Der wallonische Wasserversorger SWDE will massiv investieren, um sein Netz zu modernisieren und an den Klimawandel anzupassen

In Belgien regnet es im Schnitt an 190 Tagen im Jahr. Doch für die wasserhungrigen Haushalte, die Landwirtschaft und die Industrie des Landes reicht das nicht. Die Menschen mögen sich durch den Nieselregen „gestresst“ fühlen, aber das Land hat mit echtem Wasserstress zu kämpfen: Jedes Jahr verbraucht es über 80 Prozent seiner Wasserreserven. Im Ranking des World Resources Institute schneidet Belgien damit schlechter ab als Länder mit extremer Wasserknappheit wie Namibia.

In Wallonien leben auf einer Fläche von 16 844 Quadratkilometern über 3,5 Millionen Menschen. Aufgrund eines Pro-Kopf-Einkommens, das unter dem EU-Durchschnitt liegt, sind viele Teile Walloniens als Kohäsionsregionen eingestuft, die Anspruch auf zusätzliche EU-Mittel haben. Die Region zeichnet sich durch eine vielfältige Landschaft aus. Dazu gehören die Ardennen, ein ausgedehntes bewaldetes Hochplateau, und die Maas, einer der großen europäischen Flüsse. Trotz ihres Reichtums an natürlichen Ressourcen leidet die Region bedingt durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum und industrielle Entwicklung unter enormer Wasserknappheit. Letztes Jahr, als die Region den trockensten Sommer seit 20 Jahren erlebte, kam in mehreren Städten und Dörfern kein Tropfen mehr aus den Hähnen. Das Wasser musste mit Tankwagen verteilt werden.

Durch den Klimawandel ist in der Region mit einer Zunahme von extremen Wetterereignissen zu rechnen. Bei den Überschwemmungen im Juli 2021 kamen 39 Menschen ums Leben, 48 000 Gebäude und 11 000 Pkws wurden beschädigt. Die Kosten für Wallonien beliefen sich auf 2,8 Milliarden Euro. Laut einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature gehört Belgien neben den Niederlanden und Deutschland zu den Ländern, die statistisch gesehen am stärksten von Rekordhitzewellen betroffen sind. Eine andere Studie (der Universität Lüttich) prognostiziert für Wallonien bis 2050 ein Wasserdefizit von bis zu 30 Prozent, wenn nichts unternommen wird.

Ein Teil des Problems besteht darin, das Wasser aus Gebieten, in denen es reichlich vorhanden ist, in extrem trockene Gebiete zu transportieren. „Es gibt keine landesweiten Wassernetze“, erklärt Marco Beroš, Wasserexperte der EIB. „Wasser ist nicht wie Strom oder Gas. Natürlich kann man Wasser über weite Strecken transportieren, aber die Qualität des Trinkwassers leidet. Außerdem würde das sehr viel Energie verbrauchen (1 000 Liter Wasser wiegen eine Tonne!). Es sei denn, man baut wie die Römer Aquädukte, die die Schwerkraft nutzen. In Belgien versorgt Wallonien seit jeher Brüssel über Fernleitungen aus den Ardennen, aber das Land ist ein Flickenteppich lokaler und regionaler Wassernetze.“

Der größte Wasserversorger der Region, die Société Wallonne des Eaux (SWDE), kennt die Probleme nur zu gut. Das Unternehmen versorgt 2,5 Millionen Menschen vor allem im ländlichen Raum mit Wasser. Das sind eine Million Anschlüsse in 190 Gemeinden und ein Leitungsnetz von 40 000 Kilometern. Zum Vergleich: Das Leitungsnetz ist etwa 30-mal länger ist als das der Stadt Paris mit ähnlicher Einwohnerzahl.



Umfangreiche Investitionen geplant

Um eine angemessene Wasserversorgung zu gewährleisten, will das Unternehmen massiv investieren, um sein Netz zu modernisieren, die Verbindungen zwischen den kommunalen Netzen zu verbessern und sich an den Klimawandel anzupassen. Die Maßnahmen umfassen eine Erhöhung der Wasserspeicherkapazität, der Wassereffizienz, der Wasserqualität und der Widerstandsfähigkeit gegen Überschwemmungen. Damit will die SWDE den Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit, -qualität und -infrastruktur begegnen.

„Wir produzieren jedes Jahr mehr als 1,6 Millionen Kubikmeter Trinkwasser und verbrauchen dafür 100 Gigawattstunden“, so Bernard Pevee, Energieexperte des Unternehmens. „Wir wollen unsere Energiekosten senken, damit Wasser für alle bezahlbar bleibt, und unsere Treibhausgasemissionen bis 2030 um 20 Prozent senken.“

Dazu will die SWDE in zusätzliche Solaranlagen investieren und Stromabnahmeverträge mit Windparks abschließen. Gleichzeitig will das Unternehmen seine Energieeffizienz deutlich verbessern. „Wir prüfen jede Pumpstation und haben einen Aktionsplan, um den Verbrauch zu senken und die Effizienz zu steigern“, so Pevee weiter. Insgesamt plant das Unternehmen rund 150 Einzelinvestitionen für mehr Effizienz, unter anderem in neue Anlagen und verbesserte Verfahren zur Wassergewinnung und -aufbereitung.

Die Senkung des Energieverbrauchs und der Emissionen sind Teil der Umweltstrategie des Wasserversorgers. „Unsere Strategie beruht auf drei Säulen“, erklärt Xavier Giltay, Umweltdirektor der SWDE. „Sensibilisierung, Verbesserung der Umweltbilanz und Anpassung an den Klimawandel.“

Auch der Schutz der biologischen Vielfalt liegt uns sehr am Herzen. „Wir wollen Biodiversitätsleitlinien für alle unsere Standorte erarbeiten“, so Giltay. „Wir haben rund 1 000 Standorte und arbeiten mit der Forst- und Naturschutzbehörde der Region an zahlreichen Projekten zum Schutz der Artenvielfalt. Dabei versuchen wir auch, unsere CO2-Bilanz zu verbessern.“

Zur Finanzierung ihrer ehrgeizigen Investitions- und Klimapläne hat die SWDE ihren langjährigen Partner, die EIB, um Unterstützung gebeten. 2022 unterzeichnete das Unternehmen ein Darlehen über 250 Millionen Euro für sein Investitionsprogramm 2022–2026.

Es ist die vierte EIB-Finanzierung in 16 Jahren. Seit dem letzten Darlehen über 200 Millionen Euro vom November 2016 hat die SWDW im Schnitt jährlich 120 Millionen Euro investiert, ohne die Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhöhen.

Das Darlehen der EU-Bank unterstützt das Unternehmen bei einer Reihe von Projekten, die die Resilienz der wallonischen Wasserinfrastruktur verbessern sollen. Dazu gehören der Bau neuer Wasserspeicher, die Modernisierung von Wasseraufbereitungsanlagen und moderne Technologien für die Leckerkennung.