Am 17. Oktober eröffnete Ricardo Mourinho Félix, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, die Konferenz der Europa-Mittelmeer-Universität Fès (UEMF) zum Thema „Die EIB und der Klimaschutz – eine globale, regionale und nationale Perspektive“.
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Universitätspräsident,
liebe Studentinnen und Studenten,
liebe Freunde,
es ist mir eine große Freude, heute hier zu sein.
Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, den heutigen Morgen mit uns zu verbringen.
Ich freue mich, mit Ihnen allen an dieser außergewöhnlichen Universität zu sein.
Einer Universität, die das Ergebnis einer einzigartigen Partnerschaft ist
zwischen der marokkanischen Regierung, der Europäischen Union und der Europäischen Investitionsbank.
Das zeigt auch, wie wichtig die Partnerschaft zwischen der EU und Marokko und unser großes Engagement für die Entwicklung des Landes sind.
Ganz im Geiste von Team Europa.
Was uns heute hier zusammenbringt, ist der Klimanotstand.
Im Vorfeld der COP 27 in Sharm el-Sheikh in Ägypten möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mit Ihnen über die Herausforderungen und Chancen der Klimawende zu sprechen.
Den Übergang zu nachhaltigen, CO2-armen Wirtschaftsmodellen.
Für mich lag es nahe, auf dem Öko-Campus der Europa-Mittelmeer-Universität Fès über dieses Thema zu sprechen.
Denn Sie sind zweifellos die Generation, der diese Herausforderungen am meisten bewusst sind.
Ihre Generation steht heute bei diesem Übergang in vorderster Linie.
Jetzt geht es darum, diesen Übergang gemeinsam für Sie und die nachfolgenden Generationen zu gestalten.
Ein Übergang, der gerecht sein muss.
Ein Übergang, der niemanden und keine Region zurücklässt.
Ich denke, dass die Europa-Mittelmeer-Universität Fès in dieser Hinsicht perfekt aufgestellt ist.
Vielfalt ist Reichtum, und hier ist Vielfalt Realität.
Sie sind 2 400 Studierende aus mehr als 40 Ländern.
Hier in Afrika, in einem Kontinent, der uns alle mit seiner Dynamik beeindruckt.
Afrika bietet heute eine Vielzahl von klimabezogenen Investitionsmöglichkeiten.
Neue Wertschöpfungsketten.
Von der Agrar- und Ernährungswirtschaft über erneuerbare Energien bis hin zur traditionellen Industrie – die Möglichkeiten sind enorm.
Wie Sie wissen, spielen Innovation und Technologie eine wichtige Rolle beim globalen Wandel.
Es ist klar, dass sich Technologien wie künstliche Intelligenz, Quantencomputer und fortschrittliche Fertigungstechnologien erheblich auf die Wirtschaft auswirken.
Deshalb ist die Europa-Mittelmeer-Universität Fès in der Region ein wichtiger akademischer Akteur.
Um die aktuelle Generation auf eine neue, dynamischere und fachlich qualifiziertere Arbeitsweise vorzubereiten.
Denn Innovation fördert Wohlstand und Wettbewerb.
Als die Bank der Europäischen Union und als Klimabank sind wir überzeugt, dass wir Forschung und Innovation intensiv unterstützen müssen.
Wie etwa an Ihrer Universität, um einen entscheidenden Beitrag zu Wirtschaftswachstum und qualifizierten Jobs zu leisten.
Wir sind stolz, der Universität bei der Schaffung dieses hochmodernen und exzellenten Umfeldes zur Seite zu stehen.
Mit Spitzentechnologien, Robotik, künstlicher Intelligenz und Verfahren zur Herstellung komplexer Objekte.
Und natürlich mit Ihrem neuen Gründerzentrum, von dem ich schon so viel gehört habe und das ich später besuche.
Die Europa-Mittelmeer-Universität Fès positioniert sich damit in perfektem Einklang mit den strategischen Zielen der EIB.
Als Klimabank der EU ist die EIB heute der weltweit größte multilaterale Geldgeber.
Wir bieten Know-how in Bereichen wie Klima, Gesundheit, Digitalisierung.
Auch zu Themen wie Integration, Inklusion und zu den Werten und Standards der Europäischen Union.
Diese Bereiche tragen nicht nur zu den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung bei, sondern sorgen weltweit auch für Frieden, Stabilität und Sicherheit.
In diesem Zusammenhang spielt Ihre Universität ebenfalls eine wichtige Rolle.
Sie bildet nicht nur hoch qualifizierte und innovative Fachkräfte aus, sondern vermittelt auch Werte wie Toleranz, Offenheit und Exzellenz.
Werte, die eine Quelle für Kreativität und Innovation sind.
