EIB-Vizepräsidentin Teresa Czerwińska hielt die Eröffnungsrede zu dem Workshop „Good Governance für einen naturpositiven und klimaneutralen Wiederaufbau der Ukraine“ am 26. Mai 2023 in Berlin. Darin betonte sie das langfristige Engagement der Bank für ein „gerechtes, grünes und resilientes Wachstum“ in der Ukraine.


Es gilt das gesprochene Wort.


>@EIB

Guten Morgen!

Ich möchte mich bei Ihnen allen für Ihre Teilnahme bedanken.

Für die Europäische Investitionsbank, die Bank der EU, ist der Wiederaufbau der Ukraine von größter Bedeutung. Russlands Krieg in der Ukraine geht ins zweite Jahr. Wir sind nicht nur Zeugen des beispiellosen Mutes, sondern auch der Widerstandskraft des ukrainischen Volkes in einem völlig neuen, schwierigen Umfeld.

Die ukrainische Wirtschaft strauchelt, aber sie hält stand – trotz der ständigen Attacken. Die Verwaltung funktioniert, die Menschen gehen ihrer Arbeit nach. Die Entschlossenheit der Ukrainerinnen und Ukrainer ist unerschütterlich, genauso wie unsere Unterstützung!

Nach dem russischen Großangriff im Februar 2023 hat meine Bank mit Rückendeckung der Europäischen Kommission als eine der Ersten umfangreiche Zahlungen an die Ukraine geleistet. Bisher waren das 1,7 Milliarden Euro. Das Geld floss in kritische Infrastruktur, um das Land am Laufen zu halten. Wir haben auch vier Milliarden Euro an Solidaritätsdarlehen für EU-Länder genehmigt, die ukrainischen Flüchtlingen etwa in Polen, Deutschland, Tschechien und der Slowakei helfen.

Wir arbeiten eng mit der Ukraine zusammen. Seit Beginn unserer Aktivitäten im Land 2007 haben wir ein Darlehensportfolio von über sieben Milliarden Euro aufgebaut: für Verkehr, kleine und mittlere Unternehmen, Stadtentwicklung und Energie. All das sind auch Ziele der EU.

Wiederaufbau und Erholung sind seit 2014 unsere Priorität in der Ukraine. Wir finanzierten damals die Instandsetzung zerstörter ziviler Infrastruktur und unterbrochener Verwaltungsdienste. Zerstört wurden sie durch militärische Aktivitäten, die mit der illegalen Annexion der Krim und der Besetzung von Teilen der Regionen Donezk und Luhansk endeten. Seit 2014 konnten wir auch in extrem schwierigen Sicherheitslagen Projekte finanzieren.

Für uns ist deshalb eines klar: Solange der Krieg andauert, müssen Wiederaufbaumittel fließen. Weil wir mit dem Wiederaufbau nicht warten können. Weil die Menschen nicht warten können.

Im vergangenen Sommer stellte die Ukraine in Lugano ihren ersten Wiederaufbauplan vor. Zentrale Leitsätze waren Transparenz und Nachhaltigkeit. Ich bin zuversichtlich, dass demnächst in London neue Schritte auf die Beschlüsse von Lugano folgen werden. „Build back better“ heißt das Gebot der Stunde. Und der Wiederaufbau muss in jedem Fall grüne Ziele verfolgen. 

Ein gerechtes, grünes und resilientes Wachstum der Ukraine hat höchste Priorität für die EIB. Als Klimabank der EU konzentrieren wir uns auf Projekte, die das Land in eine grüne Zukunft führen. Beim Wiederaufbau verkleinern wir den CO2-Fußabdruck auf ein Minimum. So haben wir seit 2014 über 100 Gebäude wiederaufgebaut, Schulen, Krankenhäuser usw. Dieser Wiederaufbau war umweltfreundlich und hat Energieeinsparungen bis zu 50 Prozent ermöglicht.

Mit den zunehmenden Aufbaubemühungen der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft stellt sich immer drängender die Frage nach der Good Governance für einen nachhaltigen Wiederaufbau.

Der Wiederaufbauprozess muss gerecht und transparent sein. Er muss ukrainische Entscheidungstragende, Unternehmen, Behörden und Organisationen der Zivilgesellschaft einbinden.

Wir selbst arbeiten unter Führung der G7 über die Plattform zur Geberkoordinierung mit anderen Einrichtungen zusammen.

Für einen effizienten und effektiven Wiederaufbau muss die Ukraine Ausgabentransparenz sicherstellen. Die Mittel müssen sinnvoll eingesetzt werden. Die EIB wird ihr dabei mit gezielter technischer Hilfe für den Kapazitätsaufbau zur Seite stehen.

Die Infrastrukturschäden werden auf über 400 Milliarden Euro beziffert, vorerst. Die Budgethilfen der EU und der USA sind vorwiegend für die laufenden Ausgaben im Etat der Ukraine bestimmt. Um die meistbenötigte Infrastruktur wiederherzustellen und denen zu helfen, die in der Ukraine geblieben sind und das Land am Laufen halten, haben wir den „EU für die Ukraine“-Fonds ins Leben gerufen. Alle EU-Länder und Organisationen können sich daran beteiligen. Jeder Beitrag verstärkt unsere Hilfe, denn gemeinsam sind wir stärker.

Die EIB begleitet die Vorbereitung und Durchführung dieser Projekte mit technischer Hilfe über 100 Millionen Euro, um für eine hochwertige und reibungslose Umsetzung nach dem Prinzip „Build back better“ zu sorgen.

Bei den Ländern, die den Fonds unterstützen und erste Beiträge leisten, sind wir auf einem guten Weg. Wir bauen auch ein Portfolio von Projekten auf, die sich derzeit in unterschiedlichen Phasen der internen Prüfung befinden.

Ein grüner Wiederaufbau ist entscheidend für den Weg das Landes in die Europäische Union. Die Ukraine erhielt im Juni vergangenen Jahres Kandidatenstatus. Das Land muss deshalb nun die Nachhaltigkeitsprinzipien, die Klimaziele und die Rechtsvorschriften der EU umsetzen.

Gemeinsam können wir es schaffen. Und wir werden es schaffen, entweder über unsere Plattform, den „EU für die Ukraine“-Fonds, oder auf anderem Wege. Die Ukraine wird bleiben.

Vielen Dank!