Madeira ist berühmt für seine Wintersonne und die Schönheit seiner Natur. Aber als eine Überschwemmungskatastrophe über die Insel hineinbrach, brauchte sie Geld für den Wiederaufbau. Außerdem wollte sie widerstandsfähiger gegen künftige Unwetter werden.

In der Karnevalswoche feierten die Menschen kostümiert auf den Straßen, als das Unglück geschah. Niemand war vorbereitet, als das Atlantiktief mit seinen stürmischen Fronten zuschlug. „Es gab sintflutartige Wolkenbrüche, und als es einmal begonnen hatte, wollte es nicht mehr aufhören zu regnen“, erinnert sich Ricardo Reis. „Die Wasserfluten stürzten die steilen Abhänge der Berge hinab. Innerhalb von kürzester Zeit strömten Schlamm und Wasser an Straßen und Häusern entlang.“

Madeira ist eine gebirgige Insel vulkanischen Ursprungs knapp tausend Kilometer südwestlich von der portugiesischen Küste. Im Februar 2010 brach eine der zerstörerischsten Überschwemmungen ihrer Geschichte über die Insel hinein: 49 Menschen starben, 250 wurden verletzt und 650 verloren ihre Wohnung. Der Schaden an der Infrastruktur war riesig, und die Insel musste mit den Auswirkungen des Unwetters auf den Tourismus, eine der wichtigsten Einkommensquellen, zurechtkommen.

Ich habe die Rettungsteams direkt nach dem Sturm begleitet. Wir durchsuchten den Schlamm und Schutt, der nach den Überschwemmungen und Erdrutschen übrig blieb. Wir versuchten zu mehreren Städten und Dörfern durchzukommen, die durch Wassermassen und Felsstürze abgeschnitten waren. Wir sahen Menschen, die mitgerissen oder verschüttet worden waren“, erzählt Ricardo Reis, der heute Direktor für Planung und öffentliche Arbeiten der Regionalregierung ist.

Die Instandsetzung und der Wiederaufbau von öffentlicher Infrastruktur waren eine dringende und gewaltige Aufgabe, die rasch hohe Finanzierungsmittel erforderte. Da es sich um eine Notfallhilfe zur Behebung von Katastrophenschäden handelte, konnte die Europäische Investitionsbank die Gesamtprojektkosten mit einem Darlehen über 62,2 Millionen Euro finanzieren.

Diese Tragödie hätte die Wirtschaft der Insel vollständig zerstören können“, sagt Fernando Camano, der Ingenieur, der bei der EIB dieses Projekt und vergleichbare Vorhaben in der ganzen Welt betreute.

„Zusammen mit der Regierung von Madeira haben wir es als Chance begriffen, die Insel stärker und widerstandsfähiger gegen Flutschäden wiederaufzubauen.“

Der Gesamtplan

Der Wiederaufbau bestand aus mehreren kleinen und mittelgroßen Investitionsvorhaben mit Kosten von jeweils weniger als 50 Millionen Euro, die alle unter dasselbe „Rahmendarlehen“ fielen.Bei der Notfallhilfe nach einer Katastrophe muss man verschiedene Aspekte mit einer ganzheitlichen Herangehensweise abdecken“, erklärt Camano. „Wenn man die Vorhaben getrennt voneinander behandelt, besteht die Möglichkeit, dass sich die Katastrophe wiederholt. Ein Rahmendarlehen ist das einzige Instrument, das sich für die Notfallhilfe nach einer Katastrophe eignet.Rahmendarlehen sind für Städte und Regionen, die innerhalb von drei bis fünf Jahren zahlreiche Vorhaben in verschiedenen Sektoren finanzieren wollen, tatsächlich das am besten geeignete und anpassungsfähigste Finanzierungsinstrument.

