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    Von Moa Westman

    Wenn es um mehr Klimaschutz geht, sind Frauen in vieler Hinsicht ganz vorn dabei. Sie sind innovativ, engagiert und denken unternehmerisch. Beispiele? Die 17-jährige Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden oder die mexikanische Diplomatin Patricia Espinosa, die die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) leitet.

    In den Entscheidungsgremien, die Klimamaßnahmen oder Klimastrategien entwickeln, sind Frauen allerdings immer noch weitgehend unterrepräsentiert. Und zwar sowohl bei internationalen Organisationen als auch im öffentlichen und privaten Sektor.

    Klimabezogene Projekte und Strategien, an denen Frauen beteiligt sind, sind wirksamer

    Der Beitrag von Frauen ist wichtig. Laut UNFCCC sind klimabezogene Projekte und Strategien, an denen Frauen beteiligt sind, wirksamer. Die Fähigkeit von Frauen, über politische oder ethnische Grenzen hinweg Klimalösungen zu finden, spielt vor allem in den Regionen eine zentrale Rolle, in denen die Existenzgrundlage der Menschen von natürlichen Ressourcen abhängt, wie Fischerei, Land- und Forstwirtschaft. Aber auch in Gebieten, in denen ganze Ökosysteme bedroht sind, wie kleine Inselstaaten, die Arktis und das Amazonasgebiet. Strategien, Projekte und Investitionen, die ohne substanzielle Beteiligung von Frauen umgesetzt werden, sind weniger wirksam und verstärken häufig das Geschlechtergefälle.

    Es ist allgemein anerkannt, dass Unternehmen und Fonds mit einem hohen Frauenanteil in den Leitungsorganen ein höheres Umsatz- und Ertragswachstum und eine bessere Rendite erzielen. Auch die Aktienkurse dieser Unternehmen entwickeln sich in Krisenzeiten besser. Vor allem beim Klimawandel und in der Coronapandemie ist die von Frauen ausgehende Stabilität wichtig.

    Frauen sind besonders betroffen

    Zweifellos kann der Klimawandel für alle Menschen verheerende Folgen haben – vor allem für die, die ihr Einkommen mit natürliche Ressourcen erwirtschaften. Doch Frauen sind von Umweltschäden anders betroffen als Männer. Denn sie haben nicht den gleichen Zugang zu produktiven, natürlichen und finanziellen Ressourcen. Grund ist die unterschiedliche Geschlechter- und soziale Rolle. Durch die Einschränkungen, die sich daraus ergeben, verstärken sich die Folgen des Klimawandels für Frauen tendenziell.

    Kluft in der Landwirtschaft

    Von Frauen geführte Familienbetriebe in der Landwirtschaft sind meist kleiner – etwa halb so groß wie die Betriebe von Männern. Manche kommen auf zwei Drittel. Aufgrund der geringeren Betriebsgröße verfügen Frauen im Allgemeinen nicht über die Mittel, um witterungsbedingte Verluste zu decken oder Technologien einzuführen, durch die ihr Unternehmen effizienter und klimaresilienter werden könnte. Das hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) konstatiert.

    Hätten Landwirtinnen jedoch bessere Bedingungen, könnten sie ihre Erträge um 20 bis 30 Prozent steigern, die Bodenfruchtbarkeit verbessern und die Ökosysteme schützen. Durch Investitionen in Informationssysteme, Klimarisikoversicherungen, widerstandsfähige Nutzpflanzen und zeitsparende Technik könnten Landwirtinnen die Produktivität erhöhen. Das käme der Geschlechtergerechtigkeit zugute und würde gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion steigern.

    Der EcoEnterprises Fund kombiniert die Förderung von Frauen in der Landwirtschaft und von Jobs mit Nachhaltigkeit. Der Fonds mit Sitz in Lateinamerika investiert in Unternehmen, die die biologische Vielfalt pflegen. Dazu gehören Betriebe, die sich für eine nachhaltige Land- oder Forstwirtschaft engagieren oder Nichtholzprodukte herstellen. Der von der EIB unterstützte Fonds arbeitet aktiv mit der Kichwa-Gemeinschaft zusammen, einer der bevölkerungsreichsten indigenen Gruppen im ecuadorianischen Amazonasgebiet. Durch die Investitionen können die Kichwa nun mehr Tee exportieren und gleichzeitig die biologische Vielfalt des Amazonasgebiets erhalten.

    Energiearmut

    Nach Angaben von Oxfam erbringen Frauen in ländlichen Gemeinden täglich bis zu 14 Stunden unbezahlte Care-Arbeit. Vor allem müssen sie Brennholz sammeln und Wasser holen. Immer knappere Waldbestände und Wasserressourcen führen dazu, dass sie dafür noch mehr Zeit aufwenden müssen. Und die fehlt ihnen dann für Bildung, Ausbildung und andere produktive Tätigkeiten. Dadurch verschärfen sich die Ungleichheiten.

    Investitionen in netzunabhängige Erneuerbare-Energien-Systeme und saubere Lösungen für die Essenszubereitung können Frauen das Leben erleichtern und wertvolle Zeit sparen. In Ostafrika investierte die EIB in einen Fonds, der ärmeren Familien und Frauen hilft, Solarlampen und Solarsysteme für den Haushalt zu kaufen. Den Kaufpreis zahlen sie dann über mehrere Monate ab. Durch das Projekt d.light hat sich der Zugang zu sauberer Energie verbessert, und Ladeninhaberinnen müssen nicht mehr bei Einbruch der Dunkelheit schließen.

