Mit Energie aus grünem Wasserstoff könnten wir die letzten Meter der Dekarbonisierung schaffen

Isabel Geppert arbeitet seit über zehn Jahren daran, die Energieerzeugung und die Wirtschaft ganz allgemein möglichst CO2-arm zu machen.

„Ich habe mich immer für die vielfältigen Möglichkeiten interessiert, wie wir unser Energiesystem umbauen und nachhaltige Lebensgrundlagen schaffen können“, erzählt Geppert, die für die deutsche Regierung ein ehrgeiziges Investitionsprojekt für grünen Wasserstoff leitet. „Auf Wasserstoff bin ich vor zehn Jahren an der Universität gestoßen. Heute ist er in aller Munde, aber damals war das eine Nische.“

Geppert arbeitet als Spezialistin für die Energiewende im Pariser Büro der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die deutsche Entwicklungsprojekte in aller Welt leitet. Ende 2021 vereinbarten Deutschland und die Europäische Investitionsbank (EIB), bei einem Fonds für grünen Wasserstoff zusammenzuarbeiten. Seit 2022 helfen die EIB und die GIZ mit Geldern aus dem Fonds Ländern weltweit, grünen Wasserstoff zu nutzen. Deutschland hat 25 Millionen Euro für den Fonds gegeben; weitere Beiträge anderer Länder sind willkommen.

„Grüner Wasserstoff ist eine Option für die letzten Meter der Dekarbonisierung in Branchen, für die der Weg schwer ist“, sagt Geppert. „Er kann nicht nur beim Klimaschutz helfen, sondern auch bei anderen Entwicklungszielen.“

Guter und schlechter Wasserstoff

 Es gibt unterschiedliche Verfahren, um Wasserstoff zu erzeugen. Manche sind gut für die Umwelt und manche schlecht. „Grüner Wasserstoff“ wird mit Ökostrom aus Wasser abgespalten. „Brauner Wasserstoff“ entsteht aus der Vergasung von Kohle und macht 90 Prozent des weltweit erzeugten Wasserstoffs aus.

Um bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden, wie im Pariser Abkommen vorgesehen, müssen wir die Emissionen drastisch senken. In grünem Wasserstoff sehen viele den Schlüssel dazu. Der neue Wasserstofffonds finanziert technische Hilfe für Länder, die grünen Wasserstoff in ihren nationalen Klimaplan aufnehmen wollen und geeignete Projekte dafür suchen.

Der Fonds zählt zu den sogenannten Treuhandfonds der EIB, mit denen die Bank ihre Entwicklungsförderung außerhalb Europas vorantreibt und den einzelnen EU-Ländern hilft, ihre globalen Investitionsziele zu erreichen. Jeder Fonds hat einen bestimmten Schwerpunkt, wie Wasser, kleine Unternehmen oder Klimawandel. Betreut werden die Treuhandfonds von der EIB Global, dem Geschäftsbereich der Bank für Entwicklungsprojekte.

Die GIZ unterstützt bereits Marokko und Chile bei ihren Wasserstoffplänen. In Marokko soll eine leistungsstarke Anlage entstehen, die weite Teile Afrikas mit grünem Wasserstoff versorgen könnte. Darüber hinaus half die GIZ dem Land, einen Fahrplan für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft aufzustellen. Chile hat eine grüne Wasserstoffstrategie verabschiedet und will künftig Wasserstoff für den eigenen Bedarf und den Export erzeugen.

Erneuerbare Energien weiter ausbauen

Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Mit der heutigen Technologie lassen sich fossile Brennstoffe nicht komplett ersetzen – vor allem nicht in der Chemie- und der Stahlindustrie. Für sie hat grüner Wasserstoff großes Potenzial.

Vielen ist aber nicht klar, wo die Chancen und Herausforderungen beim Wasserstoff liegen. Für eine breite Nutzung müssen wir noch eine Menge Hürden nehmen und noch viel Aufklärungsarbeit leisten. Weite Teile der Wirtschaft sind derzeit nicht bereit, Wasserstoff zu nutzen, zumal grüner Wasserstoff in der Herstellung teuer ist. Einige Länder haben nicht genügend erneuerbare Energie dafür; in anderen fehlt es an Konzepten zur Förderung privater und öffentlicher Investitionen in die Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff.

Für GIZ-Spezialistin Geppert ist grüner Wasserstoff keine Wunderwaffe. Es ist nicht leicht, ihn nachhaltig zu transportieren, und bei der Herstellung geht viel Energie verloren.

Dafür gibt es Lösungen, aber sie müssen noch besser erforscht und weiterentwickelt werden. Wann immer möglich, sollte Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt werden, meint Geppert. Doch wenn das nicht geht, ist grüner Wasserstoff eine gute Alternative.