Die Europäische Investitionsbank (EIB) und Italiens Zentralbank Banca d‘Italia haben heute in Rom die Konferenz „Wettbewerbsstärke und Innovation: Europas Ansatz“ ausgerichtet. Thema waren die Herausforderungen im aktuellen geopolitischen Umfeld, das von großen Unwägbarkeiten und einer grundlegenden Neuausrichtung der globalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geprägt ist. Dabei hatten Institutionen, Unternehmen und Investoren Gelegenheit, über die strategische Rolle des Finanzsektors beim Aufbau eines europäischen Ökosystems zu sprechen, das Innovationen fördert, unser Humankapital unterstützt und neue Tech-Champions pusht.
Zum Auftakt sprach Italiens Notenbankchef Fabio Panetta darüber, was das Innovationspotenzial einer Volkswirtschaft befeuert und welche Rolle der öffentliche Sektor dabei spielt: „Europa gibt auf staatlicher Seite ähnlich viel für Forschung und Entwicklung aus wie die USA, nur häufig mit weniger Erfolg. Hier müssen wir stärker und vor allem zielgerichteter werden.“ Der Notenbankchef sagte weiter: „Öffentliche Gelder allein werden aber nicht ausreichen; deshalb ist es entscheidend, den Aufbau eines vollständig integrierten europäischen Kapitalmarkts abzuschließen, der Ersparnisse in unternehmerische Projekte mit hohem Potenzial leiten kann. Nur ein neuer Innovationsschub kann die Produktivität ankurbeln, für Wachstum sorgen und der EU langfristig eine stabile Führungsrolle sichern.“
Giancarlo Giorgetti, Italiens Minister für Wirtschaft und Finanzen: „Innovation ist eine wesentliche Voraussetzung für strategische Autonomie, Wettbewerbsstärke und Wachstum. Mit dem Bericht über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und dem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit hat die EU endlich einen mehrjährigen Rahmen für mehr Wettbewerbsstärke und Innovation auf unserem Kontinent geschaffen. Wir müssen Anreize für Kreativität, unternehmerisches Handeln und Innovation setzen – das heißt, unser Humankapital fördern und entwickeln – und das für Investitionen nötige Fremd- und Risikokapital leichter zugänglich machen.“
Zum Abschluss der institutionellen Runde betonte EIB-Vizepräsidentin Gelsomina Vigliotti die strategische Rolle der EIB als Bank der EU bei Innovationsförderung und bei der Unterstützung von Unternehmen in ihren wichtigsten Entwicklungsphasen: „Wenn wir die globalen Herausforderungen meistern und die Chancen der Zukunft nutzen wollen, brauchen wir eine gemeinsame Vision: Innovationen müssen im Zentrum unserer industriellen und finanziellen Strategien stehen. Deshalb arbeitet die EIB am Start von TechEU, einem ehrgeizigen EU-Paket zur Innovationsförderung. Das Paket soll in den nächsten drei Jahren 250 Milliarden Euro zu mobilisieren und damit innovative Unternehmen von der Gründung bis zum Börsengang zu unterstützen. Das ist ein klares Commitment für ein wettbewerbsstarkes, dynamisches und resilientes Europa.
Anschließend stellten EIB-Chefvolkswirtin Debora Revoltella und die Banca d‘Italia-Beraterinnen Sara Formai und Ilaria Supino Erkenntnisse aus ihren Organisationen vor. Sie sprachen über Stärken und Schwächen bei der Entwicklung von Technologie-Innovationen in Europa und Italien. Ziel war es, Handlungsprioritäten für eine schnellere Entwicklung eines international wettbewerbsfähigen Innovationsökosystems aufzuzeigen.
Revoltella sagte, Europa liege in der Grundlagenforschung weiter vorn, habe aber Schwierigkeiten mit dem Sprung von wissenschaftlichen Innovationen zu kommerziellen Anwendungen. Fertigungsunternehmen in Italien und ganz Europa nähmen neue Technologien immer noch zögerlicher an als internationale Wettbewerber. So zeigt die EIB-Investitionsumfrage etwa, dass hierzulande nur rund 25–35 Prozent der Unternehmen mit KI arbeiten, während es in den USA 40 Prozent sind. Beim Vergleich von Italien mit Gesamteuropa zeigen die Daten der EIB, dass italienische Unternehmen in den vergangenen Jahren zwar mehr in Digitalisierung investiert haben, bei Klimainvestitionen aber immer noch zurückliegen: Nur 46 Prozent investieren in Energieeffizienz, während es in Gesamteuropa 65 Prozent sind. Vor allem junge und innovative Unternehmen kommen immer noch schwer an Kredite. Das will die EIB mit eigenen Instrumenten für kleine und mittlere Unternehmen ändern. In diesem Zusammenhang verwies Revoltella auf neue Initiativen der Europäischen Kommission und der EIB für mehr Innovationen im gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens. Im Fokus stehen hier eine umfassendere Integration der Kapitalmärkte und der verstärkte Einsatz von Instrumenten wie Risikokapital und Venture Debt, die für mehr Wettbewerbsstärke und Produktivität entscheidend sind.
