Nachhaltig verwerten statt verbrennen oder deponieren: Unternehmen entwickelt kostengünstige Alternative, um aus Industrieabfällen Papier, Kunststoff und Biokraftstoffe herzustellen

Nachhaltig verwerten statt verbrennen oder deponieren: Unternehmen entwickelt kostengünstige Alternative, um aus Industrieabfällen Papier, Kunststoff und Biokraftstoffe herzustellen
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Krisztina Kovacs-Schreiner, Chief Executive of Lixea

Lixea will hoch hinaus. Allein in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten werden jährlich rund 100 Millionen Tonnen Holzabfälle weggeworfen statt recycelt. Sie stammen aus Papierfabriken, der Forstwirtschaft und dem Baugewerbe. Die Gründer des Start-ups – Chemikerinnen und Chemieingenieure – haben eine Lösung gefunden, um dieses Holz in seine Grundbestandteile aufzuspalten. Dabei entfernen sie auch giftige Schwermetalle, mit denen verarbeitetes Holz oft belastet ist.

„Wir geben Holzabfällen eine zweite Chance“, erklärt Krisztina Kovacs-Schreiner, Geschäftsführerin von Lixea. „Unsere neue Methode basiert auf einem Lösungsmittel. Im Grunde zerlegen wir die Holzabfälle in ihre Bestandteile und machen dann etwas Neues daraus.“

Entwickelt hat das neue „Dendronic“-Verfahren Lixea-Mitgründerin Florence Gschwend während ihrer Promotion am Imperial College London. Dabei wird mit ionischen Flüssigkeiten aus Biomasse Zellulose für die Herstellung von Papier, Kleidung und Kunststoffen isoliert. Auch das herausgelöste Lignin lässt sich industriell weiterverwerten, unter anderem für Biokraftstoffe. Das Gleiche gilt für Bauabfälle, die noch von Schwermetallen befreit werden. Das Verfahren eignet sich für alles, was Zellulose und Lignin enthält.

Für mehr Nachhaltigkeit

„Das Tolle an unserem Verfahren ist, dass es jede Art organischer Biomasse aufspalten kann. Sogar Pflanzenabfälle“, so Krisztina Kovacs-Schreiner. „Den meisten Branchen bleibt bisher nichts anderes übrig, als solche Abfälle zu verbrennen oder zu deponieren.“

Beim Wettbewerb für Soziale Innovation des EIB-Instituts war Lixea 2019 unter den Preisträgern. Der Wettbewerb fördert kreative Umwelt- und Sozialunternehmen. Lixea hat mehrere weitere renommierte Auszeichnungen und Fördergelder erhalten, darunter zwei Millionen Euro aus dem Fonds des Europäischen Innovationsrats (EIC) sowie Mittel aus dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“.

„Alles begann vor fünf Jahren – mit einer Person und einer Idee. Inzwischen sind wir zehn Leute und haben mehr als vier Millionen Euro auf dem Konto“, freut sich Geschäftsführerin Kovacs-Schreiner, die schon seit mehr als zehn Jahren im Bereich Bioökonomie und seit März 2020 für das Start-up tätig ist. Für sie bietet die Arbeit im Lixea-Team eine Chance, die Welt nachhaltiger zu machen.

„Ich will diesen Job nicht unbedingt als Berufung bezeichnen, aber er begeistert mich wirklich jeden Tag aufs Neue.“

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Derzeit errichtet Lixea im schwedischen Backhämmar eine Pilotanlage. Die Wahl fiel auf Schweden – wegen seiner intensiven Forstwirtschaft. In der Nähe gibt es mehrere Sägewerke, die die Anlage mit Sägemehl beliefern.

„Ein kleines Reagenzglas kann schon beeindruckende Ergebnisse hervorbringen. Aber so richtig spannend wird es, wenn man das Verfahren in größerem Maßstab ausprobiert. Dann geht es um Verfahrensentwicklung“, so Krisztina Kovacs-Schreiner.

Ein geschlossenes System

Lixea will sein Verfahren möglichst nachhaltig gestalten. Die ionischen Flüssigkeiten, mit dem das Team Holz und andere holzige Materialien aufspaltet, können mehrfach recycelt werden. „Es ist ein geschlossenes System. Eigentlich fällt nur ein bisschen Abwasser an.“

Lixea will das Werk mindestens ein Jahr betreiben und dann eine noch größere Anlage bauen. Letzten Endes geht es dem Start-up aber um Lizenzabkommen mit lokalen Unternehmen. Die könnten dann ihre Abfälle nach dem neuen Verfahren selbst recyceln.

„Ich hoffe, dass viele Unternehmen unsere Idee aufgreifen und ihre Holzabfälle vor Ort weiterverarbeiten. Wir wollen Lösungen entwickeln, die den lokalen Gegebenheiten entsprechen. In Asien würden wir das Verfahren für Reisstroh anpassen. Bei den Briten wäre es Weizenstroh. In Kalifornien Abfälle von Obstplantagen oder Holzabfälle. Lokal angepasste Lösungen – davon träumen wir.“