Das Akaba-Amman-Entsalzungsprojekt soll die Wassernot des Landes innovativ und nachhaltig beenden

Das Abendessen ist im Ofen – Badezeit für die Kinder. Doch das Bad muss warten bis übermorgen, wenn es wieder Wasser gibt. Das ist die Realität in vielen Teilen Jordaniens, wo Wasser so knapp ist, dass es rationiert werden muss.

Ein Land gilt als wasserarm, wenn es im Jahr weniger als 500 Kubikmeter Wasser pro Person hat. Jordanien hat weniger als 100 Kubikmeter Süßwasser pro Kopf und Jahr. Zu wenig, um die Menschen zuverlässig mit Wasser zu versorgen. Viele haben Tanks auf dem Dach für die Zeit, in der nichts aus der Leitung kommt.

Ein neues Großprojekt soll das nun ab Ende 2028 ändern – das Aqaba-Amman Water Desalination and Conveyance Project. Der Plan: Im Süden des Landes, im Golf von Akaba, wird Wasser aus dem Roten Meer entnommen, anschließend entsalzt und 450 Kilometer nach Norden in die Hauptstadt Amman und ihre Umgebung geleitet. 300 Millionen Kubikmeter dringend benötigtes Wasser jährlich will Jordanien so gewinnen.

„Wenn die Anlagen in Betrieb sind, werden wir endlich rund um die Uhr versorgt. Dann müssen sich die Leute ihr Wasser nicht mehr einteilen“, sagt Souad Farsi, der die Europäische Investitionsbank in Jordanien vertritt. „Das wird ihnen das Leben wirklich erleichtern.”

Das Mammutprojekt ist das größte Infrastrukturvorhaben aller Zeiten für das Land und die Region. Es ist die Frucht der guten Zusammenarbeit zwischen dem jordanischen Staat, der Europäischen Investitionsbank im Team Europa und weiteren internationalen Akteuren. Drei Milliarden Euro soll das Ganze kosten und 4 000 Jobs in der Bauphase schaffen.

Im Dezember 2022 unterzeichnete die Europäische Investitionsbank einen Kredit über 200 Millionen Euro an Jordanien und beteiligte sich damit als erster Geldgeber an dem Projekt. Gegenwärtig läuft die Auftragsvergabe, im Juni 2024 soll es mit dem Bau losgehen. Die jordanische Regierung hofft, dass noch vor Ende 2028 entsalztes Wasser den Großraum Amman versorgt.



Ökologische und soziale Auswirkungen

Die Europäische Investitionsbank war von Beginn an in das Projekt eingebunden. Im Zuge der Planung für eine neue Entsalzungsanlage bat Jordanien die Bank 2019, eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung durchzuführen – als Grundlage für langfristige, ökologisch nachhaltige Best-Practice-Lösungen gegen die Wasserknappheit.

Die EIB setzte damals gerade ihre Resilienzinitiative um, die sie 2016 in der syrischen Flüchtlingskrise für die Länder der Region auf den Weg gebracht hatte. Im Rahmen dieser Initiative genehmigte der Verwaltungsrat der Bank 90 Millionen Euro für technische Hilfe.

Aus diesem Budget stammt auch das Geld für technische Hilfe beim Akaba-Amman-Projekt. Damit wurde die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung finanziert, die Consultants in Zusammenarbeit mit Jordanien durchführten. Weitere technische Analysen lieferte die US-Behörde für Internationale Entwicklung.

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In Jordanien haben die Menschen Tanks auf dem Dach, weil es nicht immer fließendes Wasser gibt

Gründe für Jordaniens Wasserarmut

Jordanien hat von jeher wenig Grundwasser und kaum Oberflächengewässer. Aber drei Faktoren verschärfen diesen natürlichen Mangel zusätzlich:

