Krakau wird grüner: für die Bevölkerung und ukrainische Familien

Krakau blickt auf eine über tausendjährige Geschichte zurück. Bei einem Spaziergang durch den mittelalterlichen Kern mit seinen barocken Kirchen, dem Renaissance-Schloss und dem Kopfsteinpflaster entdeckt man eine Stadt, die den Zahn der Zeit recht gut überstanden hat. Auch wenn die Luftverschmutzung lange Zeit einen grauen Schleier über die Stadt gelegt und die Lebensqualität der Bevölkerung beeinträchtigt hat.

Das will Krakau ändern und arbeitet an einem Plan für eine klimaneutrale und smarte Metropole.

„Wir wollen eine Stadt der Innovationen sein, ein Zentrum für Wissenschaft und Forschung, ein Pionier für nachhaltige Stadtentwicklung und Klimaschutz“, sagt Andrzej Łazęcki, der die Abteilung für kommunales Management und Klima in Krakau leitet.

Krakau ist auch eine Stadt, die auf eine unerwartete Belastungsprobe gestellt wurde, als sie nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine etwa 270 000 Flüchtlinge aufnahm. Die Nachfrage nach öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum stieg und brachte die Infrastruktur an ihre Grenzen.

Trotz des Kriegs in einem Land, das weniger als 300 Kilometer entfernt liegt, hat Krakau seine ehrgeizigen Klimaziele nicht aufgegeben. Stattdessen will die Stadt zwei Ziele gleichzeitig erreichen – sie will grüner werden und ihre Infrastruktur modernisieren und sanieren, um den Bedürfnissen der Bevölkerung und der ukrainischen Neuankömmlinge gerecht zu werden.

„Wir können viel von Krakaus Umgang mit dem Klimawandel und der aktuellen humanitären Krise lernen“, so Leonor Berriochoa, Ingenieurin bei der EIB, die an einem Kredit von 130 Millionen Euro (585 Millionen Zloty) an die Stadt mitgearbeitet hat, der 2023 unterzeichnet wurde. „Krakau könnte ein Vorbild für viele andere Städte sein.“

Warum ist grüne Stadtentwicklung so wichtig?

Urbane Entwicklung ist notwendig, damit Städte prosperieren und wachsen können. Eine moderne öffentliche Infrastruktur verbessert die Lebensqualität der Menschen und kurbelt die städtische Wirtschaft an. Gut geplant, fördert sie Innovationen, sozialen Zusammenhalt und ökologische Nachhaltigkeit und macht Städte lebendiger, inklusiver und widerstandsfähiger.

Sie kann Städten auch helfen, humanitäre Krisen zu bewältigen.

>@Bogusław Świerzowski / krakow.pl
© Bogusław Świerzowski / krakow.pl

Ein neues Gemeindezentrum in der Koszykarska-Straße

„Jede Stadt kann nur eine begrenzte Zahl von Menschen aufnehmen“, so Katerina Zisimopoulou, Expertin für Stadtentwicklung bei der EIB. „Wenn jedoch Tausende von Menschen zuziehen, stoßen die Bildungs-, Verkehrs- und sonstigen Infrastrukturen an ihre Grenzen. Das führt zu Konflikten und Ressourcenknappheit und verschlechtert die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen.“

Stadtentwicklungsprojekte sollen die Bedürfnisse der Menschen in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung decken. Dazu braucht es neue öffentliche Infrastruktur, und die bestehende muss so modernisiert werden, dass alle daran teilhaben.



Eine humanitäre Krise bewältigen

Die Stadtverwaltung hat ihren Entwicklungsplan angepasst, um den wachsenden Bedürfnissen der Krakauer Bevölkerung und der Neuankömmlinge der letzten Jahre aus der Ukraine gerecht zu werden.

„Wir haben uns darauf konzentriert, die neu angekommenen Ukrainerinnen und Ukrainer zu integrieren und ihnen alle öffentlichen Dienstleistungen zu bieten. Aber dazu müssen wir die Dienste ausbauen“, sagt Elżbieta Żurek-Kois, Direktorin der Abteilung für Soziales und Gesundheit der Stadt Krakau.

Eines der Projekte der Stadt ist der Bau eines Schul- und Therapiezentrums für polnische und ukrainische Kinder beispielsweise mit Autismus und eingeschränkter Mobilität. Das Zentrum wird eine Grundschule betreiben und den Kindern und ihren Familien Unterstützung wie Psycho- und Physiotherapie anbieten. Ziel ist es, ein multikulturelles und mehrsprachiges Umfeld für Kinder aus Polen, der Ukraine und anderen Ländern zu schaffen.

