Eine Recycling-App zeigt, wie man leere Pizzaschachteln, kaputte Glühbirnen oder alte Saftkartons richtig recycelt

Es war 2014. Giacomo Farneti, Informatikstudent in Bologna, hatte gerade einen Saft getrunken und wollte den leeren Karton nicht einfach wegwerfen. Er versuchte herauszufinden, wie man Saftkartons eigentlich recycelt, denn sie enthalten Papier, Aluminium und Kunststoff. Aber warum war es so schwierig, eine Antwort darauf zu finden?

Mit zwei Freunden entwickelte Farneti die App „Junker“, die bei der Mülltrennung hilft. Die drei kannten einen Supermarkt, wo sie nachts Strichcodes einscannen durften. Aus der Verknüpfung der Strichcodes mit den Verpackungsmaterialien entstand bald eine Datenbank.

Diese Datenbank ist heute auf 1,8 Millionen Produkte angewachsen. In Italien haben 2,5 Millionen Menschen die App heruntergeladen. Laut dem Unternehmen nutzen sie 30 Prozent der italienischen Haushalte aktiv.

Schneller sortieren dank Strichcode

Wer sich schon mal gefragt hat, wie man eine leere Pizzaschachtel oder eine kaputte Glühbirne recycelt, wird sich über Junker freuen. Wird der Strichcode gescannt, identifiziert Junker das Produkt, schlüsselt die Bestandteile auf und zeigt an, wie sie getrennt werden und wo sie in der Nähe recycelt werden können. Ist das Produkt noch nicht in der Datenbank, kann man es eintragen lassen. Es dauert dann etwa einen Tag, bis alle Informationen verfügbar sind.

Die App wird in zwölf Sprachen angeboten – sehr zur Freude von Ausländerinnen und Touristen. „Wir bitten die Kommunen, auch Hotels und Kurzzeitvermieter zu informieren“, berichtet Paolo Fornari, der bei Junker für Social Media zuständig ist. „Dann können die Gäste ihren Abfall so korrekt trennen wie die Einheimischen.“ Junker ist auch für Blinde und Sehbehinderte geeignet und gibt sogar Tipps für eine nachhaltige Lebensweise.

Für Nutzende ist die App kostenlos. Junker berechnet aber Städten und Abfallentsorgern eine Jahresgebühr auf Basis der Bevölkerungszahl. Abonniert eine Stadt die App, können die Menschen Extrafunktionen wie den örtlichen Abfuhrkalender oder Karten mit Sammelstellen für bestimmte Abfallarten nutzen. Rund 1 500 italienische und 20 Schweizer Städte sind schon dabei. 2022 erzielte Junker einen Umsatz von 1,4 Millionen Euro. Der europäische Markt dürfte ein Potenzial von jährlich 50 Millionen Euro haben.

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© Junker

Die Junker-App identifiziert die Verpackungsbestandteile und zeigt, wie man sie richtig recycelt

In Italien sind die Städte für die Müllabfuhr zuständig und dafür, die Abfälle zum Recycling an landesweite Organisationen zu verkaufen. Jede Stadt hat aber ihre eigenen Sortierregeln. Sind Abfälle wie Papier, Kunststoffe oder Glas nicht „sortenrein“, werden sie abgelehnt, und die Städte müssen für eine andere Entsorgung bezahlen. Nach Schätzungen von Junker sparen Städte mit der App und ihrer besseren Mülltrennung rund 34 Euro pro Person und Jahr.

„Von den Kommunen hören wir oft: ‚Vor zwei Jahren hatten wir eine Recyclingquote von 20–30 Prozent, jetzt sind es 60–70‘“, freut sich Paolo Fornari. „Wir können uns das zwar nicht an die Fahne heften, aber Junker trägt sicher das Seine dazu bei.“

Aktiv in der Kreislaufwirtschaft

Jeder Mensch in Europa verursacht im Durchschnitt rund 500 Kilogramm Siedlungsabfälle im Jahr. Gleichzeitig liegt die Recyclingquote unter 50 Prozent, in einigen Ländern sogar unter 20 Prozent. Um effektiv zu recyceln, muss vorher korrekt sortiert werden.  

„Meist liegt die Verantwortung bei den Bürgern“, moniert Fornari. „Das Problem ist nur: Die wissen oft gar nicht, wie man das macht. Wir glauben, dass Junker ihnen dabei helfen kann. So bauen sie selbst aktiv an der Kreislaufwirtschaft mit.“

In einem White Paper zu guter Umwelt- und Energiepraxis schreiben Studierende vom Europakolleg, die Junker-App könnte „eine strategische Rolle“ im neuen Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft spielen, „weil sie neue Technologien mit aktiver Mitarbeit der Menschen verbindet“.

2022 gehörte der italienische App-Anbieter zu den Finalisten des Wettbewerbs für Soziale Innovation. Mit diesem Wettbewerb fördert das EIB-Institut unternehmerische Lösungen, die vor Ort etwas bewirken. Für Junker war der Wettbewerb große Bühne vor internationalem Publikum, so Fornari. Das Unternehmen plane jetzt die Expansion, den Anfang machen Griechenland und Slowenien.

„Wir hoffen auch, dass Junker eines Tages nicht nur für die Mülltrennung benutzt wird, sondern auch um allgemein nachhaltiger zu leben. Die Menschen wüssten dann, wie man es richtig macht, und könnten ihr Wissen generell für die Kreislaufwirtschaft nutzen. Damit hätten wir unser Ziel erreicht: Wissen zu vermitteln für eine bessere Zukunft.“