  • Durch den Klimawandel fällt weniger Regen, sodass die Grundwasserleiter nicht mehr gut aufgefüllt werden
  • Die Bevölkerung Jordaniens ist in den letzten zehn Jahren stark gewachsen, von 7,1 Millionen im Jahr 2011 auf 11,1 Millionen im Jahr 2022, hauptsächlich durch den Zuzug von Flüchtlingen. Bis 2040 soll sie auf 16,8 Millionen wachsen
  • Wasserverluste durch Lecks, Diebstahl und andere Gründe führen dazu, dass Wasser nicht dort ankommt, wo es hin soll

Bis 2040 will Jordanien die Wasserverluste in den städtischen Versorgungsnetzen von derzeit rund 50 Prozent auf 25 Prozent drücken. Dazu müssen über die nächsten zehn Jahre 1,7 Milliarden Euro investiert werden, rechnet das Ministerium für Wasser und Bewässerung.

Umweltbelastung durch Entsalzung und Pipeline eindämmen

Wasser zu entsalzen und quer durch das Land zu leiten, ist eine ökologische Herausforderung. Zwei Jahre arbeitete die EIB an der Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung des Projekts, weil die möglichen Schäden für die Umwelt nur mit umfangreichen Erhebungen zu ermitteln waren.

Die beauftragten Consultants „mussten Boote mieten, Taucher engagieren und über mehrere Perioden Daten erheben“ erklärte Harald Schölzel, Wasserexperte in der Abteilung für Wassersicherheit und Resilienz bei der EIB.

Für das Projekt gilt nun:

  • Das Meerwasser wird entnommen, ohne Meeresleben zu zerstören, wie etwa Rifflarven. Laut den Untersuchungen halten sich die Larven in einer bestimmten Tiefe auf. Wenn die Anlage ihr Wasser in einer anderen Tiefe langsam und aus einer großen Fläche zieht, schadet sie den Larven nicht.
  • Es gelangen keine Chemikalien aus dem Entsalzungsprozess ins Meer. Dazu wird eine Anlage zur Abwasserreinigung in die Entsalzungsanlage integriert.
  • Die Restsole wird sicher entsorgt. In der Simulation zeigte sich: Wird die Sole, die doppelt so salzig ist wie das Meerwasser, in hoher Geschwindigkeit über eine große Fläche aufs Meer hinausgeschossen, liegt die Salzkonzentration in 20 Meter Entfernung nur noch ein Prozent über dem normalen Wert. In 50 bis 100 Meter Entfernung ist kein Unterschied mehr messbar.
  • Beim Betrieb der Anlage und der Weiterleitung des Wassers über 400 Kilometer fallen nur geringe CO2-Emissionen an. Die Emissionen dürfen 3,2 Kilogramm CO2 je Kubikmeter Wasser nicht überschreiten.
  • Fotovoltaikfelder werden so aufgestellt, dass sie weder Naturschutzgebiete schädigen noch den Flugweg von 500 Millionen Vögeln stören, die Jordanien jedes Jahr überqueren.

„Als Klimabank haben wir mit der Regierung die optimalen Lösungen für die Stromversorgung des Projekts diskutiert“, sagt Alexander Abdel Gawad, Kreditreferent bei der EIB Global, dem Geschäftsbereich Entwicklung der EIB. „Schließlich verfügt Jordanien über reichlich erneuerbare Energien, vor allem Solarkraft.“



Finanzierung des Akaba-Amman-Entsalzungsprojekts

Nachdem die EIB Jordanien bei den technischen Spezifikationen des Projekts geholfen hatte, ging es an die Finanzierung. Die Gesamtkosten wurden auf rund drei Milliarden Euro veranschlagt, und die Bank holte weitere Partner mit an Bord, um das Projekt zu stemmen.

„Wir wollten bei der Finanzierung dabei sein, weil wir wussten, dass dann auch andere Geldgeber mitmachen“, so Abdel Gawad.

Die Bank sprach andere Akteure im Team Europa an, zu dem die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und deren Förderinstitute gehören.

Mit Erfolg: Auf einer internationalen Konferenz in Amman kamen im März 2022 Zusagen über 1,83 Milliarden US-Dollar an Zuschüssen und Krediten zusammen. Und mittlerweile, so das jordanische Ministerium für Wasser und Bewässerung, sind es schon 2,35 Milliarden US-Dollar.