>@Niepubliczna Szkoła Podstawowa Specjalna im. Unicef
© Niepubliczna Szkoła Podstawowa Specjalna im. Unicef

Schul- und Therapiezentrum in der Topografów-Straße 11

Außerdem beinhaltet der Stadtentwicklungsplan von Krakau:

  • Bau eines Pflegeheims in der Praska-Straße und Erweiterung und Modernisierung des bestehenden Heims in der Kluzeka-Straße
  • Bau einer Kindertagesstätte im Krakauer Stadtteil Stare Podgórze
  • Bau eines barrierefreien Sport- und Freizeitzentrums auf dem Gelände der Grund- und Sekundarschule in der Fredry-Straße
  • Anpassung kommunaler Gebäude der Stadt an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen

„Wir brauchen neue soziale, schulische und kulturelle Einrichtungen, weil die Einwohnerzahlen gestiegen sind, auch durch die Menschen aus der Ukraine“, sagt Łazęcki aus Krakau. „Wir haben mehr finanziell benachteiligte Menschen. Die Bedürfnisse von Kranken, älteren Menschen und Kindern müssen gedeckt werden.“



Hilfe für eine wachsende Stadt

Der Bau neuer städtischer Infrastruktur und die Modernisierung bestehender Einrichtungen erfordern hohe Investitionen, sorgfältige Planung und Zeit. Durch die Bedürfnisse der Flüchtlinge wird die finanzielle Belastung noch weiter erhöht.

Die EIB unterstützt Krakau mit einem Rahmendarlehen von 334 Millionen Euro (1 500 Millionen Zloty), dessen erste Tranche von 130 Millionen Euro (585 Millionen Zloty) im August 2023 unterzeichnet wurde. Aus dem Rahmendarlehen kann die Stadt eine Reihe von Projekten finanzieren, die die städtische Infrastruktur modernisieren und verbessern.

Die Finanzierung fällt unter das Ukraine Solidarity Package Programme, eine Initiative, die städtische und regionale Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten als Antwort auf den Krieg gegen die Ukraine finanziert.

„Die Menschen in Krakau haben sehr hart daran gearbeitet, die humanitäre Krise zu bewältigen und gleichzeitig die Stadt grüner zu machen“, sagt Marcin Futera, Kreditreferent bei der EIB. „Mit dem Rahmendarlehen können wir zahlreiche Projekte unterschiedlicher Art und Größe in der gesamten Stadt finanzieren.“



Ein grüneres Krakau  

Krakau ist auf dem Weg zur Klimaneutralität und gehört zu den 100 Städten, die für die EU-Mission für klimaneutrale und intelligente Städte ausgewählt wurden.

„Wir wollen die Stadt widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen“, so Malgorzata Starnowska. „Dazu gehören mehr Grünflächen in der Stadt, Infrastruktur für die Regenwasserbewirtschaftung, die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und der Bau von Radwegen. Indem wir die Klimafolgen abfedern, können wir die Lebensqualität der Menschen in Krakau verbessern.“

Vor diesem Hintergrund hat die Stadt ihre Gebäude umfassend saniert und ihre Energieeffizienz erhöht. Dazu gehören unter anderem die Wärmedämmung, der Austausch von Fenstern und Türen sowie der Einbau von LED-Beleuchtung, Thermostaten und Luftreinigern. Bisher wurden 43 Prozent der 323 öffentlichen Gebäude, die von der Stadt unterhalten werden, vollständig saniert. An 34 Prozent wurden leichte bis moderate Energieeffizienz- und Sanierungsarbeiten vorgenommen.

>@ogusław Świerzowski / krakow.pl
© ogusław Świerzowski / krakow.pl

Neue fünf Kilometer lange Straßenbahnlinie im Norden Krakaus

Krakau ist noch in anderer Hinsicht besonders: Die Stadt bezieht die Bürgerinnen und Bürger in den Entscheidungsprozess ein. Sie hat zwei Bürgergremien organisiert, in denen Einwohnerinnen und Einwohner mit Fachleuten über die Entwicklung nachhaltiger Mobilität sowie über Maßnahmen diskutieren, die den Energieverbrauch senken und erneuerbare Energien nutzen. Die Empfehlungen des Gremiums sind verbindlich.

„Indem wir die gesamte Bevölkerung in den Prozess einbeziehen, stärken wir das Umweltbewusstsein und erfahren genau, was sie braucht“, sagt Kommunalmanager Łazęcki. „Wir können die Stadt inklusiver und das Leben dort komfortabler machen und gleichzeitig widerstandsfähiger gegenüber dem Unvorhersehbaren.“