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  • Die Coronakrise zeigte Lücken und die Risiken wachsender Unterschiede zwischen den EU-Regionen auf
  • Die Politik spielte eine entscheidende Rolle dabei, die unmittelbaren wirtschaftlichen Coronafolgen abzufedern; nun ist sie bei der Antwort auf die Kriegsfolgen gefragt
  • Der Übergang zu einer grünen und digitalen Wirtschaft bietet die Chance, die europäische Wirtschaft resilienter und nachhaltiger zu gestalten

Gerade als sich die Investitionsdynamik in den EU-Regionen verbesserte, brach der Krieg in der Ukraine aus. Schwere Schocks wie diese haben regionale Ungleichheiten in der Vergangenheit oft verstärkt. Der heute von der EIB veröffentlichte Bericht Regional Cohesion in Europe 2021-2022 beleuchtet, wie die europäischen Regionen den massiven Abschwung infolge der Pandemie bewältigt haben und inwieweit sie für künftige Herausforderungen gewappnet sind.

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Zur Online-Zusammenfassung

EIB-Vizepräsidentin Lilyana Pavlova: „Der Ukrainekrieg bedroht das europäische Wirtschaftswachstum. Während der Coronakrise konnte die Politik die wirtschaftlichen Auswirkungen mit entschlossenen Maßnahmen eindämmen. Dennoch gibt es immer noch Unterschiede zwischen den EU-Regionen. Die EIB will mit ihren maßgeschneiderten Finanzierungsinstrumenten und Beratungsdiensten europäische Regionen vor wirtschaftlichen Schocks schützen, die langwierige Folgen haben können. Außerdem will sie Ungleichgewichte korrigieren, die der Krieg verschärft. In Einklang mit unserem Orientierungspapier zur Kohäsion für die nächsten sieben Jahre unterstützen wir die EU-Regionen dabei, die sozioökonomischen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.“

EIB-Chefvolkswirtin Debora Revoltella: „Die Coronakrise stellte die Resilienz von Firmen in ganz Europa, vor allem aber in unterentwickelten Regionen auf die Probe. Die Unternehmen waren insgesamt resilienter als erwartet und passten sich den neuen Umständen an. Bereits bestehende Schwachstellen untergraben jedoch nach wie vor die Resilienz, und es zeigt sich, dass sich Unternehmen in reicheren Regionen besser anpassen konnten. In der aktuellen Krise müssen Regionen gezielt mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden, um die unmittelbaren negativen Auswirkungen des Kriegs abzufedern.“

Coronaschock

Die EU will mit ihrer Kohäsionspolitik Ungleichheiten zwischen Ländern und Regionen abbauen, rückständigen Regionen[1] helfen, den Anschluss zu schaffen, und die Resilienz in der Europäischen Union stärken. Durch die Coronapandemie sind die Risiken einer größer werdenden Kluft zwischen den einzelnen EU-Regionen verstärkt ins Blickfeld gerückt.

Die Pandemie hat die Investitionstätigkeit in allen Regionen deutlich beeinflusst. Die Investitionen gingen durchgängig zurück, aber den tiefsten Stand erreichten sie in den Kohäsionsregionen. In Nicht-Kohäsionsregionen investierten fast acht von zehn Firmen (79 Prozent), in Übergangsregionen waren es rund 77 Prozent, in weniger entwickelten Regionen 75 Prozent.

Die Unternehmen haben auf die Pandemie reagiert und sich angepasst – am schnellsten diejenigen in reicheren Regionen. Die Digitalisierung hat sich in ganz Europa durch die Pandemie beschleunigt. In Nicht-Kohäsionsregionen haben mehr Unternehmen die Digitalisierung vorangetrieben (47 Prozent gegenüber 41 Prozent in Übergangsregionen und 38 Prozent in weniger entwickelten Regionen). Unternehmen in wohlhabenderen Regionen entwickelten auch am schnellsten neue Produkte.

Der Coronaschock drückte auf die Klimainvestitionen. Im Vergleich zu 2020 investierten in allen Regionen weniger Firmen in Klimamaßnahmen. Der Rückgang war in Kohäsionsregionen stärker, wo das Niveau ohnehin schon niedrig war. Viele Unternehmen wissen jedoch, dass sie sich angesichts der Klimakrise gegen physische Risiken schützen und Emissionen reduzieren müssen.

Die Politik spielte eine entscheidende Rolle dabei, die unmittelbaren wirtschaftlichen Coronafolgen in den EU-Regionen abzufedern. Viele Firmen profitierten davon. Jedoch fiel die Unterstützung in den einzelnen Regionen unterschiedlich aus: Firmen in Übergangsregionen profitierten am wenigsten von Zuschüssen (28 Prozent) im Vergleich zu weniger entwickelten Regionen (40 Prozent) und Nicht-Kohäsionsregionen (37 Prozent).

