Die Idee: Mit dem Internet der Dinge Wasser sparen und den Ernteertrag steigern

IRRIOT steht für „Irrigation Internet of Things“. Und es ist der Name eines schwedischen Start-ups, das angetreten ist, die Bewässerung in der Landwirtschaft zu verändern.

„Im Grunde statten wir Bewässerungsanlagen mit einem Gehirn aus“, erklärt Marketingchef Johan Wendt. „Dadurch lassen sich bis zu 50 Prozent an Wasser sparen und die Ernteerträge um bis zu 30 Prozent steigern.“

Das Konzept des Internets der Dinge setzt sich gerade in immer mehr Branchen durch. Einfach ausgedrückt, werden dabei physische Objekte mit Sensoren ausgestattet und vernetzt. Dadurch können Geräte untereinander und mit einer Basis Daten austauschen und von überall aus überwacht und gesteuert werden.

IRRIOT wendet das Konzept auf Bewässerungsanlagen an: Sensoren auf dem Feld überwachen die Temperatur, die Bodenfeuchte und sogar den pH-Wert. Diese Daten gehen per Funksignal an ein Terminal auf dem Feld, das sie an eine Steuerungsbasis weiterleitet – den Controller, der im Grunde ein Computer ist. Das Terminal öffnet und schließt auch die Ventile des Bewässerungssystems. Hinzu kommt noch eine Cloud Software, eine Art „Nachrichtendienst“, der die Daten verarbeitet und im richtigen Moment die passenden Befehle an die Steuerungsbasis sendet.  

„Wir leben in einer Zeit der globalen Nahrungsmittel- und Wasserknappheit und müssen mehr Nahrung produzieren als je zuvor“, so Wendt. „70 Prozent des weltweiten Süßwasserverbrauchs entfallen auf die Landwirtschaft, und dort wird viel Wasser verschwendet.“

Zuerst für den Garten entwickelt

IRRIOT nahm 2021 am Wettbewerb für Soziale Innovation teil, mit dem das EIB-Institut kreative Lösungen für gesellschaftliche Probleme auszeichnet. Das kleine Unternehmen zählte zu den 15 Finalisten, die sich unter 280 hochkarätigen Kandidaten aus 28 Ländern durchsetzten. Der Wettbewerb für Soziale Innovation prämiert die besten europäischen Sozialunternehmen und fördert innovative Ideen mit sozialer, ethischer oder ökologischer Wirkung. 

Die Idee für das System von IRRIOT stammt von einem anderen Mitgründer der Firma: Technikchef Mikhail Soloviev, der zuvor lange als Ingenieur bei Ericsson gearbeitet hatte. Soloviev suchte ursprünglich nach einer Lösung, um seinen Garten im Urlaub aus der Ferne zu bewässern.

„Er stellte das Konzept unserem dritten Gründungspartner und mir vor, und es gefiel uns so gut, dass wir IRRIOT gründeten“, erzählt Wendt. „Weil es so etwas bis dahin noch nicht gab.“ 2017 ging das Unternehmen an den Start.

Mittlerweile sind etwa 100 Systeme von IRRIOT in zwölf Ländern in Betrieb und steuern die Bewässerung von rund 1 500 Hektar Land. Die meisten Kunden kommen bislang aus Schweden. Aber jetzt wird in Ägypten ein größeres System installiert, das allein eine Fläche von 3 000 bis 4 000 Hektar abdecken soll.

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Die meisten Bewässerungssysteme werden entweder manuell oder per Zeitschaltuhr gesteuert. Einige neuere Systeme arbeiten mit vernetzten Sensoren, wobei die Daten über im Erdreich verlegte Kabel geleitet werden. Das belastet die Umwelt stärker, denn die Kabel bestehen aus Draht und Kunststoff und ihre Herstellung und Verlegung verbraucht Energie.

Nächste Generation schon in Arbeit

2020 war pandemiebedingt ein schwieriges Jahr für IRRIOT, weil keine Landwirtschaftsmessen stattfanden und die Lieferketten gestört waren. Aber 2021 brachte kräftiges Wachstum, so Wendt: „Wir hoffen, dass wir zum Jahresende einen Umsatz von 400 000 bis 500 000 Euro erreichen.“

Das Unternehmen arbeitet bereits an einer Weiterentwicklung seines Systems. Zum Gehirn soll jetzt noch ein Nervensystem hinzukommen. „Wenn ich mir in die Backe kneife, sendet mein Nervensystem elektromagnetische Impulse an mein Gehirn und sagt ihm damit, dass ich Stress habe“, erklärt Wendt. „Das gilt genauso für andere Lebewesen, auch Pflanzen. Wenn sie von einem Käfer angegriffen werden oder Nahrung fehlt, senden sie elektromagnetische Impulse.“

IRRIOT arbeitet mit einem Schweizer Sensorhersteller, der sich darauf spezialisiert hat, solche pflanzlichen Signale zu messen und zu filtern. „Wir integrieren diese Sensoren in ein System, bei dem die Pflanze sagt: ‚Hey, ich habe Durst!‘ oder meldet, dass ihr Stickstoff fehlt.“ Dann schaltet das IRRIOT-System die Bewässerung an oder liefert den Nährstoff in der richtigen Menge.

Das neue System könnte Ende 2024 auf den Markt kommen, hofft Wendt. Im Moment testet das Unternehmen zwei Pilotanlagen auf Erdbeerfeldern. „Wir nennen es biointelligentes System zur Bewässerungsautomation. Es versetzt die Pflanzen buchstäblich in die Lage, sich selbst zu bewässern.“