Bahnbrechender Fonds zieht private Investitionen für Klimaschutz- und Entwicklungsprojekte an

Vor einigen Jahren begab sich Alastair Vere Nicoll in der eisigen Antarktis auf die Spuren des Polarforschers Roald Amundsen. Heute arbeitet der Fondsmanager an einem Ort, an dem es wesentlich wärmer ist als am Südpol. Doch sein Projekt ist genauso bahnbrechend wie die damalige Expedition des Norwegers.

250 Kilometer südlich von Addis Abeba steht er am Vulkan Corbetti, der zum Äthiopischen Graben gehört. Aufgrund der geologischen Besonderheiten steigt an dieser Stelle Wasser durch unterirdische Risse auf, wird durch die Vulkantätigkeit erhitzt und tritt als Dampf an die Oberfläche. Vere Nicoll und seine Kollegen wollen aus diesem Dampf Strom erzeugen. „Das ist wie ein Kohlekraftwerk – nur ohne Kohle.“

Im Staubkegel über dem Vulkan baut der Ökostrominvestor Berkeley Energy, den Vere Nicoll mitgegründet hat, Äthiopiens erstes unabhängiges Stromprojekt. Die Pilotphase soll in den nächsten zwei Jahren abgeschlossen sein. Vere Nicoll geht davon aus, dass das Corbetti-Kraftwerk in acht Jahren 500 Megawatt Strom erzeugen wird. Das entspricht etwa einem Viertel des Strombedarfs des Landes und reicht aus, um zehn Millionen Äthiopier zu versorgen. „Wir haben mehrere bahnbrechende Projekte in verschiedenen Schwellenländern auf den Weg gebracht. Aber dieses Kraftwerk ist wohl die wichtigste Anlage, an der wir in unserem ganzen Leben arbeiten werden“, so Vere Nicoll. „Es ist die Krönung unserer Laufbahn.“

Das Vorzeigeprojekt von Vere Nicoll ist ein gutes Beispiel für die Art von Vorhaben, für die sich einer seiner größten Geldgeber – der Globale Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien (GEEREF) – engagiert. Der Dachfonds sammelte zunächst öffentliche Gelder ein, um damit anschließend private Investoren ins Boot zu holen. Das gelang auch. Die privaten Gelder flossen, obwohl der GEEREF den Anlageschwerpunkt auf Projekte legt, die in der Regel als risikoreich gelten.

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Nützlicher Risikopuffer

Der GEEREF setzt die öffentlichen Mittel als Risikopuffer für private Investoren ein. Inzwischen hat der Fonds ein einzigartiges Portfolio aus Erneuerbare-Energien-Projekten in Entwicklungsländern aufgebaut. Der außerordentliche Erfolg ist Anlass für die GEEREF-Manager, in Kürze einen zweiten Fonds mit noch größerem Volumen aufzulegen. „Mit diesem Fonds haben wir weltweit die Nase vorn“, erklärt Christopher Knowles, Leiter der Abteilung Klimawandel und Umwelt bei der Europäischen Investitionsbank.

Der GEEREF wird bei der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg verwaltet. Die Fondsmanager arbeiten am Sitz der Bank und teilen sich einen einzigen Raum, in dem es sehr geschäftig zugeht. An den Wänden hängen Fotos ihrer Kinder und Landkarten der exotischen Orte, an denen der Fonds investiert. Auf dem kleinen Konferenztisch steht öfter mal selbstgebackener Schokoladenkuchen. Von diesem Raum aus leitet Fonds-Chef Cyrille Arnould – ein Franzose mit bissigem Humor und der Aura eines Freigeistes – ein Team, das inzwischen in rund 50 Projekte in Entwicklungsländern investiert hat und dessen Manager neu im Geschäft sind.

„Unser Fonds beweist, dass sich auch soziale Projekte gewinnorientiert durchführen lassen“, so Arnould.

