Anlässlich der Zusammenkunft des Wissenschaftlichen Ausschusses am 9. Dezember in Marseille schlossen sich die UNESCO mit ihrem Weltkulturerbeprogramm und die Arab Towns Organisation (ATO) der „Medina 2030“-Initiative der Europäischen Investitionsbank (EIB) an. Fünf Mittelmeerländer – Marokko, Tunesien, Ägypten, Syrien und Libanon – sind auf höchstem Niveau in den für die regionale und kommunale Entwicklung zuständigen Institutionen sowie durch Städteplaner oder arabische Verbände für den Schutz des kulturellen Erbes vertreten.

Die „Medinas 2030“-Initiative wurde im Oktober 2008 auf der Internationalen Architekturausstellung (Biennale Architecturale) in Venedig von der EIB eingeführt. Sie dient der Stärkung der Politik der Mittelmeerpartnerländer zur Sanierung von alten Stadtvierteln und historischen Stadtkernen[1].In der Praxis ergänzt diese Initiative die Aktivitäten der Partnerländer zur Sanierung der Medinas durch die Förderung integrativer Stadtentwicklungsstrategien. In Anbetracht des Bedarfs an finanziellen Mitteln und unzureichender öffentlicher Gelder stellt dies die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Stadtentwicklung und eine verbesserte Koordination zwischen den Geldgebern dar. Seit September 2009 wird die „Medinas 2030“-Initiative vom Marseiller Zentrum für Integration im Mittemeerraum aus geleitet (Marseille Centre for Mediterranean Integration – MCMI, www.cimimarseille.org). Die Initiative bildet eines der vier zum Sektor Stadt- und Raumentwicklung zählenden Programme des Zentrums.

Den Austausch von Erfahrungen und Weiterbildungsmöglichkeiten mit den Partnerländern verstärken

Den Vorsitz im Wissenschaftlichen Ausschuss der „Medinas 2030“-Initiative führt Pr. Bandarin, Direktor des Welterbekomitees der UNESCO. Als leitende Instanz der „Medinas 2030“ verfolgt der Ausschuss drei Ziele: Prüfung und Genehmigung der wissenschaftlichen Ausrichtung des Programms; Ermittlung (aus einer Auswahl von 16 Projektbeispielen in fünf Ländern) der städtischen Sanierungsoperationen, für die technische Hilfe gewährt und internationale Geldgeber im Anschluss daran Finanzierungsmittel bereitstellen werden; Förderung der kulturellen Dimension der Initiative.

Die Partnerschaftsvereinbarung zwischen der EIB und der ATO, die am 9. Dezember in Marseille von dem für die FEMIP zuständigen EIB-Vizepräsidenten Philippe de Fontaine Vive und dem stellvertretenden Generalsekretär der ATO, S.E. Ahmad Al-Adsani, unterzeichnet wurde, ist auf folgende Ziele ausgerichtet: Austausch von Erfahrungen im Bereich der Sanierung historischer Stadtkerne und von Stätten des kulturellen Erbes in arabischen Städten; Ausbildung von Städteplanern und die Schaffung von Leitungs- und Führungsstrukturen für solche Projekte; Förderung neuer Initiativen in den Städten, die Mitglied der Organisation sind.

Die Partnerschaft zwischen der EIB und der UNESCO steht in Einklang mit der Charta des Weltkulturerbe-Programms und fördert die Umsetzung der Ziele der „Medinas 2030“-Initiative in zweierlei Hinsicht. Einerseits ist die Durchführung technischer Seminare an den Stätten, die im Rahmen der „Medinas 2030“-Initiative ausgewählt wurden und die in der Liste des Welterbes enthalten sind, geplant. Im Mittelpunkt dieser Seminare werden Methoden und Umsetzung integrativer urbaner Strategien sowie Möglichkeiten zur Mobilisierung des privaten Sektors stehen. Andererseits beabsichtigt UNESCO, mit Unterstützung internationaler Finanzierungsinstitutionen ein Masters-Programm für regelmäßige Weiterbildung im Bereich der Stadtsanierung mit einer kulturellen Dimension einzurichten.

„Medinas 2030“-Initiative : Fortschritt und Ausblick

Im Rahmen der „Medinas 2030“-Initiative arbeitet die EIB mit mehreren Partnern zusammen, darunter die Weltbank, die AfD (Agence française de développement), die Caisse des Dépôts et Consignations, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, das Programm „Euromed Heritage“ der Europäischen Kommission, die AVEC (Association des villes européennes de culture) sowie mehrere Universitäten (u.a. die Universität von Venedig IUAV und die polytechnische Universität Barcelona.

