In den 1970er-Jahren begab sich Professor Józef Piotrowski auf die Suche nach dem idealen Material für Sensoren. An der Warschauer Militärakademie gelang ihm ein wissenschaftlicher Durchbruch, der die Welt der Infrarot-Technologie verändern sollte.
Piotrowski und sein Team entwickelten Detektoren, die nicht mehr mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden müssen. Ein Geniestreich, der eine Fülle neuer Anwendungen eröffnete. Mit seiner Innovation gründete er 1987 VIGO Photonics, das seither Instrumente für die Fotonik (Lichtwellentechnologie) und Mikroelektronik herstellt.
Heute steht Piotrowskis Sohn Adam an der Spitze von VIGO Photonics. Mit der neuen Initiative HyperPIC will er die Innovationstradition fortsetzen. Bei HyperPIC geht es darum, Laser und Fotonendetektoren in einen winzigen Chip zu integrieren. Das könnte unsere Interaktion mit Alltagsgeräten grundlegend verändern.
„Stellen Sie sich eine Smartwatch vor, die nicht nur Ihre Schritte zählt, sondern auch noch den Blutzuckerspiegel in Echtzeit überwacht. Oder einen Kühlschrank, der Sie warnt, wenn etwas verdirbt“, erklärt Filip Costa, Corporate Finance Director von VIGO. „Und es gibt noch viel mehr Anwendungen für HyperPIC – in der Unterhaltungselektronik, bei Haushaltsgeräten, im Umweltschutz und der Medizin.“
Im September 2024 bekam VIGO von der Europäischen Investitionsbank eine Venture-Debt-Finanzierung von 21 Millionen Euro. Damit Europa bei Fotonik-Innovationen auch künftig ganz vorne mitspielt.
Das Unsichtbare sichtbar machen
Licht gehört zu unserem Alltag. Aber was Licht wirklich ist, haben wir erst im 20. Jahrhundert durch die Fotonik erfahren – die Wissenschaft, die die Erzeugung, Manipulation und Detektion von Licht untersucht. Und zwar sowohl Licht, das für uns sichtbar ist, als auch Licht im Infrarotbereich.
Die Untersuchung des Infrarotspektrums erlaubt, Materialzusammensetzungen nachzuweisen und zu analysieren. Ermöglicht wird dies durch Infrarotdetektoren, die selbst geringste Unterschiede bei den Wellenlängen von Infrarotstrahlung erkennen. Die modernen Geräte unterscheiden sich von anderen Detektoren vor allem durch eine besonders hohe Empfindlichkeit, die schnelle, genaue Messungen erlaubt.
VIGO Photonics produziert Infrarotdetektoren, komplette Infrarot-Detektionsmodule und epitaktische Wafer. Sie dienen allesamt zur Erfassung und Verarbeitung von Infrarotsignalen. Jetzt will das Unternehmen diese Komponenten in einen Fingerkuppen großen Chip integrieren – einen fotonisch integrierten Schaltkreis. Er ist der nächste große Schritt in der Branche und ebnet den Weg für völlig neue Anwendungen in Alltags- und Haushaltsgeräten. Mit dem kompakten Chip lassen sich einfach und bequem komplexe Tests durchführen. Ganz ohne aufwendige Laborausrüstung.
„Der HyperPIC kann in ganz unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden“, erklärt Costa von VIGO. „Vom Monitoring von Treibhausgasen und Industrieverschmutzung über die Überwachung der Luft- und Wasserqualität in Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden bis hin zu einem besseren digitalen Gesundheitsmonitoring durch Atemanalyse, Glukoseüberwachung und dem Nachweis von Rauschmitteln in Blut und Schweiß.“
Für Europas digitale Souveränität
Die Fotonik ermöglicht in immer mehr Bereichen Innovationen. Ihre Lösungen greifen da, wo traditionelle Technologien in puncto Geschwindigkeit, Kapazität und Genauigkeit an Grenzen stoßen.
Fotonik-Investitionen stärken Europas digitale Autonomie. Deshalb unterstützt die Europäische Investitionsbank VIGO. „Wir wollen, dass die EU auch morgen noch Hightech-Kompetenzen hat. Dass solche Innovationen in einer Stadt wie Warschau gedeihen, stimmt uns zuversichtlich“, sagt Andres Etzel Gavira, der bei der EIB Projekte für digitale Infrastruktur betreut.
Mit dem Geld der EU kann VIGO Photonics die Leistungsfähigkeit seiner Detektoren und Module verbessern und die Forschung und Entwicklung für neue Detektoren vorantreiben.
„Bei Finanzierungen für hochinnovative, riskante, aber disruptive Technologien, die ganze Branchen revolutionieren können mit langfristigen Folgen für Weltwirtschaft, klafft in Mitteleuropa eine Marktlücke“, erklärt Philippe Hoett, EIB-Kreditreferent für Venture-Debt-Finanzierungen, der das Darlehen an VIGO Photonics betreut.
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Fotonik-Technologie in Europa
Das Potenzial des HyperPIC-Projekts geht weit über VIGO Photonics hinaus. Mit ihrer Initiative will die Firma die gesamte Fotonik-Branche in Europa erreichen.
„HyperPIC dürfte eine Vielzahl von Anwendungen ermöglichen, für die herkömmliche Technologien zu unhandlich sind“, meint Costa.
HyperPIC soll auch die europäischen Akteure der Photonikindustrie und der Forschungsgemeinschaft enger miteinander vernetzen, um wissenschaftliche Durchbrüche zu fördern. Das Projekt wird zusammen mit führenden Unternehmen wie ams Osram und TRUMPF Photonic Components durchgeführt und von renommierten akademischen Einrichtungen unterstützt, darunter die Technische Universität Eindhoven, das Tyndall National Institute, die Politecnico di Milano, die Technische Universität Warschau, die Universitat Politècnica de València und das Łukasiewicz Institute of Microelectronics and Photonics.