Polens drittgrößte Stadt betreibt in einem umfunktionierten Kraftwerk ein großes Projekt zur Stadterneuerung. Bereits jetzt gehen von EC1 viele positive Impulse aus, für Łódź und darüber hinaus.
Seit Januar haben schon rund 100 000 Menschen das neue Planetarium mit seiner 14-Meter-Kuppel besucht und sich von den gestochen scharfen Bildern naturwissenschaftlicher Phänomene in Bann ziehen lassen. Sie sahen tektonische Platten, vulkanische Aktivitäten und Klima- und Wettererscheinungen.
Die im Vergleich zum High-Definition-Fernsehen acht Mal höher aufgelösten Bilder sind von so hoher Qualität, dass sie die Zuschauer fast vergessen lassen, wo sie sich befinden. Jedenfalls erinnert nicht mehr viel an das ehemalige Kraftwerk, das im Mittelpunkt der Umgestaltung des Stadtzentrums steht. EC1 Łódź City of Culture ist der Betreiber des Planetariums ebenso wie des Nationalen Zentrums für Filmkunst und des Wissenschafts- und Technologiezentrums im gleichen Gebäude. „EC1 Łódź ist ein Experiment im großen Maßstab“, erklärt Michał Kędzierski, Leiter für soziale Kommunikation bei EC1. „Wir wollen, dass hier ein Ort entsteht, an dem Menschen ihre Freizeit sinnvoll verbringen können. Das Kulturzentrum soll eine attraktive Alternative zum Shoppen bieten und sich zu einem Wachstumsmotor in Łódź entwickeln. Es soll für die Identität der Stadt stehen.“
Das 1907 gebaute Kraftwerk versorgte die Stadt bis ins Jahr 2001 mit Strom, bevor es dem Verfall preisgegeben wurde. Nach Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs erhielt das einstige Zentrum der Textilindustrie Unterstützung von JASPERS, einer Partnerschaft für technische Hilfe, die von der Europäischen Investitionsbank verwaltet wird und der Stadt dabei helfen soll, wieder attraktiver zu werden. Das prachtvolle Gebäude hat das Erscheinungsbild des Stadtzentrums schon sichtbar verändert.
Energie für Wissen
Das Planetarium war das erste Gebäude, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Es dient als Kulturzentrum, in dem Workshops, Kunstausstellungen und kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Während der Restaurierungs- und Umbauarbeiten wurden alle interessanten Elemente der postindustriellen Infrastruktur in den Hauptgebäuden instand gesetzt und ausgestellt.
2017 wird ein Wissenschafts- und Technologiezentrum eröffnet, in dem die Architektur des ehemaligen Heiz- und Elektrizitätskraftwerks erhalten wurde. Dort werden die alten Steuerungsgeräte, Öfen, Kessel, ein Turbogenerator und ein Kühlturm ausgestellt sein. Die Besucher können sehen, wie Kohle auf Förderbändern zum Kessel transportiert und verbrannt wurde, um Wasser zu Dampf zu erhitzen, der wiederum einen Turbogenerator antrieb und Strom erzeugte. Mit Originalmaschinen aus dem Kraftwerk und holografischen Projektionen vermittelt die Ausstellung die Geschichte der Energiegewinnung vom Kohlebergbau bis zu Atomkraftwerken.
Weitere Exponate erklären die Funktionsweise von Windkraftwerken, Klimaanlagen oder Flugzeugen. Daneben gibt es Experimente zur Teilchenphysik und zu chemischen Reaktionen im Weltall.
Das Wissenschafts- und Technologiezentrum wird Kindern einen eigenen Bereich bieten, damit auch die Jüngsten etwas zu entdecken haben und ihre Vorstellungskraft angeregt wird.
Der letzte Bestandteil des Projekts, der in Kürze fertiggestellt sein wird, ist das Nationale Zentrum für Filmkunst – eine passende Bereicherung für eine Stadt mit einer international renommierten Nationalen Filmhochschule, aus der Filmschaffende wie Roman Polanski und Krzysztof Kieslowski hervorgegangen sind.
Die Kosten des Projekts beliefen sich auf insgesamt 265 Millionen Zloty (ungefähr 66,1 Millionen Euro). 20,6 Millionen Euro wurden als Kofinanzierungsbeitrag von der EU zur Verfügung gestellt. Das Team von JASPERS wirkte an der Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts mit und beriet vor allem zu Fragen, die die institutionelle Seite des Projekts und staatliche Beihilfen betrafen.
Polens modernstes Planetarium
Das Programm des Planetariums umfasst eine monatliche Veranstaltung über den „Nachthimmel von Łódź“, in der aktuelle astronomische Ereignisse und Sternkonstellationen erläutert werden. Das Planetarium verfügt über 110 verstellbare Sitze und Raum für 140 Personen. Seine sechs Projektoren und die Systeme für den Raumklang werden durch zwölf Computer gesteuert. Die Technik ermöglicht ein maximales „Eintauchen“ in die projizierten Bilder. Die kugelförmige Projektionsfläche kann in einer Geographiestunde oder in einem Vortrag über Meteorologie auch als riesiger virtueller Globus dienen. „Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt“, so der Direktor des EC1, Błażej Moder.
„Wir wollen möglichst vielen jungen Menschen, die sich für den Sternenhimmel oder die Erforschung des Weltraums interessieren, die Chance geben, mit sehr guter Ausrüstung zu lernen“, erklärt die Bürgermeisterin von Łódź, Hanna Zdanowska. In Anbetracht der niedrigen Durchschnittseinkommen in Polen werden die Preise für das Planetarium so gestaltet sein, dass sie für jeden erschwinglich sind. Eintrittskarten für Kinder aus Łódź, die mit der Schulklasse das Planetarium besuchen, liegen bei fünf Zloty (umgerechnet 1,16 Euro).