Start-up schützt Demenzkranke mit zucker- und glutenfreien Drops vor dem Austrocknen

Lewis Hornbys Großmutter litt schon seit Jahren an Demenz, als sie 2018 ganz plötzlich ins Krankenhaus musste. Erst dachte die Familie, ihr Zustand habe sich wegen der Krankheit verschlimmert. Tatsächlich aber war sie stark dehydriert. Dank einer Infusion kam sie schnell wieder auf die Beine.

Lewis studierte damals Innovationsdesign am Royal College of Art und am Imperial College in London. Schnell fand er heraus, dass Demenzkranke oft austrocknen.

Für seine Masterarbeit suchte er sich deshalb ein Projekt, mit dem er seiner Großmutter und anderen Betroffenen helfen wollte.

„Flüssigkeitsmangel ist sehr gefährlich und kommt leider viel zu häufig vor, nicht nur bei Demenzkranken“, erklärt Lewis. „Einer von fünf Pflegeheimbewohnern ist leicht dehydriert.“

Wie er im Gespräch mit Fachleuten erfuhr, gibt es mehrere Gründe, warum Demenzkranke oft nicht ausreichend trinken.

„Sie haben vergessen, dass Trinken den Durst löscht oder wofür ein Becher überhaupt da ist, oder sie können ihn nicht selbst halten.

Lewis zog einen Monat in das Pflegeheim seiner Großmutter und machte sich selbst ein Bild.  „Wenn ich einfach nur durch das Heim ging, war ich Luft für die Bewohnerinnen und Bewohner“, erzählt er. „Aber hatte ich eine Pralinenschachtel dabei, griffen sie gerne zu und fingen an zu plaudern.

Wasser als Süßigkeit getarnt

Die Beobachtung mit der Pralinenschachtel brachte ihn auf eine Idee für seine Masterarbeit. Er entwickelte eine Süßigkeit auf Wasserbasis, die in einer Schachtel serviert wird. Die bunten, tropfenförmigen und leicht zu haltenden Drops bestehen zu 95 Prozent aus Wasser und liefern sofort Flüssigkeit.

„Meine Oma aß auf Anhieb sieben Drops in zehn Minuten. Das Video davon wurde innerhalb weniger Wochen mehr als 100 Millionen Mal weltweit angeklickt“, erzählt er.

Das virale Video verschaffte ihm unter anderem Sendezeit bei BBC und Sky im Vereinigten Königreich. Über 50 000 Leute meldeten sich auf Lewis Hornbys Website an, viele wollten das Produkt ausprobieren, das er immer noch in seiner Küche produzierte.

Erst nach 18 Monaten Zusammenarbeit mit Ernährungsfachleuten waren die Jelly Drops marktreif.

Hornby gründete gemeinsam mit einer Partnerin und einem Partner ein Unternehmen und nannte das Produkt Pattinson‘s Jelly Drops. Dabei lehnte er sich an den Namen seiner Großmutter an, Pat Dickinson. Diese verstarb 2020, als das Produkt auf den Markt kam.

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© Jelly Drops
Lewis Hornby, Gründer von Jelly Drops, mit seiner Großmutter ©Jelly Drops

Seitdem wuchs das Team in London auf 16 Mitglieder. Über fünf Millionen Jelly Drops wurden bislang in Pflegeheimen im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten gelutscht.

Für seine innovative Idee wurde Jelly Drops schon mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem zweiten Preis im Wettbewerb für Soziale Innovation 2019, mit dem das EIB-Institut Lösungen für Sozial- und Umweltprobleme fördert.

Für sein weiteres Wachstum erhielt das Unternehmen außerdem 100 000 Pfund aus dem Accelerator-Programm der Alzheimer’s Society.

„Das Produkt besteht zu 95 Prozent aus Wasser, das mit Elektrolyten angereichert ist“, erzählt Hornby. „Es ist vegan, glutenfrei, ohne künstliche Farbstoffe, mit natürlichem Geschmack – fruchtig und süß. Die Drops sind fest, enthalten also keinen flüssigen Kern.“ Das macht die Handhabung einfach und verhindert Kleckern.

Neue Drops mit Vitaminen

Jeder Drops enthält 12,5 Milliliter Flüssigkeit, jede Packung enthält 24 Drops. Das Unternehmen vertreibt auch kleinere Behälter, die SnackPots, mit fünf Zehn-Milliliter-Drops. Eine Schachtel kostet knapp sieben Euro, die SnackPots etwas über einen Euro.

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© Jelly Drops
Eine Schachtel enthält 24 Jelly Drops mit jeweils 12,5 Millilitern Flüssigkeit ©Jelly Drops

Das Unternehmen expandierte jüngst in die Vereinigten Staaten und will auch Märkte in Kanada und in anderen Teilen Europas erobern. Das Forschungs- und Entwicklungsteam von Jelly Drops arbeitet derzeit an „Jelly Drops Plus“, die mit Vitaminen, Mineralien, Proteinen oder Ballaststoffen aufgepeppt werden können.

Lewis Hornby staunt immer noch über den schnellen Erfolg. Er erklärt ihn damit, dass er eine einfache Lösung für ein komplexes und weitverbreitetes Problem gefunden hat.

Er meint: „Das Produkt verführt zum Zugreifen und ermöglicht es den Menschen, sich eigenständig mit Wasser zu versorgen. Es ist einfach etwas Süßes, das allen schmeckt.“