• EU-Wirtschaftsklima trübt sich ein, europäische Unternehmen investieren 2020 wahrscheinlich weniger
  • Europa bleibt mit stagnierenden Klimaschutzinvestitionen hinter den USA und China zurück
  • Europa muss Einführung digitaler Technologien beschleunigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben

Europas Unternehmen blicken immer pessimistischer auf die Konjunktur. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Investitionsbericht 2019/2020 der EIB. Darin stellt die Bank außerdem fest, dass Europa weniger in den Klimaschutz investiert als große Volkswirtschaften wie die USA und China. Die Infrastrukturinvestitionen stagnieren bei 1,6 Prozent des BIP der EU und sind damit auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Zudem kann Europa die Vorteile des digitalen Wandels nicht ausschöpfen. Laut dem Bericht, der die Ergebnisse der jährlichen Investitionsumfrage der EIB (EIBIS) bei 12 500 europäischen Unternehmen zusammenfasst, sollte die EU die historisch niedrigen Zinssätze dazu nutzen, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen, private Investitionen zu mobilisieren und eine effiziente Finanzintermediation zu fördern, um dem Abschwung zu begegnen.

EIB-Vizepräsident Andrew McDowell erklärte zu den Ergebnissen des Berichts: „Europa kann keinen weiteren Konjunkturabschwung aussitzen. Die Investitionsschwäche hat uns schon zehn Jahre gekostet. Wenn wir uns den aktuellen Herausforderungen stellen wollen, müssen wir jetzt aktiv werden. Nur durch mehr Investitionen können wir mit der digitalen Revolution Schritt halten, unsere Klimaziele erreichen und den sozialen Zusammenhalt in Europa wiederherstellen. Als Finanzierungseinrichtung und Klimabank der EU hat die EIB nach der Finanzkrise maßgeblich dazu beigetragen, die Investitionstätigkeit in Europa wiederanzukurbeln. Jetzt wollen wir weitere Investitionen unterstützen, die Europas Wirtschaft nachhaltiger und wettbewerbsfähiger machen.“

Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB, Debora Revoltella stellte den Bericht vor: „Wir müssen Investitionen schneller voranbringen. Nur so können wir die Vorteile der digitalen Revolution voll ausschöpfen, unsere Klimaziele erreichen und den sozialen Zusammenhalt in Europa wiederherstellen. Die lange Liste von Investitionen lässt sich nur bewältigen, wenn der öffentliche Sektor handelt und wenn dem privaten Sektor die Unsicherheit genommen wird. Es geht um die Digitalisierung der Unternehmen, Innovation und Unternehmensdynamik, intelligente Infrastruktur und bessere öffentliche Dienstleistungen, grüne Innovation und Energieeffizienz sowie E-Government, E-Learning und E-Training.“

Zur Zusammenfassung

Zu den Länderanalysen

Der Bericht wurde auf der EIB-Jahreskonferenz zu Wirtschaftsfragen vorgestellt, die die Bank gemeinsam mit der OECD, der Columbia University und dem Europäischen Geld- und Finanzforum SUERF in Luxemburg organisiert. An der Konferenz nahmen hochrangige Rednerinnen und Redner wie der britische Ökonom Sir Nicholas Stern und die italienisch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato sowie führende Volkswirte der Europäischen Zentralbank, des Europäischen Stabilitätsmechanismus, der OECD, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Welthandelsorganisation teil.

Investitionstätigkeit geht 2020 wahrscheinlich zurück

Nach der letzten Rezession sind die Investitionen in der Europäischen Union wieder auf fast 21,5 Prozent des europäischen BIP gestiegen. Damit lag die Investitionstätigkeit 0,5 Prozentpunkte über dem langfristigen Durchschnitt. Allerdings zeigen die Daten der EIB-Investitionsumfrage 2019, dass Europas Unternehmen die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen pessimistischer sehen und nun davon ausgehen, dass sich das makroökonomische Klima verschlechtert. Die Anzahl der Firmen, die ihre Investitionen zurückfahren wollen, ist erstmals seit vier Jahren wieder gestiegen. Europas Unternehmen sind zudem pessimistischer als ihre US-amerikanischen Pendants, was auf eher instabile Investitionsbedingungen für die Zukunft hindeutet.

