Dr. Marc Ringel, Inhaber des Europäischen Lehrstuhls für nachhaltige Entwicklung an der Pariser Universität Sciences Po, berichtet über Erkenntnisse aus dem ersten Hackathon zur EIB-Klimaumfrage, bei dem Studierende aus Europa und Kanada umfangreiche Daten zu klimabezogenen Einstellungen und Verhaltensweisen untersucht haben. Ringel erklärt im Interview, wie die Initiative entstanden ist, was das Besondere daran ist und wie sie das Anliegen seines Lehrstuhls spiegelt, wissenschaftlich saubere, politisch relevante Forschungsergebnisse zur grünen Wende zu fördern. Von methodischer Exzellenz bis zu praxistauglichen Erkenntnissen für politische Entscheider zeigte der Hackathon, was gemeinsame Studien und datengestütztes Denken erreichen können.
Wie sind Sie überhaupt auf die Idee zu diesem Hackathon gekommen?
Zuerst hatten wir die Idee, für die Auswertung der Daten eine PhD- oder eine Masterarbeit anzubieten. Aber dann hätten wir die Ergebnisse erst nach Jahren oder Monaten gehabt – und es wäre nur eine einzige Analyse gewesen. Die Daten sind so umfassend, dass wir einen frischen Blick wollten, neue Ideen, was man analysieren könnte, und eine kreative Verknüpfung mit anderen Daten. So sind wir auf die Idee gekommen, einen Hackathon zu veranstalten.
Was hat diesen Hackathon rückblickend für Sciences Po, die Studierenden und das CARE-Netzwerk so besonders gemacht? Warum war er mehr als ein normales Seminar oder ein Workshop?
Ich denke, die Studierenden fanden es spannend, als erste an einem Datensatz zu arbeiten, der umfassend, herausfordernd und wirklich aktuell war, und daraus politisch relevante Erkenntnisse abzuleiten. Dass wir mit CARE auch Studierende unserer kanadischen Partneruniversitäten dazugeholt haben, hat dem Ganzen eine transatlantische Note verliehen.
Haben Sie aus Ihrer Sicht neue Erfahrungswerte gesammelt, wie man so etwas organisiert und durchführt?
Für uns war es wichtig, kreative aber auch wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erhalten. Mit Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen der Paris School of International Affairs (PSIA) und der School of Public Affairs (EAP) engagierten wir spezialisierte Tutoren, die die Studierenden begleiteten und als Mentoren unterstützten. Das hat meiner Meinung nach sehr dazu beigetragen, die Diskussionen zu lenken und den Studierenden bei ihren Analysen zu helfen.
Wie haben die Anleitung des Lehrstuhls und die Beteiligung des CARE-Netzwerks die Arbeit der Studierenden geprägt, Stichwort: Zugang zu Daten, Mentoring durch Experten oder Beschränkungen in der Praxis? Wie hat es das Endergebnis verbessert?
Es war eine echte Teamleistung von uns allen: von den Kolleginnen und Kollegen der EIB und des EIB-Instituts, von uns am Lehrstuhl und von der PSIA, der EAP und von CARE. Wir haben den Hackathon gemeinsam so gestaltet, dass die Studierenden ihre Fähigkeiten erweitern konnten, in einem Setting, das Spaß macht, aber auch wissenschaftlich solide ist. Ich denke, es war ein tolles Projekt, das das Anliegen des Lehrstuhls verdeutlicht: nämlich als Plattform zu fungieren für die Durchführung und Präsentation von Analysen zur grünen Wende.
Was macht die Ergebnisse der Studierenden aus Ihrer Sicht bei wissenschaftlicher Disziplin und Klarheit so besonders?
Alle Studierenden haben vollen Einsatz gezeigt. Sie haben bewiesen, dass sie hervorragend in der Lage sind, relevante Themen auszuwählen, relevante Fragen aus der Umfrage herauszulösen und mit Daten aus anderen wissenschaftlichen Quellen wie Eurostat zu verknüpfen. Vor allem diese Verknüpfung unterschiedlicher Datensätze erfordert methodische Kompetenz, und die haben die Studierenden bewiesen. Und: Sie haben Ergebnisse mit einem echten Mehrwert für politische Entscheidungsträger produziert.
Wenn eine Politikerin fragen würde, welche Erkenntnisse des Hackathons für die EU-Länder am relevantesten oder am praxistauglichsten sind, was würden Sie sagen?
Da gibt es Einiges. Ich nenne mal drei Erkenntnisse, die die Basis für viele weitere Empfehlungen bilden:
1. Klimaschutz, Vertrauen in den Staat und Pluralität der Medien gehen Hand in Hand. Das ist etwas Grundlegendes, das wir allzu oft übersehen. Unsere Demokratien zu stärken, ist auch für die Klimapolitik ein Win-win.
2. Staatsausgaben für die Klimapolitik haben Signalwirkung: Die Sichtbarkeit von Infrastrukturinvestitionen stößt notwendige Verhaltensänderungen bei Menschen und Unternehmen an. Das haben wir bei der Einführung von Solaranlagen oder bei der E-Mobilität gesehen, und wir können diesen Effekt auch in anderen Bereichen nutzen, etwa bei der Energieeffizienz oder bei sauberem Wasserstoff.
3. Es geht um Transparenz und Fairness. Die Menschen sind bereit, zusätzliche Belastungen wie Steuern auf sich zu nehmen, wenn klar kommuniziert wird, was mit dem Geld passiert, und wenn gewährleistet wird, dass alle sich beteiligen.