    Die Unterstützung von Unternehmerinnen ist eine weitere Möglichkeit, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zu bekämpfen und gleichzeitig Klimalösungen zu fördern. In Afrika und Asien werden viele Unternehmen im Bereich erneuerbaren Energien von Frauen geführt, die aber oft nicht expandieren können, weil ihnen die Mittel dafür fehlen.

    Frontier Markets, ein Anbieter netzunabhängiger Solarenergielösungen für ländliche Regionen in Indien, hat seinen Umsatz um 30 Prozent gesteigert‚ seit das Unternehmen im Bereich Lieferung und Vertrieb Frauen beschäftigt. Sie erweiterten den Kundenkreis und brachten saubere Energie in Wohnungen, die bis dahin keinen Strom hatten.

    Gender-Aspekte – ein Muss

    Der Klimawandel trifft Männer und Frauen unterschiedlich stark. Klimainvestitionen, bei denen die Geschlechtergleichstellung nicht berücksichtigt wird, verschärfen die Ungleichheiten unter Umständen. Hingegen könnten Programme und Strategien, die diesen Aspekt einbeziehen, das Leben von Frauen verbessern und gleichzeitig die Erde schützen.

    Immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass diejenigen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, Teil der Lösung sein müssen. Sozial- und gendergerechte Klimainvestitionen sind wirksamer und führen laut UNFCCC sowohl ökologisch als auch finanziell und wirtschaftlich zu besseren Ergebnissen.

    Deshalb sollten Investoren nach Klimainvestitionen suchen, die der Gesellschaft insgesamt zugutekommen und die Gleichstellung der Geschlechter, die Rechte indigener Völker, die wirtschaftliche Resilienz sowie Frieden und Stabilität fördern.

    Über die Initiative SheInvest soll in ganz Afrika eine Milliarde Euro für geschlechtergerechte Investitionen mobilisiert werden. Mit Unterstützung der EIB fördert SheInvest vor allem geschlechtergerechte Klimafinanzierungen. Dazu gehören Projekte, die Landwirtinnen bei der Klimaanpassung helfen und den Zugang von Frauen zu Wasser, sauberer Energie und sicheren öffentlichen Verkehrsmitteln verbessern. Finanziert werden Vorhaben, bei denen innovative digitale Lösungen und Finanzprodukte zum Einsatz kommen, die die wirtschaftlichen Chancen und die soziale Teilhabe von Frauen verbessern können.

    Bestimmte Arten von Investitionen eignen sich dafür besonders gut. Netzunabhängige Erneuerbare-Energien-Anlagen und saubere Lösungen für die Essenszubereitung, die von Unternehmerinnen vertrieben werden, klimasmarte Landwirtschaft, Ernteversicherungen oder Wetterinformationsdienste für Landwirtinnen sowie Finanzierungen für nachhaltige Unternehmen mit Schwerpunkt auf biologischer Vielfalt – sie alle tragen dazu bei, dass die Gesellschaft besser auf Klimaveränderungen reagieren, den Klimawandel eindämmen und gleichzeitig die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern abbauen kann.

    Ebenso wichtig ist es, Klimaprojekte stets durch die Gender-Brille zu betrachten. Ein gutes Beispiel sind Investitionen in emissionsarme öffentliche Verkehrsmittel‚ bei denen auf Sicherheit und Barrierefreiheit geachtet wird und die gleichermaßen Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und Männer bieten. Oder auch Investitionen in den Hochwasserschutz, klimaresistente soziale und städtische Infrastruktur (wie Wasserversorgung) sowie Forschung und Diagnostik mit Schwerpunkt auf Krankheiten, die wegen des Klimawandels zunehmen.

    Bei ihren genderspezifischen Investitionen verfolgt die Europäische Investitionsbank einen dreigliedrigen Ansatz. Wir wollen:

    • die Rechte von Frauen schützen und sicherstellen, dass keine negativen Folgen für sie entstehen,
    • eine größere Wirkung erzielen‚ indem wir dafür sorgen, dass die mitfinanzierten Projekte den Bedürfnissen von Frauen und Männern entsprechen und die Geschlechtergleichstellung fördern,
    • direkt in Vorhaben investieren, die Frauen in wirtschaftlicher Hinsicht stärken, z. B. in Projekte, die Unternehmerinnen fördern und ihnen den Zugang zu Krediten erleichtern.

    Diese Säulen gelten auch für Investitionen der Bank in den Bereichen Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit – sie sollen bis 2025 mindestens 50 Prozent aller EIB-Finanzierungen ausmachen und im kritischen Jahrzehnt bis 2030 Investitionen von einer Billion Euro fördern.

    Klimainvestoren müssen genau überlegen, welche Projekte sich in puncto Klimaschutz, Gleichstellung der Geschlechter und Erschließung neuer Märkte am besten eignen. Die Position von Frauen zu stärken, ist weltweit eine der wirksamsten Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel. Wir dürfen diese Chance nicht verpassen.

    Moa Westman ist Gender-Expertin bei der Europäischen Investitionsbank