Sara Formai und Ilaria Supino sprachen über Analysen der Banca d‘Italia zu den größten Innovationshemmnissen in Italien. Hier war vor allem interessant, dass die Nutzung moderner Technologien bei italienischen Unternehmen zunimmt, aber immer noch hinter anderen Ländern des Euroraums liegt. Die Zahl von hochwertigen Publikationen im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) ist trotz der niedrigen Ausgaben für das Hochschulwesen beeindruckend. Bei Patenten tut sich wenig. Das spiegelt die Spezialisierung des Landes auf reife Sektoren und die niedrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, vor allem im privaten Sektor. Bei den Finanzierungen spielt Risikokapital eine Schlüsselrolle für die Unterstützung von Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial. Dieses Segment ist in den vergangenen zehn Jahren erheblich gewachsen – sowohl beim Investitionsvolumen als auch bei der Zahl der finanzierten Unternehmen. Und das, obwohl der italienische Markt im internationalen Vergleich eher klein ist.
Am Nachmittag stand der Dialog zwischen Italiens Gründerszene und der Risikokapital-Branche im Vordergrund. Die erste Diskussionsrunde leitete Alessandro Izzo, der bei der EIB für Eigenkapital, Wachstumskapital und Projektfinanzierung verantwortlich ist. Das Thema: Innovationsfinanzierung. Investoren und Gründerinnen tauschten hier Erfahrungen aus ihrer Arbeit an der Speerspitze der technologischen Entwicklung aus. Sie erklärten, wie es italienischen Start-ups trotz schwieriger Bedingungen gelingt, weltweit zu konkurrieren – auch dank innovativer Investitionsinstrumente. Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Runde waren Alice Mariotti, Vizepräsidentin des Risikokapitalgebers LIFTT; Claudia Pingue, Technology Transfer Fund Manager bei CDP Venture Capital; Andrea Rocchetto, CEO des Chipherstellers Ephos; Diana Saraceni, Managing Partner beim Risikokapitalgeber Panakes; und Claudio Spadacini, CEO des Energie-Start-ups Energy Dome.
Die zweite Diskussionsrunde leitete Roberto Torrini, der bei der Banca d‘Italia die Analyse der Wirtschaftsstruktur Italiens verantwortet. Hier ging es um die Herausforderungen, die sich aus dem ökologischen und dem digitalen Wandel ergeben. Und um die Tatsache, dass Nachhaltigkeit inzwischen untrennbar mit der Innovationsfähigkeit verbunden ist. Im Zentrum stand die Frage, wie neue Technologien zu einem grüneren, effizienteren Wachstumsmodell ohne globale Spannungen beitragen können. Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Runde gehörten Lucia Aleotti, Vizepräsident beim Study Centre des Arbeitgeberverbands Confindustria; Luca de Angelis, CEO der Tech Europe Foundation; Alessandra Lanza, Senior Partner beim Finanzberater Prometeia; Marco Taisch, Präsident der Strategieberatung MADE Competence Center; und Simone Ungaro, Co-General Manager für Strategie & Innovation beim Rüstungskonzern Leonardo.
Die heutige Veranstaltung stieß bei der Wirtschafts- und Finanzwelt auf großes Interesse. Das bestätigt, dass Innovationen in Italien und Europa politisch und wirtschaftlich von grundlegender Bedeutung sind.
Nützliche Links
- Investitionsumfrage der EIB – Überblick für Italien, hier als Download
Hintergrundinformationen
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen. Ihre Anteilseigner sind die Mitgliedstaaten. Ausgehend von acht Kernprioritäten finanzieren wir Investitionen, die zu den strategischen Zielen der EU beitragen. So fördern wir die Bereiche Klima und Umwelt, Digitalisierung und technologische Innovationen, Sicherheit und Verteidigung, Kohäsion, Landwirtschaft und Bioökonomie, soziale Infrastruktur, die Kapitalmarktunion und ein stärkeres Europa in einer stabileren und friedlichen Welt. Die EIB-Gruppe, zu der neben der EIB auch der Europäische Investitionsfonds (EIF) gehört, unterzeichnete 2024 knapp 900 Projekte im Wert von nahezu 89 Milliarden Euro, um Europa wettbewerbsfähiger und sicherer zu machen. In Italien unterzeichnete die EIB-Gruppe vergangenes Jahr 99 Finanzierungen im Gesamtbetrag von 10,98 Milliarden Euro und mobilisierte damit Investitionen in der Realwirtschaft von knapp 37 Milliarden Euro. Alle von der EIB-Gruppe finanzierten Projekte entsprechen dem Pariser Klimaabkommen – so wie in unserem Klimabank-Fahrplan zugesagt. Fast 60 Prozent der jährlichen Finanzierungen der EIB-Gruppe fließen in Projekte, die direkt zu Klimaschutz, Klimaanpassung und einer gesünderen Umwelt beitragen. Die Gruppe setzt sich für eine stärkere Integration der Märkte ein und mobilisiert mit ihrem Engagement zusätzliche Investitionen. 2024 stieß sie Investitionen von mehr als 100 Milliarden Euro in Europas Energiesicherheit an und mobilisierte weitere 110 Milliarden Euro für Start-ups und Scale-ups. Rund die Hälfte der EIB-Finanzierungen innerhalb der EU fließt in Kohäsionsregionen, wo das Pro-Kopf-Einkommen unter dem EU-Durchschnitt liegt.