Die Wirtschaftskrise hat zu einem historischen Rückgang bei der Investitionstätigkeit in Europa geführt. Wie dieser Trend umgekehrt werden kann, um langfristige wirtschaftliche Folgen zu verhindern und nachhaltiges Wachstum zu erreichen, war Thema einer Konferenz, die heute in Wien stattfand. Anlässlich einer neuen Studie der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Investitionstätigkeit und Investitionsfinanzierung in Europa veranstalteten das Joint Vienna Institute, die EIB und die Oesterreichische Nationalbank eine gemeinsame Diskussion der Herausforderungen und Handlungsoptionen.

Fast sechs Jahre nach Beginn der Finanzkrise und der Rezession liegt das Investitionsniveau etwa 17 Prozent unterhalb des Spitzenwertes von 2008, und die Investitionstätigkeit bleibt weiterhin verhalten. Die langfristige Fehlallokation von Investitionen über Sektoren und Länder hinweg ist dabei das zentrale Problem. Auch wenn der Zugang zu Krediten für einige Unternehmen, Branchen und Länder ein ernsthaftes Hemmnis darstellt, ist dies insgesamt nicht der hauptsächliche Hinderungsgrund für Investitionen gewesen. Tatsächlich ist die wichtigste unmittelbare Ursache des Investitionsrückgangs während der Krise die Unsicherheit mit Blick auf die Zukunft. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die die Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB vor kurzem veröffentlichte und die jetzt im Rahmen der Veranstaltung diskutiert wurden. EIB-Chefökonomin Debora Revoltella stellte dar, dass es entscheidend sei, die tieferliegenden Gründe für den Investitionsrückgang zu adressieren, um lang anhaltende Folgen für Europas Wirtschaft zu verhindern.

Für Wilhelm Molterer, Vizepräsident der EIB, sind eine klare politische Verpflichtung und zügiger Fortschritt bei der institutionellen Reform des europäischen Bankenwesens erforderlich, um die Unsicherheit aufzulösen, finanzielle Engpässe zu entschärfen und Investitionen anzuregen. Er gab allerdings zu bedenken, dass das Aufsetzen der institutionellen Strukturen einer Bankenunion Zeit beanspruchen würde. Dies könne nicht die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in das Finanzsystem ersetzen. „Um nachhaltiges Wachstum zu erzielen, sind wir auf Strukturreformen angewiesen. Außerdem müssen wir Ressourcen in produktivere Sektoren verlagern. Begleitend dazu sind gezielte Interventionen erforderlich, um die Finanzierung von Infrastruktur und Innovation zu erleichtern. Wo es Anzeichen von Finanzierungshindernissen gibt, müssen wir die Kreditvergabe an KMU verbessern.“  

Im vergangenen Jahr stellte die EIB-Gruppe (EIB und Europäischer Investitionsfonds) ein Rekordvolumen in Höhe von 21,9 Mrd. Euro an Darlehen für KMU bereit. Auf diese Weise half die Bank, den Finanzierungsmangel kleiner und mittlerer Unternehmen abzumildern, und sie trug dazu bei, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa zu unterstützen. 

Norbert Funke, Joint Vienna Institute: „Während die weltweite Investitionsaktivität wieder an Fahrt aufgenommen hat, bleibt der Ausblick für Wachstum und Beschäftigung ein zentrales Anliegen. Um sowohl die kurz- als auch langfristigen Perspektiven für nachhaltiges und integratives Wachstum zu verbessern, müssen geeignete makroökonomische Strategien durch strukturelle Maßnahmen ergänzt werden. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Unterstützung von Investitionen, Handel und Wettbewerb.“