EU verdreifacht ihre Beratung für Infrastrukturentwicklung auf dem Westbalkan

Auf dem Westbalkan gibt es große Lücken in der öffentlichen Infrastruktur. Diese sind ein Hindernis für eine schnellere Entwicklung des Privatsektors, wirtschaftlichen Wohlstand und die Integration in den europäischen Binnenmarkt.

Laut einer Analyse des Internationalen Währungsfonds bleibt die Infrastrukturentwicklung in der Region im Schnitt um rund 50 Prozent hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Infrastrukturelle Engpässe behindern unter anderem die wirtschaftliche Konvergenz und bremsen die Integration der Region in globale Wertschöpfungsketten.

Eine gut geplante Entwicklung der Infrastruktur mit solideren Regelungen für öffentliche Investitionen könnte die Effizienz öffentlicher Ausgaben deutlich erhöhen und mehr finanzielle Unterstützung von der EU, internationalen Finanzinstitutionen und Geldgebern nach sich ziehen.

Einem Bericht der Weltbank über den Westbalkan zufolge sind die Realeinkommen in der Vergangenheit bei einer Verbesserung der Infrastruktur um rund 5 Prozent gestiegen. Ein EU-Beitritt könnte einen weiteren Schub von 7 Prozent bedeuten.

Probleme bei Infrastrukturinvestitionen

Die Länder in der Region sind mit Blick auf eine künftige EU-Mitgliedschaft dazu angehalten, ihre Infrastruktur weiter zu modernisieren und schnell die notwendigen Reformen einzuleiten.

Die Angleichung des Rechtsrahmens an die EU und der Aufbau einer modernen Infrastruktur hängen allerdings davon ab, wie gut die Länder in der Lage sind, neue Strategien und Projekte aufzulegen. Angesichts des engen finanziellen Spielraums sind öffentliche Investitionen oft ein Problem.

Erweiterungsländer können über verschiedene Instrumente wie das für Heranführungshilfe bereits vor ihrem Beitritt auf EU-Mittel zugreifen.

Um diesen Vorteil zu nutzen, brauchen sie reife, gut geplante Projekte, die für eine EU-Finanzierung infrage kommen. Der Schlüssel dazu liegt in der Vorbereitung dieser Projekte. Außerdem benötigen die nationalen Projektteams entsprechende Ressourcen und das erforderliche Know-how.


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EU-Mittel für Projektteams auf dem Westbalkan

Internationale Finanzinstitutionen wie die Europäische Investitionsbank (EIB) bieten bei wichtigen Projekten wertvolle Unterstützung. Nicht nur in Form vorteilhafter Kreditkonditionen, sondern auch durch Hilfe bei Projektauswahl und -vorbereitung.

Zu diesem Zweck haben die Europäische Kommission und die EIB 2005 das Beratungsprogramm JASPERS aufgelegt. Über 120 Fachleute der EIB aus unterschiedlichsten Bereichen decken bei diesem Programm für gemeinsame Hilfe in europäischen Regionen den gesamten Projektzyklus ab, von der Planung bis zur Durchführung. An den sechs Standorten Luxemburg, Brüssel, Bukarest, Sofia, Wien und Warschau sitzen die Teams nahe bei ihren Kunden.

Seit seiner Gründung hat JASPERS bei der Vorbereitung Hunderter Projekte in 27 Ländern geholfen und damit Investitionen von 317 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Außerdem unterstützt das JASPERS-Team öffentliche Auftraggeber und Projektträger beim Kapazitätsaufbau, um neue Investitionen schneller an den Start zu bekommen.

Der Westbalkan profitiert bereits seit Jahren von JASPERS. Seit 2011 hat das Team geholfen, Projekte im Volumen von neun Milliarden Euro vorzubereiten.

Jetzt werden die Mittel der JASPERS-Beratung für den Westbalkan und möglicherweise auch die Türkei auf bis zu 20 Millionen Euro verdreifacht.

Durch diesen Ausbau der technischen Hilfe will man der Region helfen, mehr Projekte im Rahmen des Wirtschafts- und Investitionsplans der Europäischen Kommission durchzuführen. Mit Finanzierungen von knapp 16 Millionen Euro für 54 Projekte und 4,3 Milliarden Euro an Zuschüssen wurde der Plan bereits zur Hälfte umgesetzt – mit sichtbarem Erfolg.

