Eine bessere Anpassung an die Folgen der klimabedingten Migration schützt die Wirtschaft – und rettet Millionen Leben

Hitzewellen, Waldbrände, Wirbelstürme, schwere Überschwemmungen – viele Ecken der Welt litten im Sommer 2023, dem heißesten seit 1880, unter Extremwetter. Diese Ereignisse sind Folge des Klimawandels und eine Gefahr für den Menschen, die Lebensmittelsicherheit, die Infrastruktur, unsere natürlichen Ressourcen und ganze Ökosysteme. Millionen Menschen weltweit sind deshalb schon jetzt auf der Flucht.

Das European Policy Centre hat zum Thema Klimamobilität in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank eine neue Studie erstellt. Darin empfiehlt es unter anderem, Migration als Teil der Klimaanpassung zu betrachten. Hier sind die Einzelheiten.

Binnenvertreibung

Die Erdoberfläche hat sich in den letzten zehn Jahren um 1,1 Grad Celsius erwärmt. Die Folgen: Verlust der biologischen Vielfalt, Wüstenbildung, weniger Niederschlag, steigende Meeresspiegel, Versauerung der Meere, Wald- und Bodendegradation.

Klimabedingte Wetterereignisse wie diese haben im vergangenen Jahr 32,6 Millionen Menschen in die Flucht getrieben, die meisten von ihnen in Nigeria, Pakistan, auf den Philippinen, in China, Indien und Bangladesch. In Bangladesch könnten bis 2050 laut Weltbank 13,3 Millionen Menschen und damit acht Prozent der Bevölkerung gezwungen sein, ihren Wohnort zu verlassen. Denn zwei Drittel der Landesfläche liegen weniger als fünf Meter über dem Meeresspiegel und sind folglich bei steigenden Meeren und Überschwemmungen besonders gefährdet. Ähnliches droht den Philippinen und den Inselstaaten im Südpazifik.

Darüber hinaus führt der Klimawandel zu Engpässen bei Lebensmitteln, Wasser und Rohstoffen. Die dadurch ausgelösten Konflikte heizen die Vertreibung zusätzlich an.

Die Schwächsten trifft es am stärksten

Die Zahl der Migranten, die in Europa um Asyl bitten, ist zuletzt deutlich gestiegen. Dennoch ist Europa keineswegs der wichtigste Zufluchtsort für diese Menschen. Drei Viertel aller Migranten bleiben in ihrem Land oder ihrer Region. Nur 3,5 Prozent der Weltbevölkerung wagen den Weg über die Grenze.

Die allermeisten Menschen in von Extremwetter bedrohten Gebieten gehen nirgendwohin. Sie können oder wollen ihr Zuhause nicht verlassen, weiß Caroline Zickgraf, stellvertretende Leiterin des Forschungszentrums „Hugo Observatory“ der Universität Lüttich.

In Ländern, die stark vom Klimawandel betroffen sind – vor allem wegen ihrer geografischen Lage und ihrer Abhängigkeit von der Landwirtschaft – kommt es zudem häufig zu politischen Unruhen oder Konflikten. Beispiele sind Bangladesch, Somalia, Äthiopien oder der Sudan.

Diese Länder nehmen gleichzeitig die meisten Flüchtlinge auf. So kommen drei Viertel der Flüchtlinge weltweit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen unter – 20 Prozent von ihnen in den am wenigsten entwickelten Ländern.

Klimaflüchtlinge – Hilfe für die Städte

Mit ihrem Klimaanpassungsplan unterstützt die Europäische Investitionsbank die Brennpunkte für Migration in der EU, ihrer südlichen Nachbarschaft, in Mittelamerika, Afrika, Süd- und Südostasien. In Malawi und Sambia etwa greift die EIB zusammen mit lokalen Banken Kleinbauern unter die Arme, die auf klimaresiliente Anbauverfahren umstellen.

In am wenigsten entwickelten Ländern und in kleinen Inselentwicklungsländern ist die Bank bereit, bei Projekten für die Klimaanpassung bis zu 100 Prozent der Kosten zu finanzieren.

Die meisten Binnenflüchtlinge zieht es in die Städte. Rund 20 Prozent der Migranten leben in den 20 größten Städten der Welt. Dieser klimabedingte Zug vom Land in die Stadt dürfte in Subsahara-Afrika sowie in Süd- und Südostasien weiter zunehmen – und die Infrastruktur in den Städten unter Druck setzen.

Um Städte sicher, widerstandsfähig, nachhaltig und offen für die Menschen zu gestalten, muss daher bei Investitionen auch an die Migration gedacht werden.

Die EIB setzt sich weiter dafür ein, Städte und Gemeinschaften, die Vertriebene, Migranten oder Flüchtlinge aufnehmen, besser gegen den Klimawandel zu wappnen. Dazu investiert sie in Infrastruktur und Dienstleistungen wie Wohnraum, Sanitär- und Wasserversorgung, Energie und Verkehr, und sie nutzt dabei ihre Erfahrungen mit der Initiative zur Stärkung der wirtschaftlichen Resilienz und ihrem Strategieansatz für Fragilität und Konflikt.

So unterstützt die Bank gemeinsam mit der Europäischen Kommission das Akaba-Amman-Entsalzungsprojekt, das die Wasserversorgung Jordaniens verbessern wird. Das Land leidet unter schwerer Wasserknappheit und hat weltweit die zweithöchste Zahl von Flüchtlingen pro Kopf.

Um die Migranten in die Wirtschaft zu integrieren, brauchen kleinste, kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung, Stichwort: finanzielle Teilhabe und Schaffung von Arbeitsplätzen. Deshalb bietet die EIB jordanischen Banken und Mikrofinanzinstituten im Rahmen der Global Concessional Finance Facility Kredite für kleine Betriebe, die diese finanzielle Teilhabe fördern.

Eine globale Aufgabe

Weltweit leben geschätzte 3,5 Milliarden Menschen in Gebieten, die stark anfällig für den Klimawandel sind, vor allem in Afrika und Asien. Daraus könnten bis 2050 bis zu einer Milliarde Umweltflüchtlinge werden.

Das UN-Umweltprogramm schätzt, dass die Klimaanpassung die Entwicklungsländer bis 2030 pro Jahr 140–300 Milliarden US-Dollar kosten wird. Bis 2050 sollen es 280–500 Milliarden US-Dollar sein. Den am stärksten von der klimabedingten Migration betroffenen Ländern zu helfen, ist eine globale Aufgabe. Investitionen in klimaresiliente Projekte und Industrien müssen mit umfassenden Strategien gefördert werden.

Die EIB ist bei dieser Aufgabe dabei. Über die Plattform der multilateralen Entwicklungsbanken für Flucht und Wirtschaftsmigration hat sie beispielsweise die Möglichkeit, sich mit anderen Partnern über Maßnahmen auszutauschen oder sich operativ abzustimmen.