Bevor wir in die Diskussion einsteigen, möchte ich noch das Klimaengagement der Bank hervorheben.
Wir engagieren uns heute weltweit.
Überall geht von neuen Technologien eine Schubkraft aus, um Anpassungsprojekte zu fördern und saubere Energien zu finanzieren.
Unser Klimabank-Fahrplan sieht vor, bis 2030 Investitionen von rund einer Billion Euro in Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit anzustoßen.
Dies entspricht mehr als 50 Prozent unseres Gesamtvolumens, einschließlich unserer Aktivitäten außerhalb der EU.
Etwa 35 Milliarden Euro pro Jahr.
In Einklang mit dem Pariser Abkommen finanzieren wir seit 2021 keine Projekte mehr, die fossile Brennstoffe nutzen.
Und seit mehreren Jahren genießen wir bei Anlegern höchstes Ansehen als Emittent, der strenge Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien anlegt.
So haben wir zum Beispiel 2007 die weltweit erste grüne Anleihe begeben und seit 2012 über 200 Milliarden Euro für Umweltprojekte bereitgestellt.
Sicherlich interessiert Sie auch, was wir hier in der Region tun.
In Nordafrika und im Nahen Osten investierte die EIB in den letzten zehn Jahren rund 20 Milliarden Euro.
Mit diesem Geld haben wir große öffentliche Infrastrukturprojekte gefördert.
Aber auch die Entwicklung des Privatsektors über unsere Finanzintermediäre.
Banken, Mikrofinanzinstitute und Fonds.
Besonders hervorzuheben ist, dass in den letzten zwei Jahren rund 30 Prozent unserer Finanzierungen in der Region in den Klimaschutz flossen.
Und Jahr für Jahr werden es mehr.
Allein in Marokko nimmt unser Klimaengagement jedes Jahr weiter zu.
Im Jahr 2021 entfielen bereits 70 Prozent unserer Finanzierungen auf Erneuerbare-Energien-Projekte.
Ein Beleg dafür, was die EIB als Klimabank bewirkt
und wie wichtig unser Klimaengagement ist.
Als Energieimporteur ist Marokko unmittelbar von den wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine betroffen.
Der Energiebedarf in Marokko steigt jedes Jahr um etwa sechs Prozent. Deshalb müssen unbedingt mehr erneuerbare Energien genutzt werden.
Genau das tut Marokko unter der Führung von König Mohammed VI.: Er will bis 2030 mehr als 50 Prozent des Strommixes aus erneuerbaren Quellen decken.
Denn die sind in Ihrem schönen Land reichlich vorhanden.
Dieser enorme Reichtum kann genutzt werden, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes voranzubringen.
Ich denke dabei an Solarstrom. Er deckt etwa 5 Prozent des nationalen Energiebedarfs, der seit 2020 um 20 Prozent gestiegen ist.
Die Windkraft deckt etwa 13 Prozent der nationalen Nachfrage, was einem Anstieg von 11 Prozent entspricht. Sie hat damit einen höheren Anteil am Strommix als Erdgas
und wird dank Marokkos Offshore-Windpotenzial künftig weiter wachsen.
Vor diesem Hintergrund haben wir letzten Monat eine Kooperationsvereinbarung mit MASEN zur Finanzierung einer Machbarkeitsstudie unterzeichnet.
Die Studie könnte den Weg für ein erstes Offshore-Pilotprojekt in Marokko ebnen.
Eines der ersten in Afrika.
Und wir dürfen die blaue Wirtschaft nicht vergessen.
Mit der Lage am Atlantik und am Mittelmeer hat Marokko ideale Voraussetzungen, um seine blaue Wirtschaft auszubauen.
Etwa in den Bereichen Energie oder marine Biotechnologie.
Nach Angaben der OECD könnten diese Sektoren sogar schneller wachsen als die Weltwirtschaft.
Ein Wachstum im Sinne der Wertschöpfung und der Beschäftigung.
Unsere Ozeane leiden unter den negativen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten.
Sie übersäuern durch die globale Erwärmung, und ihr Sauerstoffgehalt sinkt.
Der Plastikmüll in den Meeren bedroht Pflanzen, Tiere und andere Meeresorganismen.
Deshalb hat die EIB beschlossen den Meeresschutz über ihr Programm für saubere und nachhaltige Ozeane zu intensivieren.
Und wir hoffen, in der Region noch mehr tun zu können.
Was ist von der diesjährigen COP 27 zu erwarten, die vom 6. bis 18. November stattfindet?
Bisher haben wir beim Thema Klima und nachhaltige Entwicklung immer nach einem „Wundermittel“ gesucht.
Doch nun hat sich die Lage zugespitzt.
Schuld sind die sich gegenseitig verstärkenden Krisen auf der Welt.
Klima, Energie, Ernährung und Corona.
