Die Coronapandemie hat das globale wirtschaftliche Umfeld und die finanziellen Prioritäten radikal verändert. In der Entwicklungsfinanzierung hat die Krise die Dringlichkeit einer reibungsloseren Mobilisierung von Mitteln deutlich gemacht. Gleichzeitig müssen die langfristigen Klima- und Nachhaltigkeitsziele im Auge behalten werden.
Der Operative Plan der Europäischen Investitionsbank für 2021 unterstreicht daher die Notwendigkeit einer Neuausrichtung. Voraussetzungen für eine langfristige Erholung sind die Unterstützung des Privatsektors, internationale und lokale Partnerschaften sowie Projekte, die die durch Corona verstärkten Ungleichheiten verringern, unterstrich Ambroise Fayolle, EIB-Vizepräsident mit Aufsicht über Entwicklungs- und Klimafinanzierungen.
Wir müssen den Fokus gleichermaßen auf kurz- und langfristige Krisen legen, denn die Pandemie hat verdeutlicht, wie „alles miteinander verwoben“ ist und welche potenziellen Folgen nicht nachhaltige Maßnahmen haben, so Fayolle weiter.
Auf einer Devex-Veranstaltung erläuterte Fayolle, wie die EIB all diese Probleme mit einem breiten Spektrum von Instrumenten und Strategien angeht.
Wie hat die EIB – mit Blick auf Corona – ihre Tätigkeit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen angepasst, um auch den Klimawandel und soziale Ungleichheiten zu bekämpfen?
Kurz gesagt: Wir gehen außerhalb der Europäischen Union ähnlich vor wie in der EU. Wir unterstützen die Realwirtschaft und stärken – so gut es geht – die Gesundheitssysteme.
Im vergangenen Jahr stellten wir außerhalb der EU rund 10 Milliarden Euro (11,4 Milliarden US-Dollar) bereit, fast die Häfte davon in Afrika. Mehr als 70 Prozent unserer Finanzierungen in Subsahara-Afrika entfielen auf die am wenigsten entwickelten Länder und fragile Staaten. Wir haben versucht, die Auszahlungen zu beschleunigen und Maßnahmen neu zu priorisieren.
Dabei fördern wir vor allem sogenannte „ermöglichende“ Investitionen. Das sind Investitionen, die andere Investitionen anziehen, etwa in den Bereichen Digitalwirtschaft, Stromnetze und sonstige Konnektivität. Finanzierungen für den Privatsektor können einen erheblichen Katalysatoreffekt haben und helfen, die Folgen der Krise abzufedern.
Wir unterstützen weiterhin Finanzinstitute, die für die Realwirtschaft in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wichtig sind, und arbeiten dabei vor allem mit lokalen Partnern zusammen. Dazu gehören etwa die Entwicklungsbank von Ghana, Mikrofinanzinstitute, Impact-Fonds und die African Trade Insurance Agency, die das politische Risiko von Investitionen abdeckt. Durch diese Kooperationen können wir Unternehmen jeglicher Größe unter die Arme greifen, damit sie wachsen und Arbeitsplätze schaffen. Weitere gute Beispiele sind die Trade and Development Bank und die Afreximbank, die auf dem afrikanischen Kontinent Importe und Exporte fördert.
Wie hat die EIB die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bislang in der Coronakrise unterstützt?
Wir haben gemeinsam mit der Europäischen Kommission 500 Millionen Euro für die COVAX-Initiative bereitgestellt, die einen gerechten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen sichern soll. Dabei handelte es sich um ein EIB-Darlehen von 400 Millionen Euro, das von der Kommission garantiert und durch einen Zuschuss von 100 Millionen Euro ergänzt wurde. Wir helfen den Ländern auch bei der Logistik, denn der kostenlose Bezug von Impfstoffen ist eine Sache, die Verteilung eine andere.
Letzten Mai unterzeichnete die EIB mit der Weltgesundheitsorganisation zudem eine Absichtserklärung für die Zusammenarbeit bei verschiedenen Gesundheitsthemen. Und mit der kENUP Foundation, einer gemeinnützigen Stiftung, die forschungsbasierte Innovationen in der Gesundheitsbranche zum Wohl der Gesellschaft unterstützt, haben wir ein Programm gestartet, um in Afrika die Herstellung von Arzneimittelbestandteilen auszuweiten.
Welche sonstigen wesentlichen Anpassungen hat die EIB unternommen, um ihre Prioritäten außerhalb Europas während der Krise weiterzuverfolgen?
Wichtig war vor allem Schnelligkeit. Wir mussten einige Projekte und Initiativen viel schneller umsetzen und gleichzeitig auch an andere Vorhaben denken, die etwas länger brauchen, etwa der Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika.
Partnerschaften wurden 2020 noch wichtiger, weil wir schnell und entschlossen handeln mussten. Besonders hilfreich war der von der Europäischen Kommission initiierte Team-Europa-Ansatz (für eine weltweite Erholung von der Coronapandemie), der die EU-Mitgliedstaaten und Entwicklungsfinanzierungsinstitute zusammenbrachte, um mehr Mittel bereitzustellen und Projekte vor Ort zu beschleunigen.
Angesichts der Bedeutung der Entwicklungsfinanzierungen und der Außenpolitik der EU, betrachten wir in diesem Jahr auch, inwieweit sich die Debatte über die europäische Finanzarchitektur zur Förderung der Entwicklung dahin gehend auswirkt, dass die EIB in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine noch größere Wirkung erzielt und die Rolle der Bank der EU als Teil von Team Europa gestärkt wird (...)