Coronahilfen der Politik nach Kohäsionsregionen

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Quelle: EIB-Investitionsumfrage 2021.

Frage: Haben Sie seit dem Ausbruch der Pandemie finanzielle Hilfen in Zusammenhang mit Covid-19 bekommen? Dazu gehören Finanzierungen von Banken oder anderen Finanzdienstleistern oder staatliche Hilfen.

Basis: Alle Unternehmen (ohne „weiß nicht“/„keine Angabe“).

Innovation

Viele Unternehmen in Kohäsionsregionen hinken bei Innovationen hinterher. Der Anteil von Firmen, die überhaupt nicht in Innovation investieren, ist in Nicht-Kohäsionsregionen mit 48 Prozent am geringsten. Dort sind viele wissensintensive Tätigkeiten angesiedelt. Um die Innovationslücken zu schließen, muss künftig investiert werden, vor allem in immaterielle Vermögenswerte, aber auch in stabilere lokale Innovationsökosysteme.

Digitale und grüne Wende

Der Übergang zu einer grünen und digitalen Wirtschaft bietet die Chance, die europäische Wirtschaft resilienter und nachhaltiger zu gestalten. Die Unternehmen in den EU-Regionen befinden sich in verschiedenen Phasen des Übergangs. Stärker entwickelte Regionen haben den größten Anteil von Firmen, die den doppelten Übergang vorantreiben und in grüne und digitale Technologien investieren. 31 Prozent der Firmen in stärker entwickelten Regionen gelten als grün und digital, gegenüber 25 Prozent in Übergangsregionen und 21 Prozent in weniger entwickelten Regionen.

Grüne und digitale Profile (Anteil der Unternehmen in %), nach Kohäsionsregion

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Quelle: EIB-Investitionsumfrage 2021. Basis: Alle Unternehmen (ohne „weiß nicht“/„keine Angabe“).

Grün: Unternehmen, die bereits in Maßnahmen gegen Wetterextreme und zur Minderung des CO2-Ausstoßes investiert haben. Digital: Unternehmen, die zumindest teilweise fortschrittliche digitale Technologien einsetzen.

Die Lücken bei den Investitionen in Humankapital müssen unbedingt geschlossen werden, damit ein erfolgreicher und gerechter Übergang in den EU-Regionen gelingt und ein größerer Zusammenhalt hergestellt wird. Um die Ungleichheiten, etwa beim Humankapital, zu verringern und den Übergang auf breiter Basis als Chance zu nutzen, ist ein besseres Geschäftsumfeld notwendig. Um Investitionshürden für die Firmen abzubauen, braucht es öffentliche Investitionen, etwa in modernere Infrastruktur und die Beseitigung von Engpässen. So können Investitionssynergien für einen erfolgreichen Übergang der Regionen freigesetzt werden.

Hintergrundinformationen

Die Europäische Investitionsbank

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen. Ihre Anteilseigner sind die Mitgliedstaaten der EU. Sie vergibt langfristige Mittel für solide Projekte, die den Zielen der EU entsprechen, sowohl in Europa als auch weltweit. Die Bank ist in rund 160 Ländern tätig und gehört zu den weltweit größten multilateralen Geldgebern für Klimafinanzierungen. Vor Kurzem kündigte sie an, den Klimaschutz und die ökologische Nachhaltigkeit stärker zu fördern und dafür im Zehnjahreszeitraum bis 2030 eine Billion Euro zu mobilisieren. Ab 2025 wird sie mindestens 50 Prozent ihrer Mittel für diese beiden Ziele einsetzen. Seit Ende 2020 richtet die EIB-Gruppe ihre gesamte Finanzierungstätigkeit an den Zielen des Pariser Abkommens aus.

Weitere Informationen über die Research-Arbeit der EIB finden Sie hier: Unser Research (eib.org)


[1] Die EU-Kohäsionspolitik 2021–2027 unterscheidet auf NUTS-2-Ebene drei Kategorien: 1) stärker entwickelte Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf über 100 Prozent des EU-27-Durchschnitts, 2) Übergangsregionen mit einem Pro-Kopf-BIP von 75–100 Prozent des EU-Durchschnitts, 3) weniger entwickelte Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP unter 75 Prozent des EU-27-Durchschnitts. In diesem Bericht bezeichnen wir weniger entwickelte Regionen und Übergangsregionen gemeinsam als „Kohäsionsregionen“ und stärker entwickelte Regionen als „Nicht-Kohäsionsregionen“.