„Es gibt eine weltweite Strategie, die Wälder zu schützen und gleichzeitig Kakao nachhaltig zu produzieren.“
Aminata Bamba Diaby ist auf dem Land aufgewachsen. Ihre Eltern bauten im Nordosten von Côte d’Ivoire Cashewnüsse an. „Ich bin schon als kleines Kind mit aufs Feld gegangen“, sagt sie.
Nach ihrem Studium der Agrartechnik in Côte d’Ivoires Hauptstadt Yamoussoukro arbeitete sie zunächst als Auditorin für nachhaltige Entwicklung. Dazu gehörte auch, Wissen zu vermitteln und Bäuerinnen und Bauern zu helfen, ihre Anbaumethoden zu verbessern. „Wir, die Fachleute von der Uni, konnten zurück aufs Land gehen und gemeinsam mit den Produzenten deren Lebensbedingungen verbessern“, sagt sie.
Seit 2022 koordiniert sie die Nachhaltigkeitsprogramme des Verbands ECOOKIM, der 33 Agrargenossenschaften mit rund 45 000 Produzenten vertritt, und des Kakao-Exporteurs Akagny Cacao. Diaby und ihr Team sorgen dafür, dass die von Akagny gehandelten Bohnen internationale Nachhaltigkeitsstandards wie die der Rainforest Alliance und immer strengere EU-Vorgaben erfüllen.
Côte d’Ivoire ist der weltgrößte Kakaoproduzent. Rund zwei Drittel der dortigen Produktion gehen an Schokoladenhersteller in der EU. Doch der Kakao-Anbau ist auch in hohem Maß für Entwaldung und Kinderarbeit verantwortlich. Von 2000 bis 2019 wurden in Côte d’Ivoire für den Kakao-Anbau rund 2,4 Millionen Hektar Wald gerodet. Das entspricht ungefähr der Fläche von Ruanda.
Im Januar 2025 kündigte die Europäische Investitionsbank (EIB) einen 100-Millionen-Euro-Kredit an die Banque Nationale d’Investissement (BNI) an. Das ist der größte Kreditgeber des Kakaosektors in Côte d’Ivoire. Das Geld soll die Beschäftigung junger Menschen, Gleichstellung und einen nachhaltigen Kakao-Anbau fördern. Rund ein Drittel der Mittel ist für zertifizierte Produzenten und Unternehmen wie Akagny vorgesehen, die nachhaltigen Kakao verarbeiten und exportieren.
Der EIB-Kredit wird als Durchleitungsdarlehen vergeben. Dabei leiht die EIB lokalen Banken Geld, das diese über viele kleinere Kredite an Betriebe in ihrem Land weiterreichen. So vergab die BNI in Côte d’Ivoire etwa 3,3 Millionen Euro an Akagny für den Kauf von zertifiziertem Kakao. Die Erlöse aus dem Kakaoverkauf fließen in Projekte vor Ort: Schulungen und Material für bessere Ernteerträge, Programme zur Förderung von Frauen und ihrer finanziellen Unabhängigkeit sowie neue Schulen und Infrastruktur wie Wassertürme. „In manchen dieser Gemeinden gibt es nicht einmal Trinkwasser“, sagt Diaby.
Digitale Karten sichern Schutzgebiete ab
Akagny erstellt mit Agrargenossenschaften vor Ort digitale Karten der Anbaugebiete. So lässt sich verhindern, dass Schutzgebiete verletzt werden. Denn die Geodaten der tatsächlichen Anbauflächen werden digital mit Karten der Schutzgebiete abgeglichen, die die Regierung und internationale Organisationen wie das Europäische Forstinstitut und Global Forest Watch bereitstellen. Akagny sammelt solche Daten schon seit 2012.
„Wenn das System meldet, dass ein Gebiet tabu ist, stoppen wir sofort unsere Unterstützung für den Produzenten“, sagt Diaby. „Mit diesem System arbeiten wir schon lange, denn wir müssen einfach sicher sein, dass die Felder nicht in Schutzgebieten liegen.“
Auch Daten darüber, wie es den Bäuerinnen und Bauern geht, werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Die enthält unterschiedlichste Informationen über einzelne Gemeinden – etwa wie viele Kinder zur Schule gehen, wie viele Schulen es gibt und ob die Menschen Zugang zu sicherem Wasser haben.
Mit diesen Daten kann ECOOKIM besser entscheiden, welche Projekte gefördert werden: „Wenn zum Beispiel viele Kinder die Schule abbrechen oder überhaupt nur wenige angemeldet sind, heißt das: Hier muss eine Schule gebaut werden.“
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Gewinnbeteiligung verbessert Ernten und Einkommen
Die Kakao-Erlöse fließen auch in Mikrokredite an Bäuerinnen und Bauern, die meist keinen normalen Bankkredit bekommen – und in Produkte für gesündere Pflanzen und mehr Produktivität. Gleichzeitig bietet ECOOKIM seinen Mitgliedern Schulungen an: zu Anbaumethoden aber auch sozialen Punkten wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung.
Außerdem gibt es Spar-Initiativen für Frauen, damit sie kleine Kredite für den eigenen Anbau aufnehmen oder sich mit Läden oder Restaurants selbstständig machen können. Denn Frauen arbeiten zwar mit ihren Familien auf den Kakaoplantagen, das Geld bleibt aber in den meisten Fällen bei den Männern. „Es geht darum, unabhängige Einkommensquellen für Frauen zu schaffen“, sagt Diaby.
Das Ziel heißt letztlich: Die Landwirtschaft soll sich lohnen – damit die Familien gut davon leben können. Aber Diaby macht sich Sorgen, dass ihnen der Klimawandel einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Extremwetter wie Dürren und Überschwemmungen drücken die Kakaoproduktion genauso wie mangelnde Investitionen in neue Pflanzen. Das alles gefährdet die jüngsten Einkommenszuwächse natürlich.
„Wer Kakao anbaut, muss gut davon leben können“, sagt sie. „So weit sind wir leider noch nicht. Und ich fürchte, mit Klimawandel und sinkenden Ernteerträgen könnte es sogar nochmal einen Schritt zurück gehen.“