Der Dachfonds wurde 2008 eingerichtet und war zunächst mit 112 Millionen Euro an öffentlichen Geldern ausgestattet. Die Mittel stammten von Norwegen, Deutschland und der Europäischen Union. Damit mobilisierte der Fonds 110 Millionen Euro an privaten Mitteln. Der GEEREF hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Er will:

  • Ökoenergieanlagen mit einer Leistung von 1 Gigawatt bauen
  • zwei Millionen Tonnen CO2 einsparen
  • zwei Millionen Menschen mit Energie versorgen

In erneuerbare Energien investieren, ohne Haus und Hof zu riskieren

Zentrales Element des GEEREF ist die Abdeckung von Erstverlusten: Die in den Fonds investierten öffentlichen Mittel dienen als Risikopuffer für private Investoren. Fährt der Fonds Verluste ein, werden diese zunächst durch die öffentlichen Mittel aufgefangen. Das gibt privaten Investoren mehr Sicherheit und animiert sie dazu, in einen Fonds zu investieren, der für sie sonst zu risikoreich wäre.

Garrie Lette, der einen mit 4,5 Milliarden Euro ausgestatteten Pensionsfonds im australischen Melbourne verwaltet, hat 42 Millionen Euro in den GEEREF investiert. „Dafür haben wir zwar nicht Haus und Hof verwettet“, erklärt Lette, Chief Investment Officer des Catholic Super. „Aber es ist trotzdem eine hohe Investition für uns.“

„Die Geldgeber, die in unseren Fonds investiert haben, erwarten hohe risikogewichtete Renditen“, erklärt Aglaé Touchard-Le Drian, Senior Investment Officer beim GEEREF. Die Rendite der Projekte im Fondsportfolio liegt bei gut 20 Prozent.

Garrie Lette räumt ein, dass Erneuerbare-Energien-Investments mit unerfahrenen Teams in Entwicklungsländern nicht unbedingt alle Kriterien erfüllen, die seine Gesellschaft erwartet. Doch ihm gefiel die Struktur des GEEREF. „Wir wollen Rendite bei vertretbarem Risiko. Die Abdeckung der Erstverluste durch den Fonds hat uns überzeugt.“

Mit öffentlichen Mitteln private Gelder mobilisieren

Die öffentlichen Mittel, die in den GEEREF investiert wurden, haben in etwa gleicher Höhe private Gelder mobilisiert. Sobald dieses Geld in Projekte fließt, werden damit weitere Investitionen gehebelt. Mit jedem Euro, den der GEEREF in ein Projekt investiert, stehen letztlich mehr als 50 Euro zur Verfügung. „Die Hebelwirkung ist beeindruckend“, erklärt Mónica Arévalo Calsina, Senior Investment Officer beim GEEREF. „Wir verringern das Risiko für den Privatsektor und erreichen dadurch ein viel höheres Investitionsniveau.“

Mit diesem Ansatz ist der GEEREF an mehreren Fonds beteiligt:

  • Evolution One – 90 Millionen US-Dollar, Projekte und Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umweltschutz im südlichen Afrika, Sitz in Kapstadt,
  • Renewable Energy Asia Fund – 86 Millionen Euro, Erneuerbare-Energien-Projekte in Indien und auf den Philippinen, Sitz in Singapur, Fondsmanager Berkeley Energy unter der Leitung von Vere Nicoll,
  • Frontier – 60 Millionen Euro, erneuerbare Energien in Ländern südlich der Sahara, Sitz in Nairobi und Kopenhagen,
  • Emerging Energy Latin American Fund II – 40 Millionen US-Dollar, Erneuerbare-Energien-Infrastruktur, Energiedienstleister in Lateinamerika und der Karibik, Sitz in Rio de Janeiro und Stanford (Connecticut),
  • Armstrong – 164 Millionen US-Dollar, kleine Projekte in den Bereichen erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz in Südostasien, Sitz in Singapur,
  • MGM Sustainable Energy Fund – 50 Millionen US-Dollar, Projekte in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Mittelamerika und der Karibik, Sitz in Miami,
  • Africa Renewable Energy Fund – 200 Millionen US-Dollar, Erneuerbare-Energien-Projekte in Ländern südlich der Sahara, Sitz in Nairobi, finanziert das Corbetti-Projekt,
  • Solar Arise – Zielvolumen von 100 Millionen US-Dollar, Photovoltaik-Projekte in Indien, Sitz in Gurgaon im nordindischen Bundesstaat Haryana,
  • Caucasus Clean Energy – Zielvolumen von 100 Millionen US-Dollar, kleine Wasserkraftanlagen in Georgien, Sitz in Tiflis und Singapur.