  • Auf der internationalen Konferenz in Marseille im Oktober 2009 wurde ein Konsens erzielt hinsichtlich der Bedeutung, die der Sanierung historischer Stadtzentren für den Erhalt der wirtschaftlichen Attraktivität der Städte südlich und östlich des Mittelmeeres beigemessen wird. Außerdem haben die Mittelmeerländer unter Beweis gestellt, dass sie ihr Engagement in diesem Bereich verstärken werden.
  • 2010 gab Professor Marcello Balbo der Universität Venedig ein Buch heraus, in dem die Lehren zusammengefasst sind, die aus der Umsetzung bisheriger Strategien zur Sanierung des Kulturerbes gezogen werden können. Das Buch enthält Vorschläge für Verbesserungen.
  • Im Dezember 2010 wurde dem Wissenschaftlichen Ausschuss eine erste Studie vorgelegt, auf deren Grundlage exemplarisch 16 Stätten und ihr Entwicklungspotenzial ermittelt wurden. Diese Studie bietet eine Basis für die Identifizierung mehrerer Pilotprojekte in den Partnerländern, die für eine technische und finanzielle Unterstützung durch die Teilnehmer an der „Medinas 2030“-Initiative in Betracht kommen.
  • Eine zweite detailliertere und operationelle Studie wird im Jahr 2011 den Bedarf und die Durchführbarkeit innovativer Finanzierungskonstruktionen ermitteln. Diese Finanzierungsinstrumente dienen als Ergänzung zu öffentlichen Mitteln und sollen den privaten Sektor mobilisieren im Hinblick auf die Unterstützung von Gebietskörperschaften (Verkehr, Abwasserbeseitigung) oder die Befriedigung öffentlicher Bedürfnisse (Wohnungsbau). Diese Studie wird sich auf das Pilotprojekt Meknes stützen, das von Al Omrane durchgeführt und von der EIB finanziert wird.
  • Die Durchführung der technischen Hilfe und der Fortbildungsprogramme für die ermittelten Pilotprojekte wird 2011 und 2012 erfolgen. Parallel dazu wird zu diesem Thema Ende 2011 mit Unterstützung der ATO eine internationale Konferenz in einem Partnerland organisiert werden.
  • Ende 2012 wird die “Medinas 2030”-Initiative im Rahmen einer weiteren Konferenz auf der Architekturbiennale in Venedig beendet. Dort werden Erfahrungen, Methoden und Ergebnisse dieses Programms zusammengefasst werden.

Hinweise an die Redaktion:

Die FEMIP (die Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer) ist das Instrument der Europäischen Investitionsbank (EIB) für die Umsetzung der Wirtschafts- und Finanzpartnerschaft zwischen Europa und dem Mittelmeerraum. Diese Fazilität fasst die gesamte Palette von Instrumenten zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung der Partnerländer zusammen, und zwar Darlehen, Eigenkapital, technische Hilfe und Studien. Mit einem Finanzierungsvolumen von über 12 Mrd EUR seit ihrer Einführung im Oktober 2002 (davon 2,2 Mrd EUR im Jahr 2010) ist die FEMIP zum wichtigsten Akteur in der südlichen und östlichen Mittelmeerregion geworden. Die Entwicklung des privaten Sektors – insbesondere der KMU – in der Region und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen durch die Finanzierung der Basisinfrastruktur, die Modernisierung des Finanzsektors und den Schutz der Umwelt sind ihre prioritären Ziele. Weitere Einzelheiten können auf der Webseite www.eib.org/femip eingesehen werden. .

Die Arab Towns Organisation (ATO) wurde 1967 in Kuwait Stadt zu dem Zweck gegründet, die Entwicklung arabischer Städte zu fördern. Dabei sollten ein integrierter Ansatz verfolgt und die Besonderheiten der an der Organisation beteiligten Länder und Städte berücksichtigt werden. Mit ihrem Status als Beobachter bei den Vereinten Nationen und dem Europarat wird ihrem Know-how Rechnung getragen,  das sich auf ein Netz von 400 Mitgliedern aus 22 Ländern stützt. Mit der Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens zwischen ATO und EIB im Zusammenhang mit der „Medinas 2030“-Initiative bekräftigt die Organisation ihren Willen, ihr Tätigkeitsfeld auf historische Stadtkerne auszudehnen und innovative Lösungen anzubieten im Hinblick auf die Mobilisierung von Finanzierungsmitteln und privaten Ressourcen. Weitere Einzelheiten können auf der Webseite www.ato.net/web eingesehen werden.

Das Marseiller Mittelmeer-Integrationszentrum (Centre de Marseille pour l’Intégration en Méditerranée – CMI) wurde im September 2009 gegründet, um die Partnerländer bei der Modernisierung ihrer Politik in den folgenden fünf Bereichen zu unterstützen: Stadt- und Raumentwicklung, Umweltschutz und Wasserwirtschaft, Transport und Logistik, Kenntnisse und Fähigkeiten, Beschäftigung und Mobilität, Wissensgesellschaft sowie Technologie und Innovation. Gründungsmitglieder des CMI sind die EIB, die Weltbank, die AfD, die Caisse des Dépôts, die Stadt Marseille und die Regierungen von Frankreich, Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien und Libanon. Weitere Einzelheiten können auf der Webseite www.cmimarseille.org eingesehen werden.


[1] Es handelt sich dabei um die an der FEMIP – dem Instrument der EIB für die Umsetzung der Ziele der Partnerschaft Europa-Mittelmeer – beteiligten Länder Algerien, Ägypten, Gazastreifen/Westjordanland, Jordanien, Israel, Libanon, Marokko, Syrien und Tunesien.