Unter der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft fand am 25. und 26. Oktober 2004 die zweite Sitzung des Expertenausschusses für die Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer (FEMIP) in Amsterdam statt.

Gastgeber der Sitzung waren Gerrit Zalm, der niederländische Minister der Finanzen, und Philippe de Fontaine Vive, der für die FEMIP zuständige Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB). Der Expertenausschuss hat die Aufgabe, Ansätze zu entwickeln und dem Ministerausschuss für die FEMIP, in dem die Wirtschafts- und Finanzminister der EU und der Mittelmeer-Partnerländer vertreten sind, praktische und operationelle Empfehlungen zu unterbreiten.

Gerrit Zalm sagte in seiner Ansprache: Diese Sitzung beschäftigt sich zwar schwerpunktmäßig mit bestimmten sektorspezifischen Themen, grundsätzlich geht es jedoch um die Entwicklung von besseren Rahmenbedingungen für die Privatwirtschaft. Dies ist das vorrangige Ziel der FEMIP. Im Hinblick darauf müssen die Kosten der unternehmerischen Tätigkeit verringert werden, und dafür sind gesetzliche Reformen, die das Investitionsklima verbessern, notwendig. Durch solche Impulse könnte die Wachstumsrate der Wirtschaft um jährlich bis zu 2 Prozentpunkte steigen, und dies würde produktive Arbeitsplätze, rentable Unternehmen und eine Verringerung der Armut ermöglichen. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Möglichkeiten der Wachstumssteigerung durch die weitere Reduzierung des administrativen Aufwands und die Einführung flexiblerer Gesetze in beiden Regionen. Ich würde es daher begrüßen, wenn der im nächsten Jahr in Marokko zusammentretende Ministerausschuss für die FEMIP über die neuesten gesetzlichen Reformen und die noch zu bewältigenden Aufgaben diskutieren würde.

Philippe de Fontaine Vive äußerte sich wie folgt: Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, Fortschritte bei der Erschließung und Bewirtschaftung von ausreichenden Wasserressourcen, die eine Grundvoraussetzung für nachhaltiges Wachstum sind, zu erzielen. Die Schaffung eines für private Investitionen günstigen Umfelds ist wesentlich und ausgesprochen wichtig für die Mittelmeer-Region, in der die Situation der Wasserwirtschaft sehr problematisch, wenn nicht sogar am problematischsten ist (Water Stress). Aufgrund der Erfahrungen, die im Rahmen der FEMIP gemacht wurden, glauben wir, dass staatliche Reformen in Kombination mit privatwirtschaftlichem Knowhow und verschiedenen Arten von Finanzierungen aus unterschiedlichen Quellen notwendig sind, um die Defizite in der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung abbauen zu können.

Wenige Monate nach einer neuen Phase der Erweiterung, durch die sich die Grenzen Europas verändert haben, war es ein entscheidender Punkt auf der Tagesordnung der FEMIP, die TEN auf die Mittelmeer-Partnerländer auszuweiten, die nun noch engere Nachbarn der Europäischen Union geworden sind. Ich glaube, dass die Finanzierung eines erweiterten Verkehrsnetzes, das darauf ausgelegt ist, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bindungen zwischen den nördlichen und den südlichen Mittelmeer-Anrainern zu verstärken, allen in der Region aktiven Finanzierungsinstitutionen ein erhebliches Kooperationspotenzial bietet. Aufgabe der FEMIP ist es, zum einen zu prüfen, wie die Hauptinfrastruktur, die für die Errichtung eines großen euro-mediterranen Raums in Einklang mit den Zielen des Barcelona-Prozesses benötigt wird, effizient finanziert und verwaltet werden kann, und zum anderen zu untersuchen, wie die FEMIP selbst hierzu am besten beitragen kann.

Hochrangige Vertreter der EU und der Mittelmeer-Partnerländer, von Banken, Industrieunternehmen, Unternehmerorganisationen, Hochschuleinrichtungen sowie der Europäischen Kommission regten durch ihre Beiträge einen fruchtbaren Meinungsaustausch zwischen den rund 200 teilnehmenden Experten an, die ihre Erfahrungen in verschiedenen Ländern in die Diskussion einbrachten. Vorrangiges Thema war die Entwicklung der Wasser- und Abwasserwirtschaft und des Verkehrssektors in der Mittelmeer-Region durch die mögliche Schaffung eines Transportnetzes Europa-Mittelmeer. Dabei wurden die eventuelle Beteiligung der Privatwirtschaft und die geeigneten Finanzinstrumente ebenso erörtert wie Entwicklungs- und Managementperspektiven.

Den Vorsitz der ersten Teilsitzung über Wasserversorgung und Abwasserentsorgung hatte Gérard Payen, Mitglied des von Kofi Annan einberufenen Beratungsausschusses zu Wasserfragen (UN Advisory Board on Water and Sanitation) und Mitglied des World Panel on Financing Water for All; Vorsitzender der zweiten Teilsitzung zum Thema Verkehr war François Lamoureux, Generaldirektor der Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission.

Die Teilnehmer gelangten zu dem Schluss, dass die Mittelmeer-Partnerländer und die Internationalen Finanzierungsinstitutionen (IFI) ihre Aktivitäten und ihre Unterstützung in beiden Sektoren auf die folgenden Aspekte ausrichten sollten:

  • Notwendigkeit zur Verstärkung der Kapazitäten des öffentlichen Sektors - mit besonderem Schwerpunkt auf Planungs- und Regulierungsaspekten;
  • Notwendigkeit von Tarifreformen, um Cashflow für den Ausbau der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sowie in einigen Fällen des Eisenbahnverkehrs zu erzielen;
  • Ermittlung und Vorbereitung von soliden Projekten;
  • Unterstützung der stufenweisen Umsetzung des Konzepts der öffentlich-privaten-Partnerschaften (PPP) mit einem starken öffentlichen Partner;
  • Entwicklung der inländischen Privatwirtschaft im Hinblick auf die Übernahme einer aktiven Rolle in Zusammenarbeit mit öffentlichen Partnern;
  • schrittweise Entwicklung von Darlehen an Gebietskörperschaften und von Darlehen in Landeswährung, die das Wechselkursrisiko mindern.