Dennoch gibt es noch viel zu tun. Ziel ist es, durch modernere Infrastruktur, eine bessere Konnektivität sowie mehr Klimaschutz und Energiesicherheit ein nachhaltiges Wachstum in der Region zu erreichen.

Von der Planung bis zur Durchführung

Was die JASPERS-Hilfe so wertvoll macht, ist die direkte Beratung der Förderempfänger bei der Entwicklung von Strategien und Projekten. Hinzu kommen der Wissenstransfer und die Hilfe beim Kapazitätsaufbau.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit von JASPERS ist die Ausarbeitung eines Plans für den Kapazitätsaufbau der albanischen Eisenbahn. Daraufhin wurden Zuschüsse von 136 Millionen Euro aus dem Investitionsrahmen für den westlichen Balkan bereitgestellt, um die 120 Kilometer lange Eisenbahnstrecke zwischen Vorë und der Grenze zu Montenegro zu modernisieren.

Der Stadt Berane in Montenegro stand JASPERS bei einem Abwasserprojekt zur Seite. Seine Wasserfachleute halfen den nationalen Behörden bei der Analyse der Projektunterlagen, der Beantragung eines EU-Zuschusses, den Ausschreibungsunterlagen und schließlich der Durchführung des Projekts. Das Ergebnis: ein zuverlässiges Abwassersammel- und Wasserversorgungssystem für rund 20 000 Menschen und eine Verringerung der Wasserverluste von 75 Prozent auf 42 Prozent.

Dank der JASPERS-Hilfe konnte außerdem die Sanierung der Schiffsschleuse Eisernes Tor I auf der Donau nahe dem Hafen von Prahovo in Serbien abgeschlossen werden. Fast 50 Jahre nach dem Bau der Schleuse wurden ihre Infrastruktur und ihr Steuerungssystem modernisiert und damit die Navigation im serbischen Abschnitt der Donau zuverlässiger und sicherer gemacht. Zugleich verschwand ein Engpass auf dem Rhein-Donau-Kernnetzkorridor.

>@EIB

Schiffsschleuse Djerdap nahe Prahovo in Serbien

Transparenz und Rechenschaft

Neben der traditionellen Beratung in den EU-Ländern hat JASPERS in den letzten Jahren auch die Unterstützung für die Ukraine (in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission) sowie für Moldau und andere Länder der Östlichen Partnerschaft erhöht.

JASPERS hilft diesen Ländern über die Fazilität für Investitionen in Konnektivität im Rahmen der Östlichen Partnerschaft dabei, ihre Verkehrsverbindungen zu verbessern. Dabei geht es etwa um die angestrebte EU-Integration des ukrainischen und moldauischen Eisenbahnnetzes sowie grenzüberschreitende Projekte zwischen der Ukraine, Moldau und benachbarten Mitgliedstaaten.

Die Europäische Kommission hat vor Kurzem das Erweiterungspaket und den Wachstumsplan für den Westbalkan angenommen, der mit Zuschüssen und Krediten von sechs Milliarden Euro die wirtschaftliche Konvergenz der Region beschleunigen soll.

Dies ist ein klares Zeichen der Solidarität der EU. Sie ist entschlossen, die Region in puncto Konnektivität und Lebensstandards an die EU heranzuführen.

Damit die Länder die EU-Mittel in Anspruch nehmen können, müssen sie allerdings ihre Kompetenzen im Bereich der Infrastrukturverwaltung weiter ausbauen, d. h. eine Planung, Umsetzung und Überwachung mit entsprechender Transparenz und Rechenschaftspflicht sicherstellen.

Die EIB mit ihren Beratungsteams steht ihnen dabei als Partner zur Seite: Sie hilft, Kompetenzen aufzubauen, Investitionen je nach Anforderungen des Landes und der gesamten Region zu priorisieren, Infrastrukturdefizite zu beseitigen, die grüne Wende voranzutreiben und bessere Perspektiven für die lokale Wirtschaft zu schaffen.


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Dieser Artikel wurde zuerst auf Bloomberg Adria veröffentlicht.