Impulsgeber für Investitionen – Unternehmen, die eine Verbesserung/Verschlechterung erwarten

>@EIB

(Saldo der Unternehmen, die eine Verbesserung erwarten, abzüglich der Unternehmen, die eine Verschlechterung erwarten, in %)

Quelle: Investitionsumfrage der EIB 2019

Europa bei Klimainvestitionen noch nicht auf Kurs

Der Investitionsbericht der EIB zeigt, dass die Klimaschutzinvestitionen in der EU trotz erheblicher Fortschritte noch nicht auf Kurs sind. Wenn die europäische Wirtschaft bis 2050 klimaneutral werden soll, muss Europa die gesamten Investitionen in die Energieversorgung und die damit verbundene Infrastruktur von durchschnittlich 2 Prozent auf 3 Prozent des BIP erhöhen.

2018 hat die Europäische Union 158 Milliarden Euro in den Klimaschutz investiert. Mit 1,2 Prozent des BIP ist das etwas weniger als in den Vereinigten Staaten (1,3 Prozent) und nur etwas mehr als ein Drittel der chinesischen Investitionen (3,3 Prozent des BIP).

Während die Vereinigten Staaten am meisten in klimabezogene Forschung und Entwicklung investieren, hat China seine Ausgaben kürzlich vervierfacht und die EU damit überholt. Die geringen Ausgaben für klimabezogene FuE gefährden Europas Wettbewerbsfähigkeit, da die derzeit noch unausgereiften Technologien beim Wandel eine wichtige Rolle spielen werden.

Schleppende Einführung digitaler Technologien

Digitale Technologien werden in Europa nur langsam eingeführt. Dabei vergrößert sich die digitale Kluft zwischen den Unternehmen immer mehr. Digitale Unternehmen investieren tendenziell mehr, sind innovativer, wachsen schneller und verschaffen sich damit einen Vorreitervorteil. Allerdings sind nur 58 Prozent der Unternehmen in Europa digital – gegenüber 69 Prozent in den USA. Besonders groß ist die Lücke im Dienstleistungssektor (40 Prozent ggü. 61 Prozent). 30 Prozent der älteren (mehr als 10 Jahre alten) kleineren und mittleren Unternehmen in Europa sind nach wie vor nicht digital.

Hintergrundinformationen

Jährlicher Investitionsbericht der EIB

Der jährliche Bericht der EIB zur Investitionstätigkeit und Investitionsfinanzierung wird von der Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB erstellt. Er bietet einen umfassenden Überblick darüber, wie sich die Investitionstätigkeit in der EU entwickelt, wer ihre Impulsgeber sind und wie sie finanziert wird. Wir analysieren darin die wichtigsten Markttrends bei Investitionen in Infrastruktur, Innovation und Klimaschutz – jedes Jahr mit einem besonderen Themenschwerpunkt. In diesem Jahr geht es vor allem um die Unternehmensdynamik und die Transformation. Wir betrachten Start-up- und Scale-up-Unternehmen, die Unternehmensproduktivität, Polarisierungsrisiken und Qualifikationslücken. Der Bericht stützt sich weitgehend auf die Ergebnisse der jährlichen Investitionsumfrage der EIB (EIBIS) und ergänzt die interne Analyse der EIB durch Beiträge führender Fachleute auf diesem Gebiet. Investitionsbericht 2019/2020 der EIB

Abteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB

Die Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB erstellt volkwirtschaftliche Analysen und Studien. Sie unterstützt damit die Bank bei ihrer Arbeit und Positionierung und bei der Festlegung ihrer Strategien und Leitlinien. Das 40-köpfige Team wird geleitet von Debora Revoltella, Direktorin Volkswirtschaftliche Analysen.