Aus dem Rahmendarlehen für Madeira wurden Vorhaben in den folgenden Bereichen finanziert:

  • Wiederaufforstung in Höhenlagen und Minimierung sonstiger Erdrutschgefahren
  • Wiederaufbau der Wasserversorgung
  • Instandsetzung von Straßen
  • Regulierung von Fließgewässern
  • Bau von gewaltigen Geröllsperren für das Sedimentmanagement
  • Neugestaltung und Neubau von Entwässerungskanälen
  • ein Frühwarnsystem

Die Bauarbeiten begannen 2011 und wurden im April 2016 abgeschlossen.

Wir schickten der EIB den Entwurf eines Investitionsplans, sie stimmte dem Plan zu, und wir unterzeichneten das Darlehen im November 2010“, sagt Reis. „Gemeinsam mit Ingenieuren und Volkswirten der EIB suchten wir die wichtigsten Projekte aus, und sie halfen uns, diese bankfähig zu machen. Die EIB stellte uns eine Finanzierung mit guten Konditionen zur Verfügung.“

Wo der Bedarf am größten ist

Die Stadt Funchal, die Hauptstadt von Madeira, ist die am dichtesten besiedelte Region der Insel. Sie war auch eines der Gebiete, das am stärksten durch Erdrutsche beschädigt wurde. Jetzt befinden sich dort Geröllsperren, die den Wasserfluss zu jedem der drei Hauptgewässer schützen, die im Gebirge entspringen und bei Funchal ins Meer fließen. Die gewaltigen Sperren – Betonmauern mit 10 Meter hohen Zacken – sollen festes Material bei Überschwemmungen zurückhalten, sodass nur kleinere Feststoffe durch die Spalten kommen.

Die stromaufwärts errichteten Wasserbauwerke wurden von der EIB finanziert, während die Neugestaltung des Zusammenflusses der Hauptflüsse aus Mitteln der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert wurde. Die von den Fluten mitgerissenen festen Materialien wurden genutzt, um mehrere Hektar Land vom Meer zurückzugewinnen. Dank dieser Arbeiten war es auch möglich, wertvolle archäologische Funde von Teilen der Altstadt Funchals aus der Zeit der frühen portugiesischen Kolonialisierung im 15. und 16. Jahrhundert zu machen.

Das EIB-Team war eng in die Umsetzung und Überwachung aller Vorhaben eingebunden. Camano berichtet: „Alle sechs Monate etwa waren wir vor Ort, um die wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft zu treffen und dieser zu helfen, sich auf das Risikomanagement zu konzentrieren. Wir hatten auch ein Auge auf die Bauarbeiten, die nicht von unserem Darlehen abgedeckt wurden.

Innovationen für mehr Widerstandsfähigkeit

Natürlich musste die Infrastruktur auf jeden Fall wieder aufgebaut werden. Aber es war auch wichtig sicherzustellen, dass die verschiedenen Maßnahmen ein zusammenhängendes Ganzes ergaben. Das erforderte innovative Lösungen:

  • Mächtige Geröllsperren, die Tonnen Felsgestein aufhalten, wurden an kritischen Stellen bestimmter Ribeiras gebaut, um die Bewegung von Schutt und Fels, die katastrophale Auswirkungen hätte, zu verhindern. Das vorhandene Geröll wird nun für Tiefbauarbeiten genutzt. Die Erde wird für die Uferbefestigung verwendet.


  • Ein Frühwarnsystem mit u. a. einem Wetterradar, Messstationen auf der gesamten Insel sowie Plänen für die Soforthilfe und den Notfalleinsatz des Katastrophen- und Zivilschutzes.

  • Eine umfangreiche Wiederaufforstung mit einheimischen Bäumen und Sträuchern in mittleren und höheren Lagen, die eine wichtige Aufgabe bei der Verhinderung von Erdrutschen haben und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag zur Umwelt und zur Anpassung an den Klimawandel leisten.

Fernando Camano ist sich sicher, dass heftige Regenstürme auf Madeira in Zukunft weniger schlimme Überschwemmungen verursachen werden. „Künftig wird so etwas glimpflicher ausgehen. Die Regierung und die Zivilgesellschaft von Madeira haben wirklich gute Arbeit geleistet und einen Sicherheitspuffer geschaffen, der Leben retten wird und die Infrastruktur und die Umwelt schützt“, sagt er.