Wenn sich Menschen keine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes leisten können, leidet ihre Lebensqualität. Und das Klima. Mit Sozialwohnungen lassen sich lange Pendelstrecken und damit auch Emissionen vermeiden.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Trotzdem finden viele Menschen in Europa keine bezahlbare Wohnung.

Natürlich ist das ein soziales Problem. Es trägt aber auch – und das mag überraschen – zur Erderwärmung bei.

Besonders knapp ist guter, energieeffizienter Wohnraum in den europäischen Städten, wo 70 Prozent der Bevölkerung leben. Das beeinträchtigt die Lebensqualität vieler Menschen, die sich nur eine Wohnung weit weg vom Arbeitsplatz leisten können. Und es schadet dem Klima, wenn die Pendelnden täglich weite Strecken mit dem Auto fahren und fossile Kraftstoffe verbrennen. Aber auch das Wohnen selbst verbraucht viel Energie. Gerade alte und schlecht gedämmte Wohnungen und Häuser sind große Energieverschwender.

Wohnraum und Energie – es geht voran

Wenn Menschen keine gute Wohnung finden, vergrößert das die soziale Kluft in Europa. Die Folge: Probleme im Gesundheitswesen, weniger öffentliche Sicherheit, Arbeitskräftemangel in Wirtschaftszentren, ineffiziente Arbeitsmärkte. In Irland zum Beispiel warten Tausende von Menschen auf eine bessere Wohnung. In Frankreich finden Pflegekräfte kaum bezahlbaren Wohnraum in der Pariser Innenstadt.

Die Herausforderungen in den Bereichen Wohnraum und Energie sind immens. Nahezu die Hälfte aller europäischen Wohngebäude wurde vor 1970 errichtet. Bei der Wahl der Baustoffe, Standards und Techniken dachte damals niemand an den Energieverbrauch. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission müssen 75 Prozent der Gebäude und Wohnungen energetisch saniert werden, wenn Europa seine Klimaziele erreichen will.

„Menschen ein Zuhause zu geben, ist der wichtigste Aspekt unserer Sozialwohnungsprojekte. Und wenn das energieeffizient geschieht, umso besser“, erklärt Gerry Muscat, der bei der Europäischen Investitionsbank für Stadtentwicklung zuständig ist. „Viele unserer Wohnraumprojekte helfen den Menschen und dem Klima.“

Manchmal reicht es schon, wenn man Glühlampen ersetzt. Der österreichische Lichtkonzern Zumtobel forscht in Sachen effizientere Beleuchtung und Lichtmanagement, damit das Licht nur bei Bedarf brennt. Anfang 2019 genehmigte die Europäische Investitionsbank den zweiten Teil von zwei 40-Millionen-Euro-Krediten, mit denen sie die Forschung des Unternehmens zur digitalisierten Beleuchtung unterstützt.

Wachsende Städte, kaum Mietwohnungen

In Schweden und Polen wachsen die mittelgroßen Städte. Eine Folge davon: Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum steigt rasant. Schweden baut deshalb Tausende bezahlbarer Mietwohnungen. Im September 2019 vergab die Europäische Investitionsbank einen Kredit über fast 300 Millionen Euro. Mit diesem Geld unterstützt sie die schwedischen Pläne, Niedrigstenergiegebäude nach höchsten Effizienzstandards zu errichten.

In der zentralpolnischen Stadt Posen kommen viele Menschen nicht für eine von der Stadt geförderte Wohnung infrage, weil ihr Einkommen zu hoch ist. Sie können sich aber auch keine Wohnung auf dem freien Markt kaufen, denn dafür reicht ihre Bonität nicht aus. Die Stadt legte daher zusammen mit einer örtlichen Wohnungsbaugesellschaft ein Projekt für diese Zielgruppe auf. Mit dabei: eine Krippe, ein Kindergarten, ein Spielplatz und mehrere Behindertenparkplätze. Insgesamt sollen in dem neuen Wohngebiet über 1 000 Wohnungen entstehen. Die Europäische Investitionsbank steuert 34 Millionen Euro bei.

„Wir wollen Posen zu einer attraktiven Stadt machen, wo Menschen mit unterschiedlichem Einkommen ein Zuhause finden, problemlos zur Arbeit pendeln und ein modernes und ökologisch verträgliches Angebot an kommunalen Dienstleistungen haben“, erzählt Grzegorz Ganowicz, der Vorsitzende des Stadtrates.

Die Europäische Investitionsbank vergab in Polen 2019 auch einen Kredit über 19 Millionen Euro an die BNP Paribas Bank Polska, um die Energieeffizienz des vorhandenen Wohnungsbestands zu verbessern. Die polnische Bank wird damit Kredite an landwirtschaftliche Betriebe und Wohneigentümer ausreichen, die Solarmodule installieren wollen. Auch Wohnungsgesellschaften können mit dem Geld die Energieeffizienz verbessern.

In Frankreich ist es besonders für junge Berufstätige schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Das Land baut deshalb Wohnungen für Menschen, die nicht für eine Förderung infrage kommen, sich aber trotzdem kein vernünftiges Wohnen leisten können. Die Bank hat in Frankreich mit insgesamt 1,3 Milliarden Euro Projekte für bezahlbaren Wohnraum mitfinanziert. Damit sollen rund 27 800 Wohnungen entstehen. (Mehr darüber, wie die Europäische Investitionsbank bezahlbaren Wohnraum in Frankreich fördert.)

Große Nachfrage nach neuem Wohnraum in Afrika

Die Europäische Investitionsbank bleibt auch im Wohnsektor ihrer internationalen Ausrichtung treu und fördert Sozialwohnungen und bezahlbaren Wohnraum nicht nur in Europa. In Afrika und weltweit verhelfen Projekte der Bank Menschen zu einem Zuhause und senken gleichzeitig den Energieverbrauch. Afrikas Städte werden bis 2055 wohl um weitere 765 Millionen Menschen wachsen. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum.

In Namibia und Botsuana fördert die Europäische Investitionsbank mehrere Projekte für bezahlbares und grünes Wohnen mit fast 20 Millionen US-Dollar. Die Wohnungen sollen 20 Prozent weniger Wasser und Strom verbrauchen.

„Wir möchten gerade solchen Menschen eine gute Wohnqualität bieten, für die bislang nicht viel getan wurde. Das ist unser Ziel“, erklärt Cathal Conaty, Managing Director des Fonds International Housing Solutions II. Der Fonds wirbt mithilfe der Europäischen Investitionsbank Mittel für Wohnungsbauprojekte in Namibia und Botsuana ein.