Das Unternehmen Upstream aus Athen bietet digitale Dienste für bisher unversorgte Kunden in Schwellenländern an und sorgt mit seinen Mobile-Commerce-Lösungen in Afrika für Wachstumsmöglichkeiten und Inklusion.
Ganze 128 Jahre hat es gedauert, bis eine Milliarde Menschen einen Festnetzanschluss hatten. Und dann kauften sich innerhalb von nur 20 Jahren sechs Milliarden Menschen ein Mobiltelefon – auch in Regionen, die bis dahin von jeder Art von Telekommunikation abgeschnitten waren. Das Handy wird aber nicht nur dazu genutzt, um in Kontakt zu bleiben. Es schafft auch eine völlig neue Finanzlandschaft.
„Das Mobiltelefon ist für viele Kunden in Entwicklungsländern zum einzigen Zahlungsweg geworden“, erklärt Andreas Papadimitriou, der bei der Europäischen Investitionsbank an einem Darlehen von 25 Millionen Euro an Upstream mitgearbeitet hat. Das Unternehmen aus Athen gehört zu den führenden Anbietern von Mobile-Commerce-Lösungen und versorgt Schwellenländer mit digitalen Diensten.
Das Produktangebot von Upstream reicht von Infotainment und Mikroversicherungen über Gaming- und Videoportale, App Stores, Cloud-Storage- und mobile Sicherheitslösungen bis hin zu Sprachlerndienstleistungen und Mobile-Marketing-Aktionen. Upstream ist mit zehn Regionalbüros in mehr als 45 Schwellenländern tätig und arbeitet dort mit 60 Mobilfunkbetreibern zusammen, die 1,2 Milliarden Kunden haben und über die jährlich mehr als zehn Milliarden Kundeninteraktionen stattfinden.
Mit der EIB hat Upstream einen langfristigen Finanzierungspartner gefunden und kann weiter in FuE investieren. Das EIB-Darlehen war die perfekte Lösung, da Retailbanken nicht bereit sind, dem Unternehmen langfristige Kredite zu gewähren, und sich private Investoren bei Unternehmen in Entwicklungsländern nach wie vor zurückhalten.
„Standardlösungen funktionieren hier nicht“
Seit zehn Jahren arbeitet Upstream daran, die zwei Hauptprobleme digitaler Kunden in Entwicklungsländern zu lösen: das mangelnde Angebot an lokal zugeschnittenen Diensten und das Fehlen von alternativen Zahlungsmöglichkeiten für Menschen ohne Bankkonto.
Dem mangelnden Angebot tritt Upstream mit digitalen Diensten entgegen, die inhaltlich relevant, erschwinglich und für alle verfügbar sind. Was heißt das nun genau?
- Inhalte: Upstream bezieht von internationalen und einheimischen Anbietern die relevantesten Dienste und passt sie an die Sprache und Kultur des jeweiligen Landes an. Zusätzlich zur landesspezifischen Aufmachung ermittelt Upstream, welche Art von Diensten derzeit in den Schwellenländern noch fehlt, und entwickelt entsprechende Angebote.
- Bezahlbarkeit: Upstream ist in Ländern tätig, in denen die Einkommen durchschnittlich 87 Prozent niedriger sind als in Industrieländern. „Wir orientieren uns bei den Preisen an den Gegebenheiten vor Ort und bieten unsere Dienste im Abonnement an, für das der Kunde regelmäßig einen Kleinbetrag zahlt“, erklärt Guy Krief, Geschäftsführer von Upstream.
- Verfügbarkeit: Upstream bietet seine Dienste sowohl für 4G-kompatible Geräte als auch für sämtliche Vorgängergenerationen an und erreicht dadurch alle Kunden – unabhängig von Endgerät und Internetzugang. Die Inhalte sind über SMS, mobiles Internet oder Apps abrufbar.
Wenn die Abrechnung zur Wissenschaft wird
Seit zehn Jahren befasst sich Upstream nun damit, mobile Dienste inhaltlich relevant, bezahlbar und für jeden verfügbar zu machen. In dieser Zeit hat sich gezeigt, dass das nachhaltigste Geschäftsmodell zur Monetisierung von Kunden in Schwellenländern auf Abonnements beruht, für die lediglich Kleinbeträge anfallen. Dabei zahlen die Kunden oft nur ein paar Cents für den unbegrenzten Zugang zu digitalen Diensten.
Das ist wichtig, wenn die Kunden häufig nur umgerechnet ein oder zwei US-Dollar Verbindungsguthaben haben.
„Für die Abrechnung in Schwellenländern braucht man geeignete Technologie und entsprechendes Know-how“, so Krief. „Da kommt es darauf an, den optimalen Preis zu ermitteln und dann genau zu wissen, wo und wann sich erfolgreich Gebühren erheben lassen.“
Digitale Dienste verbessern die Lebensbedingungen
Die drei Milliarden Kunden, die nach Schätzungen von Branchenexperten noch auf eine Internetanbindung warten, leben hauptsächlich in Afrika und Asien. Sie brauchen entsprechende Endgeräte, Infrastruktur, die ihnen die Online-Inhalte liefert, und alles andere, was derzeit für das Web existiert.
„Sie nutzen das Internet vielleicht nicht so wie wir“, meint Krief. „Aber sie brauchen es im Wesentlichen für dieselben Zwecke. Außerdem werden neue Dienste für sie entwickelt, die besser auf ihre Bedürfnisse und ihre Kultur zugeschnitten sind.“
Upstream entwickelt hauptsächlich Angebote für die Bereiche Bildung, Gesundheit und Finanzdienstleistungen.
In Nigeria hat Upstream zum Beispiel mit einem Dienst für tägliche Gesundheitstipps großen Erfolg. Die Nutzung kostet pro Woche 50 Naira (14 US-Cent). „Über mobile Endgeräte haben die Menschen Zugang zu Angeboten, die Dienste von NGO und staatlichen Organisationen wie Schulen, Krankenhäusern und Banken in ländlicheren Gebieten ergänzen oder erweitern“, fügt Krief hinzu.
Das Gleiche gilt für Bildungsangebote. Hier hat Upstream einen Dienst für mobiles Sprachenlernen entwickelt, über den man mit Spaß und für wenig Geld eine neue Fremdsprache lernen kann. Die Inhalte stehen per SMS oder über eine mobile Website zur Verfügung. Der Dienst hat inzwischen elf Millionen Abonnenten in 15 Ländern, darunter in zehn afrikanischen und drei südostasiatischen Ländern. Damit gehört er zu den weltweit führenden Online-Sprachschulen.
„Besonders viele Abonnenten haben wir in Regionen mit geringen Englischkenntnissen wie Ägypten und Vietnam“, sagt Krief. Der Dienst wurde 2016 für die Global Mobile Awards in der Kategorie „Best Mobile Innovation for Emerging Markets“ nominiert.