Gleichzeitig setzt Russland seine Energieressourcen als Waffe ein, um die Welt als Geisel zu halten.
Die aktuelle Energiekrise bietet jedoch auch die Gelegenheit, die grüne Wende zu beschleunigen.
Deshalb werden wir einen bedeutenden Beitrag zur COP 27 leisten und setzen alles daran, dass die Konferenz ein Erfolg wird.
Wir haben am Sharm el-Sheikh-Handbuch für gerechte Finanzierungen mitgearbeitet.
Auf der COP 27 werden wir eine Veranstaltung speziell zu diesem Thema organisieren – der Mobilisierung von privatem Kapital.
Ich hoffe, dass Sie bei einigen dieser Veranstaltungen, die live übertragen werden, dabei sein können.
Diesmal ist es eine „afrikanische Klimakonferenz“, und wir haben viel Erfahrung in der Region.
Wir stellen Initiativen im Bereich Ernährungssicherheit sowie Wasser- und Entsalzungsprojekte vor, aber auch grüne Innovationen, Erneuerbare-Energien- und Energieeffizienz-Vorhaben und Projekte für klimaresiliente Städte.
Zudem arbeiten wir eng mit der Europäischen Kommission und anderen Partnern zusammen, um die Maßnahmenpakete für eine gerechte Energiewende in verschiedenen Ländern zu unterstützen, privates Kapital zu mobilisieren und Investitionslücken zu schließen.
Die EIB unterstützt die ehrgeizigen Klimaziele Marokkos, insbesondere die national festgelegten Beiträge.
Die Bank ist seit 40 Jahren ein wichtiger Partner Marokkos.
Und wir begleiten das Land bei seinem Ziel, bis 2030 mehr als 50 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken.
Neue Investitionen in Solarenergie, Windkraft und grünen Wasserstoff sowie in Energieeffizienz und Klimaanpassung oder in die blaue Wirtschaft sind heute unsere wichtigsten Prioritäten.
Unser Portfolio im marokkanischen Energiesektor beläuft sich auf 1,5 Milliarden Euro.
Es ist eines der größten Portfolios der Bank in Marokko.
Darunter fallen etwa:
- Erneuerbare-Energien-Anlagen wie die Solarkraftwerke in Ouarzazate und Midelt in Kooperation mit MASEN
- Windparks mit einer Gesamtleistung von 850 Megawatt sowie Wasserverteilungs- und Abwassernetze in Zusammenarbeit mit dem ONEE
Wir müssen unsere Klimaziele erhöhen und schneller in grüne Energie investieren.
Um energieunabhängig zu werden und gleichzeitig die Klimakrise zu bekämpfen.
Genau das tut die Europäische Investitionsbank.
Liebe Studentinnen und Studenten,
Die Dürren und Brände in diesem Sommer in Marokko und in Europa zeigen uns, dass der Klimawandel ein weltweites Phänomen ist.
Eine Krise, die sehr real ist, unabhängig davon, ob Sie in der Wissenschaft sind oder nicht.
Wir müssen schnell handeln.
Wir müssen gemeinsam handeln.
Und wir müssen entschlossen handeln, jetzt.
Um die Krise erfolgreich zu bekämpfen, müssen Hochschulen und Privatsektor permanent eng zusammenarbeiten.
Dabei kommt Ihrer Universität eine wichtige Rolle zu.
Das weiß Ihr Präsident, Professor Bousmina, nur zu gut.
Wir haben beide an Universitäten unterrichtet und wissen, wie notwendig die Zusammenarbeit zwischen Forschungszentren ist.
Technologische Innovation beruht auf Spitzenforschung.
Für Technologien, die die CO2-freie Welt von morgen ermöglichen.
Sie alle sind wichtige Akteure in diesem friedlichen Kampf.
Dem Kampf für einen gerechten Übergang zu einer nachhaltigen, widerstandsfähigen und emissionsarmen Wirtschaft.
Es ist kein Geheimnis, dass wir mit unserer heutigen Technologie den Übergang zu einer CO2-freien Wirtschaft bis 2050 nicht schaffen.
Es bleibt nur noch wenig Zeit, um die Zukunft zu gestalten.
Jetzt ist der Moment gekommen, um
verstärkt neue Technologien einzusetzen und Projekte von der Pilotphase zur industriellen Reife zu bringen.
Damit unsere Träume wahr werden.
Wir können das schaffen.
Ja, das können wir.
Aber dazu müssen wir den Worten Taten folgen lassen ... durch sichtbare und greifbare Projekte.
Uns schneller und wirksamer für den Klimaschutz und Innovationen einsetzen.
Das ist die Aufgabe, vor der wir heute alle gemeinsam stehen.
Und sie ist keine Kleinigkeit.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.