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Projekte, die Mut erfordern

Der GEEREF kann zwar in zahlreichen Regionen investieren. Die besten Wachstumschancen sieht Arnould allerdings im afrikanischen Ökostromsektor. Diese Meinung teilt auch Anders Hauch, Investment Director bei Frontier Investment Management. Der 44 Jahre alte Däne und seine Kollegen von Frontier finanzieren ein 45-Millionen-Dollar-Wasserkraftwerk am Siti River in der entlegenen Region des Mount Elgon in Uganda.

Die Anlage wird gerade in Betrieb genommen und soll bis Ende 2016 fünf Megawatt Strom erzeugen können. Die Turbinen stehen an der ersten, sehr hohen Gefällestufe, wo das Wasser mit der größten Kraft auf die Turbinen trifft. Bis Ende 2018 soll die Kapazität des Kraftwerks auf insgesamt 21 Megawatt erhöht werden. Dazu baut Frontier Turbinen an der zweiten Gefällestufe. Die Anlagen erzeugen dann 2,5 Prozent des gesamten Stroms in Uganda. Für die Region, die bisher nicht an das nationale Stromnetz angeschlossen war, hat das neue Kraftwerk eine ganz besondere Bedeutung.

Frontier ist ein gutes Beispiel dafür, in welche Fonds der GEEREF in der Regel investiert. Er ist ganz neu am Markt, sodass sich die Berater der EIB maßgeblich in die Fondsverwaltung einbringen können – Arnould leitet den Anlegerbeirat von Frontier. Vor allem investiert Frontier in noch nicht gebaute Anlagen, meidet also schon bestehende Projekte. So ist der Fonds von Anfang an dabei. Dieser „Zusatznutzen“ steht für den GEEREF im Mittelpunkt.

In den 60 Millionen Euro, die Frontiers verwaltet, sind zwölf Millionen Euro aus dem GEEREF enthalten. Durch diesen Beitrag konnte Frontier weitere Mittel aus anderen Quellen einwerben. „Der GEEREF hat uns sehr geholfen. Dadurch konnten wir weitere Investoren anziehen. Anschließend hat uns das GEEREF-Team zu potenziellen Investitionen beraten“, so Hauch. „Der Fonds spielt bei uns eine zentrale Rolle.“

Nachdem der GEEREF mit seiner Strategie bereits Erfolg hatte, bereiten sich Arnould und seine Kollegen auf die nächste Finanzierungsrunde vor. Der GEEREF II wird ein deutlich höheres Fondsvolumen anstreben. Privates Kapital soll dabei einen größeren Anteil ausmachen.

„Wir gehen davon aus, dass sich die gleichen Investoren mit deutlich höheren Beträgen als in der ersten Finanzierungsrunde beteiligen werden“, erklärt Gunter Fischer, Senior Investment Officer beim GEEREF. Die Erstverlusttranche wird prozentual kleiner sein als bei der ersten GEEREF-Runde.

„Wir mindern zwar immer noch das Risiko für die privaten Investoren“, so Arnould. „Aber wir brauchen keinen so großen Puffer mehr, denn unsere Erfolgsbilanz spricht für uns. Wir haben viel Vertrauen aufgebaut.“