Eröffnungsrede von EIB-Vizepräsidentin Teresa Czerwińska am zweiten Tag des Forums der EIB-Gruppe


Es gilt das gesprochene Wort


>@Blitz Agency/EIB

Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, Sie zum zweiten Tag des Forums der EIB-Gruppe zu begrüßen. Ich bin überzeugt, dass unsere gestrigen Diskussionen über die Mobilisierung produktiver Investitionen in Europa in einem schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld einen guten Auftakt für das heutige Programm bilden.

Besonders freut mich, dass die EIB heute zusammen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission auftritt, unseres wichtigen Partners bei Team Europa. Gemeinsam stellen wir uns den aktuellen und zukünftigen Widrigkeiten.

Wir erleben gerade wirklich außergewöhnliche Zeiten. Letzte Woche jährte sich der Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine zum ersten Mal. In dieser traurigen und schwierigen Situation schöpfen wir Inspiration aus der Stärke des ukrainischen Volkes.

Wir denken an die schlimmen Kosten dieses Kriegs für die Menschen in der Ukraine. An die Toten, die Zerstörung von Häusern und Infrastruktur, aber auch an den Mut und den Widerstand der Menschen, die international für Bewunderung sorgen.

In den letzten Jahren ist die Welt von einer Krise in die nächste geschlittert. Jetzt steht sie vor gleich mehreren Krisen auf einmal, wir sprechen von einer „Polykrise“.

Klimawandel, Krieg und Energiesicherheit stellen Europa vor große Herausforderungen. Aber wenn jede Krise auch eine Chance ist und wir jetzt so viele Krisen haben, dann ist dies auch die Zeit der „Polychancen“.

Jetzt müssen wir uns auf unsere Resilienz besinnen – auf unsere Fähigkeit, schwierige Zeiten durchzustehen und uns davon zu erholen. Aber wie können wir unsere Resilienz stärken, wenn wir vor so vielen Herkulesaufgaben gleichzeitig stehen?

Das Schlüsselwort heißt Zusammenarbeit. Globale Herausforderungen verlangen globale Antworten.

Als multilaterale Organisation wissen wir das. Schließlich ist Zusammenarbeit Teil unserer DNA. Ich bin stolz, dass die EIB Global als Teil von Team Europa über Global Gateway bis 2027 100 Milliarden Euro mobilisieren will.

Sie werden in den Nachmittagssitzungen noch mehr zur Global-Gateway-Initiative hören.

Ich bin auch stolz, dass Europa der Ukraine in der Not beisteht. Millionen Menschen aus dem Land haben in der Europäischen Union Zuflucht gefunden.

Die Europäische Investitionsbank hat fast zwei Milliarden Euro zur Unterstützung der Ukraine bereitgestellt.

Unsere Hilfe hat bisher alle Schlüsselbereiche der ukrainischen Wirtschaft erreicht – sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch im Privatsektor.

Zusammen mit unseren Partnern bei der Europäischen Kommission, in den internationalen Finanzinstitutionen und den EU-Mitgliedstaaten wollen wir unsere Unterstützung ausbauen – damit die Ukraine sich schnell erholen und als freies und demokratisches Land weiter entwickeln kann.

Deshalb hat die Bank diesen Monat grünes Licht gegeben, um Mittel für einen neuen Treuhandfonds einzuwerben. Über ihn soll unser Engagement in der Ukraine fortgeführt werden, wie Präsident Hoyer gestern sagte.

Wir bleiben fest entschlossen, das Land weiter zu unterstützen.

Der Krieg in der Ukraine hat uns außerdem vor Augen geführt, dass der grüne Wandel auch eine Frage der Sicherheit ist.

Dass wir kein Gas mehr aus Russland bekommen, ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr ist es unsere Abhängigkeit, die über Jahrzehnte immer größer geworden ist und aus der wir uns jetzt lösen müssen.

Die Dekarbonisierung ist der Schlüssel aus der Klima- und Umweltkrise. Sie ist der einzige Weg zu sicherer und bezahlbarer Energie für Europa und die Welt.

Die EIB stand bereits 2019 auf der richtigen Seite der Geschichte – mit ihren Energiefinanzierungsleitlinien. Wir beschlossen damals, keine Projekte mit fossilen Energieträgern ohne CO2-Minderung mehr zu finanzieren und uns stattdessen auf Vorhaben zu konzentrieren, die voll in Einklang mit dem Pariser Abkommen stehen.

Wenn wir Europas Abhängigkeit von russischem Öl und Gas bis 2030 verringern wollen, dann müssen wir fast 300 Milliarden Euro in grüne Technologien und den grünen Wandel investieren.

Als Bank der EU arbeiten wir eng mit unseren Partnern zusammen, der Europäischen Kommission und anderen EU-Institutionen. Wir stehen bereit, Europa durch die aktuelle Krise zu helfen, damit es stärker und unabhängiger daraus hervorgeht.

Im Rahmen des REPowerEU-Plans haben wir uns vorgenommen, bis 2027 neue Investitionen von 115 Milliarden Euro zu mobilisieren.

So wollen wir die Energieversorgung sichern und diversifizieren, die Energiewende beschleunigen und die Energieeffizienz EU-weit verbessern.

Das alles geschieht zusätzlich und parallel zu unseren sonstigen, ohnehin schon erheblichen Finanzierungen im Energiesektor.

Um die Energiewende zu beschleunigen, brauchen wir Innovation.

Der Investitionsbericht der EIB, den unsere Chefökonomin Debora Revoltella heute vorstellen wird, zeigt allerdings, dass europäische Firmen bei Innovationen oder der Einführung neuer Technologien immer noch hinter den US-Unternehmen zurückbleiben.

Das liegt unter anderem daran, dass europäische Innovatoren Unterstützung für vielversprechende neue Technologien oft woanders suchen müssen.

Entweder beschaffen sie sich ihr Wachstumskapital im Ausland, oder sie werden von globalen Konkurrenten aufgekauft.

Aber wenn neue Technologien aus Europa in Europa bleiben und für Europa genutzt werden sollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass diese Unternehmen ihr Wachstum mit europäischen Mitteln finanzieren können.

Wie Präsident Macron vor einigen Minuten sagte: Wir müssen ein europäisches Ökosystem aufbauen, das Risikobereitschaft und Innovation fördert.

Ich freue mich sehr, dass die EIB-Gruppe gemeinsam mit Frankreich, Deutschland, Belgien, Spanien und Italien die European Tech Champions Initiative gestartet hat. Die Initiative greift Europas innovativen Unternehmen unter die Arme, wenn sie in der Spätphase ihr Geschäft ausweiten müssen.

Dies ist der Weg, um die strategische Autonomie und die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern.

Meine Damen und Herren, wir beraten in diesem Forum darüber, wie wir uns am besten an die Veränderungen in der Welt anpassen können.

Trotz der zahlreichen Herausforderungen, vor denen wir gerade stehen, dürfen wir kurzfristige Aktionen nicht mit langfristigen Lösungen verwechseln. Und die Ursache des Problems nicht mit den Folgen.

Wir müssen als Wegbereiter der grünen Energiewende vorweg gehen und gemeinsam mit unseren Partnern gerechte und resiliente Gesellschaften schaffen.

Ich wünsche Ihnen heute eine informative und anregende Konferenz.

Und damit übergebe ich das Wort an Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission und EU-Kommissar für Handel.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.