EIB-Präsidentin Nadia Calviño stellt in ihrer Abschlussansprache der Veranstaltung InvestEU: Financing Europe’s Future das Jahresergebnis 2023 der EIB-Gruppe vor.

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Es gilt das gesprochene Wort.


Ich freue mich sehr, an dieser InvestEU-Veranstaltung teilzunehmen und hier meine erste öffentliche Rede in Brüssel als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank-Gruppe zu halten. Ich freue mich auch, dass Kolleginnen wie Vizepräsidentin Teresa Czerwińska und die geschäftsführende Direktorin des EIF Marjut Falkstedt heute dabei waren, um zu zeigen, wie wichtig uns InvestEU ist.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, über InvestEU zu sprechen, denn das Programm ist ein Symbol unserer Partnerschaft und überaus erfolgreich. Mit finanzieller Unterstützung aus dem EU-Haushalt stellt es sicher, dass wir Projekte fördern können, die für unsere Gegenwart und unsere Zukunft in der gesamten EU von strategischer Bedeutung sind. Ich spreche hier von Verkehrsinfrastruktur und städtischer Mobilität, Energie und Wasser, Digitalisierung, Innovation, Gesundheit, bezahlbarem Wohnraum, Bildung und der Unterstützung von KMU – all die Bereiche, die heute bereits thematisiert wurden.

Der Erfolg von InvestEU freut mich auch persönlich ganz besonders, denn ich war schon 2014 dabei, als mit dem EFSI die Saat für InvestEU gelegt wurde. Vorhin habe ich mich mit dem damaligen Kommissar Jyrki Katainen unterhalten, und wir erinnerten uns daran, was für ein beispielloses Programm der Juncker-Plan in vielerlei Hinsicht war. Erstens, weil es ambitioniert war – geplant waren Investitionen von mehr als 300 Milliarden Euro in über drei Jahren. Außerdem, weil es das erste Mal um die „Hebelung“ von Mitteln ging: die Verwendung von Garantien, die das Europäische Parlament damals voll unterstützte. Erstmals konnte die EIB-Gruppe mit einer Garantie aus dem EU-Haushalt Finanzierungen bereitstellen. Beispiellos war das Programm auch deshalb, weil es auf einer engen Partnerschaft der Kommission und der EIB und des öffentlichen und privaten Sektors basierte.

Das Programm hat über 500 Milliarden Euro an Investitionen mobilisiert und war ein erfolgreiches Modell für InvestEU. Mit diesem Mandat sollen in der Haushaltsperiode 2021–2027 Investitionen von über 372 Milliarden Euro angeschoben werden.

Seit der Unterzeichnung der neuen Partnerschaftsvereinbarung mit der Europäischen Kommission im März 2022 haben wir bereits ein Finanzierungsvolumen von 24 Milliarden Euro unter InvestEU genehmigt. Wir sind also auf Kurs, das ehrgeizige Ziel zu erreichen.

InvestEU beweist damit seine erstaunliche Fähigkeit, unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen und die Haushalte zu unterstützen.

Woche für Woche unterzeichnen wir Projekte, die wirklich etwas verändern. Die zeigen, dass selbst unsere schwersten und energieintensivsten Industrien durchstarten und sich auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft neu erfinden können. Das sollte unser Bestreben und unser Ziel für die Zukunft sein.

Lassen Sie mich dazu einige Beispiele der letzten Wochen nennen:

  • In Schweden fördern wir die Stahlherstellung, hier in Europa und fast emissionsfrei. Außerdem bauen wir Europas erste kreislauforientierte Gigafabrik für Batterien aus.
  • In Italien und den Niederlanden entstehen dank InvestEU neue Formen der Energiespeicherung, die ganz ohne seltene Rohstoffe auskommen und ausschließlich Materialien nutzen, die reichlich vorhanden sind.
  • 2023 finanzierten wir eine Technologie zur Krebserkennung in Polen sowie innovative Knochentherapien, die hier in Belgien entwickelt werden. Wenn Sie also die Frage hören: „Was tut die EU für mich?“ – und diese Frage werden wir vor den Wahlen zum EU-Parlament oft hören –, dann haben Sie mit InvestEU und den Investitionen, die wir finanzieren, eine gute Antwort.

Mit solchen zukunftsweisenden Lösungen und technischen Innovationen stärkt Europa seine strategische Autonomie. Sie ermöglichen uns ein Wachstum unserer Wirtschaft, ohne den Planeten zu zerstören und ohne uns von Lieferungen aus dem Ausland abhängig zu machen.

Dies ist eine sehr wichtige Antwort auf die Frage, was Europa für uns tun kann und was wir in Zukunft tun sollten.

Wenn ich an die Entstehung von InvestEU und seine Erfolge denke, dann spüre ich außerdem Zuversicht. Wir sollten Vertrauen haben in unsere Handlungsfähigkeit und in unsere Widerstandskraft und Entschlossenheit. Wir haben leistungsfähige Instrumente, um uns den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Und die EIB-Gruppe spielt bei der Gestaltung einer besseren Zukunft meiner Meinung nach eine gewichtige Rolle.

 

Unsere Ergebnisse des letzten Jahres belegen das eindrucksvoll. Ich freue mich daher, Ihnen heute das Jahresergebnis 2023 der EIB zu präsentieren, das wirklich außergewöhnlich ist. Wir haben 88 Milliarden Euro für unsere gemeinsamen Ziele vergeben: für Investitionen in nachhaltige physische Infrastruktur, Forschung, Innovation und Digitalisierung, kleine und mittelgroße Unternehmen, außerdem für soziale Infrastruktur wie Gesundheit, Bildung und Kompetenzerwerb.  

