen. Sie wird auf eine Millisekunde sinken – ein Zehntel dessen, was bisher üblich ist.

Katzenvideos müssen warten

Eine weitere Neuheit bei 5G ist das „Network Slicing“. Mit dieser Technik erhalten Anwendungen, die eine Echtzeitreaktion erfordern, Vorrang gegenüber Diensten wie YouTube, denen eine normale Reaktionszeit reicht. So lassen sich beispielsweise Telechirurgie-Daten über einen entsprechenden Network Slice quasi auf der Überholspur übertragen.

Laut Tarazona versuchen die Telekommunikationsbranche und öffentliche Einrichtungen derzeit, mit aller Kraft innovative Dienste voranzubringen. Sie richten voll ausgestattete 5G-Versuchsnetze ein, in denen Branchenexperten und Anwendungsentwickler ihre ausgefallensten und kreativsten Ideen testen können – ohne dass ihnen die aktuelle Mobilfunktechnik dabei Grenzen setzt. Die Zeichen stehen also auf noch mehr Innovation.

Mit der EIB zu 5G

Auch deshalb begeistert sich die Europäische Investitionsbank für die 5G-Technik.

2019 vergab die Bank 300 Millionen Euro eines 450-Millionen-Euro-Kredits an Telefónica sowie 275 Millionen Euro an die Deutsche Telekom – jeweils für den Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland. Weitere 300 Millionen Euro gingen an KPN zum 5G-Ausbau in den Niederlanden und 90 Millionen Euro an den finnischen Mobilfunkbetreiber DNA.

Die EIB beziffert die Kosten für den Aufbau der 5G-und Glasfaserinfrastruktur in Europa in einer Studie aus dem letzten Jahr auf rund 350 Milliarden Euro. Etwa ein Drittel dieses Betrags dürfte aus bereits angekündigten privaten Mitteln stammen. Europa investiert allerdings nach wie vor weniger in Telekommunikation und Technologie als andere Teile der Welt. Verglichen mit den USA sind die jährlichen Pro-Kopf-Investitionen in die Mobilfunknetze nur etwa halb so hoch. Ein Grund mehr, warum die EIB hier in naher Zukunft aktiv bleiben dürfte.