Um dies zu erreichen, werden die folgenden Maßnahmen vorgeschlagen:

  • bessere Koordination der Geldgeber, um a) kohärente Projekte und einen kohärenten sektorspezifischen Rahmen zu entwickeln und b) den Mix von verfügbaren Finanzierungsinstrumenten für Projekte im Hinblick auf ihr Einnahmepotenzial (Darlehen) und ihre sozialen bzw. ökologischen Auswirkungen (Zuschüsse) zu optimieren;
  • Nutzung der verfügbaren Finanzierungsmittel, um a) die Umstrukturierung der Institutionen und b) den öffentlichen Sektor im Hinblick auf die Schaffung und Regulierung von PPP zu unterstützen, und c) technische Hilfe bei der Regulierung zu leisten;
  • Unterstützung des Aufbaus von PPP. Dabei wird zunächst in erster Linie das Ziel verfolgt, die Dienste und die private Finanzierung zu verbessern, und in einer späteren Phase werden - wenn dies mit Mehrwert verbunden ist - zwei Schwerpunkte gesetzt werden:
    • Förderung des Transfers von operationellem Knowhow internationaler privater Betreiber;
    • Anreize für den inländischen Privatsektor, öffentlichen Einrichtungen sektorspezifische Fachkenntnisse zur Verfügung zu stellen.
  • Mögliche Entwicklung von Darlehen an Gebietskörperschaften und von Ausleihungen in Landeswährung, um Projekte zu finanzieren und das Wechselkursrisiko für Infrastrukturdienste, die in Landeswährung vergütet werden, zu verringern.

In seinem Schlusswort sagte Philippe de Fontaine Vive: Es stehen Mittel direkt bereit, um in den Mittelmeer-Partnerländern gut strukturierte Sektoren zu unterstützen und tragfähige Projekte in der Wasser- und Abwasserwirtschaft sowie im Verkehrssektor zu finanzieren. Die Finanzierungen im Rahmen der FEMIP in den Jahren 2003 und 2004 belaufen sich auf rund 2 Mrd EUR, wovon etwa 50% ausländische Direktinvestitionen und KMU betreffen. Künftig wird es darum gehen, die FEMIP als Referenz für die Qualität des Dialogs zwischen Europa und dem Mittelmeerraum zu etablieren.

Die Finanzierungen in den Mittelmeer-Partnerländern erfolgen im Rahmen der Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer (FEMIP). Schwerpunkte der FEMIP sind die Entwicklung des Privatsektors und die Finanzierung von sozioökonomischer Infrastruktur, die die Entwicklung der Privatwirtschaft fördert.

Die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarländern im Mittelmeerraum ist vor mehr als dreißig Jahren entstanden. Sie wurde dann in den 90er Jahren im Rahmen des auf der Konferenz Europa-Mittelmeer im November 1995 eingeleiteten Barcelona-Prozesses intensiviert und hat mit der Schaffung der FEMIP ihren Höhepunkt erreicht. Ziel der FEMIP ist es, die Mittelmeer-Partnerländer im Hinblick auf die Errichtung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer bei der Bewältigung der Aufgaben zu unterstützen, die mit der wirtschaftlichen und sozialen Erneuerung und mit der verstärkten regionalen Integration in Anbetracht der erweiterten Europäischen Union und der neuen Nachbarschaftspolitik verbunden sind. Die FEMIP hat Europa die Ausweitung der Zusammenarbeit mit den Partnerländern ermöglicht. Nachdem diese Fazilität mit umfangreicheren Mitteln ausgestattet wurde, hat sich die jährliche Darlehensvergabe der EIB in der Mittelmeerregion von 1,5 Mrd EUR auf 2 Mrd EUR erhöht. Im Rahmen der FEMIP werden vorrangig Projekte des privaten Sektors finanziert, um einerseits die Mittelmeer-Partnerländer bei der Liberalisierung ihrer Wirtschaft zu unterstützen und andererseits das Potenzial dieser Länder im Hinblick auf die für 2010 geplante Zollunion zwischen der EU und den Mittelmeer-Partnerländern zu stärken. Schwerpunkte der FEMIP sind ausländische Direktinvestitionen und Initiativen der inländischen Privatwirtschaft sowie Projekte im sozialen Bereich - insbesondere im Gesundheits- und im Bildungswesen sowie im Umweltschutz -, die von grundlegender Bedeutung für die soziale Stabilität und für die Förderung produktiver Investitionen sind.

Von insgesamt 11,5 Mrd EUR, die seit 1995 in den Mittelmeer-Partnerländern zur Verfügung gestellt worden sind, wurden 2 Mrd EUR bzw. 25% des Gesamtbetrags im Umweltbereich vergeben (davon die Hälfte für wasser- und abwasserwirtschaftliche Projekte), während Verkehrsprojekte mit 2,4 Mrd EUR (bzw. 21% der gesamten Finanzierungen in diesem Zeitraum) unterstützt wurden.

  • Fotos von Philippe de Fontaine Vive (EIB-Vizepräsident) und Gerrit Zalm (niederländischer Finanzminister) [1], [2], [3], [4].