Die Finanzierungen der EIB-Gruppe im Jahr 2023 werden voraussichtlich Investitionen von rund 320 Milliarden Euro anschieben, 400 000 Unternehmen erreichen und 5,4 Millionen Arbeitsplätze schaffen oder sichern. Das sind beeindruckende Zahlen und Ergebnisse.

20 Milliarden Euro gingen an kleine und mittlere Unternehmen in der EU, die das Herzstück unserer Wirtschaft bilden. Hierfür ist vor allem der Europäische Investitionsfonds verantwortlich. Der EIF ist in der EIB-Gruppe auf Risikofinanzierungen spezialisiert und außerdem eine große Hilfe für Start-ups, gerade im Bereich disruptiver Technologien. So hat er über die European Tech Champions Initiative mit Unterstützung der Mitgliedstaaten bereits eine Milliarde Euro für Projekte mobilisiert.

Deutlich über die Hälfte unserer Finanzierungen letztes Jahr – ein Rekordbetrag von 49 Milliarden Euro – waren für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit bestimmt. Das sind über zehn Milliarden Euro mehr als 2022. Außerdem sind wir auf Kurs, in diesem Jahrzehnt wie geplant Investitionen von einer Billion Euro für die grüne Wende zu mobilisieren.

Dies ist nicht nur notwendig, um unsere Böden, unsere Gewässer und die Luft, die wir atmen, vor Verschmutzung und der Erderwärmung zu schützen. Es ist auch nötig, damit sich Europa aus der Abhängigkeit einer Handvoll Öl- und Gasexporteure befreien kann.

Die EIB hat ihren Status als Klimabank eindeutig gefestigt, so viel steht fest. Und zwar innerhalb und außerhalb der EU.

 

Worauf wir in der EU achten müssen, ist, dass niemand zurückbleibt. Fast die Hälfte unserer Finanzierungen in der EU letztes Jahr (46 Prozent) flossen daher in Kohäsionsregionen. Wir investieren in diesen weniger entwickelten Regionen in moderne Produktionsanlagen und schaffen hoch qualifizierte Arbeitsplätze, von Nordgriechenland bis Bulgarien.

 

Aber wir engagieren uns nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit.

In einem Jahr voller Unsicherheit und Konflikte hat die EIB Global, unser Bereich für das weltweite Geschäft, Projekte außerhalb Europas mit mehr als 8,4 Milliarden Euro unterstützt.

Darunter fallen die Mittel für die Ukraine und für die am wenigsten entwickelten Länder und die fragilen Staaten der Welt. Ich möchte hier auf die wichtige Rolle verweisen, die die EIB heute – und vor allem in der Zukunft – bei der finanziellen Hilfe für die Ukraine spielt. Unsere Ukraine-Unterstützung seit dem russischen Einmarsch beläuft sich mittlerweile auf über zwei Milliarden Euro. Die anstehenden Gespräche im Europäischen Rat werden entscheidend dafür sein, dass wir weiterhin alle Instrumente zur Verfügung haben, um das Land zu stützen.

Was mich über konkrete Projekte hinaus immer inspiriert, sind die globalen Initiativen, an denen wir mitwirken. Etwa die Finanzierung der Impfstoffproduktion in Afrika, mit der wir Resilienz, Gesundheit und Nachhaltigkeit weltweit stärken.

Wenn uns unsere Partner rund um den Globus also fragen, was die Rolle der EU ist und welche Richtung die Welt unserer Meinung nach einschlagen sollte, dann sind diese konkreten Projekte und Initiativen erneut eine gute Antwort. Und sie sind ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd, die aus geopolitischer Sicht so wichtig ist.

Ich habe mir an der Spitze der EIB-Gruppe vor allem vorgenommen, enger mit der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, unseren Anteilseignern, den Mitgliedstaaten, und mit den nationalen und multilateralen Entwicklungsbanken zusammenzuarbeiten. Was wir brauchen, ist ein Dialog auf allen Ebenen – von den Staats- und Regierungschefs und Kommissionsmitgliedern bis hin zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich den Teams der EIB, der Kommission und in allen Institutionen von ganzem Herzen danken. Sie arbeiten Tag und Nacht dafür, dass diese Projekte Wirklichkeit werden. Sie sind es, die an der Basis die Dinge verändern.

Letztlich wird es ohne Partnerschaften nicht gehen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und zusammenarbeiten.

Denn eins muss uns klar sein: Wir sind alle im selben Team.

 

Nächste Woche treffen sich hier in Brüssel die Führungsspitzen der EU. Deshalb möchte ich die eingangs von Kommissar Gentiloni gestellte eindringliche Forderung unterstützen, leistungsfähige Instrumente wie InvestEU oder Next Generation EU mit Blick auf Europas Investitionsbedarf zu pflegen.

Denn nur mit einer koordinierten, gut geplanten Reaktion können wir die aktuellen Herausforderungen meistern.

Die Europäische Investitionsbank-Gruppe wird ihren Teil dazu beitragen. Wir sind fest entschlossen, als Schlüsselpartner und als Bank der EU für unsere Unternehmen, unsere Wirtschaft und die Menschen hier Ergebnisse zu liefern.

Gemeinsam können wir etwas bewegen.

Mit diesem positiven Ausblick möchte ich schließen und zum erfolgreichen InvestEU-Programm und zu dieser hochinteressanten Konferenz gratulieren.

Vielen Dank!