Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die European Banking Federation (EFB) haben am 22. und 23. März 2007 in Paris gemeinsam die zweite FEMIP-Konferenz (1) veranstaltet, die sich mit dem noch wenig untersuchten Thema der Geldüberweisungen der in die EU aus Mittelmeer-Drittländern eingewanderten Arbeitnehmer in ihre Heimatländer beschäftigt hat.

Die Besonderheit der Konferenz lag darin, den Bankensektor des Europa-Mittelmeerraums in die Überlegungen zu diesem Thema einzubinden: Etwa 350 Teilnehmer diskutierten zwei Tage lang mit 25 Referenten, unter ihnen rund 15 Vorstandsvorsitzende von Banken aus Europa und dem Mittelmeerraum, die Vertreter von fünf Zentralbanken (EZB, Banque de France sowie der Zentralbanken von Libanon, Algerien und der Türkei), Führungskräfte von internationalen Organisationen (OECD, Inter-American Development Bank, Afrikanische Entwicklungsbank), Entwicklungsagenturen (AFD, DFID, KFW) und Mikrofinanzinstituten und sowie Vertreter von Migrantengruppen.

Angaben zu den Referenten, die Konferenzbeiträge, Hintergrundinformationen und die Teilnehmerliste sind im Internet abrufbar unter http://www.eib.org/femip/conference/.

1 Ziele der FEMIP-Konferenz 2007

Mit der Organisation dieser Konferenz möchte die FEMIP - die als eine Art Entwicklungsbank der Partnerschaft Europa-Mittelmeer die Förderung einer beschleunigten Modernisierung der Volkswirtschaften der Mittelmeer-Partnerländer zur Aufgabe hat - die Diskussion zu drei Themenbereichen anregen:

  • Senkung der von den Migranten für ihre Geldüberweisungen zu tragenden Kosten und somit Stärkung ihrer Möglichkeit, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Ursprungsländer zu leisten;
  • Förderung der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Banken und den Partnerländern, um einen besseren Zugang der Migranten zu Finanzdienstleistungen zu gewährleisten;
  • Untersuchung der Bedingungen für eine erfolgreiche Nutzung der Geldströme von Migranten für die Finanzierung der Entwicklung in ihrem Herkunftsland.

In den auf der Konferenz vorgestellten Referaten wurden zwei Tatbestände und drei Prioritäten herausgearbeitet.

2 Die von der Konferenz festgestellten Tatbestände

1. Tatbestand: Im Bereich der Geldüberweisungen von Migranten gibt es im Europa-Mittelmeer-Raum im Vergleich zu den übrigen Regionen der Welt eine verzögerte Entwicklung hinsichtlich:

  • der Rolle des Bankensektors für die Migranten in Europa - mit Ausnahme insbesondere der türkischen Gemeinden in Deutschland und im Gegensatz zu der Situation der Lateinamerikaner in Nordamerika, Spanien und Portugal;
  • des Zusammenhangs zwischen Überweisungen und produktiven Investitionen - aufgrund der geringen Beanspruchung des Bankensektors durch die betroffenen Gruppen und ihres Informationsmangels ;
  • der Verfügbarkeit innovativer Instrumente zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung - mit Ausnahme insbesondere der türkischen Banken und im Gegensatz beispielsweise zu den mexikanischen Banken.

Somit haben die Migranten außer den sehr unsicheren informellen Überweisungskanälen oft nur die Wahl zwischen Postdienstleistungen und auf den Geldtransfer spezialisierten Agenturen; in diesem fast konkurrenzfreien Umfeld sind die finanziellen Konditionen wenig wettbewerbsfähig (und werden manchmal noch durch die Anwendung willkürlicher Wechselkurse verschlechtert), wodurch die Fähigkeit der Migranten, zur Entwicklung in ihrem Herkunftsland beizutragen, deutlich geschmälert wird.

2. Tatbestand:

Es gibt Veränderungen; es wäre sinnvoll, gemeinsame Strategien zu entwickeln.

Mit der zunehmenden Verwurzelung der Migrantengruppen in Europa und dem Entstehen von Mittelschichten in ihren Herkunftsländern verändert sich das wirtschaftliche Verhalten der Migranten in Richtung auf eine produktivere Verwendung ihrer Ersparnisse in dem jeweiligen Land. Diese Entwicklung ist für die Zusammenarbeit zwischen den Banken im Süden und im Norden in Bezug auf grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen für die Migranten und ihre Familien förderlich.

Zu beiden Seiten des Mittelmeerraums gibt es einige Erfahrungen mit der verstärkten Inanspruchnahme von Banken durch Migranten; insbesondere sind hier die türkischen, marokkanischen und tunesischen Banken zu nennen, aber auch mehrere europäische Institute, vor allem Genossenschaftsbanken und Sparkassen, die die Migranten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse als Kunden umwerben.

Es existieren also Initiativen - nicht nur im Norden - und dies ist sehr ermutigend. Dennoch finden die Migranten und ihre Familien noch keine lückenlose Kette für Bankdienstleistungen vor, die ihren Bedürfnissen hinsichtlich akzeptabler Überweisungskosten und Investitionsmöglichkeiten entspricht.

3 Handlungsprioritäten

In Anbetracht dieser Tatbestände wurden bei der Konferenz drei Handlungsprioritäten ermittelt:

  • Die erste bezieht sich auf die Transparenz des Marktes für Überweisungen: diese ist insbesondere durch die Einrichtung von elektronischen Informationsplattformen zu erreichen, die sich an die Migrantengruppen richten und die über die Kosten der verfügbaren Überweisungskanäle und der angebotenen Dienstleistungen Auskunft geben. Im Übrigen müssen die Bemühungen auf die Diversifizierung der Überweisungsmethoden ausgerichtet sein. In diesem Sinne empfiehlt die Konferenz die Öffnung der Postfilialen und dienstleistungen in den Herkunftsländern für eine Zusammenarbeit mit den Banken im Norden wie auch im Süden.
  • Die zweite bezieht sich auf die Modernisierung des Bankensystems in den Partnerländern und die Systematisierung der Partnerschaft zwischen den Instituten im Süden und im Norden mit dem Ziel, Spiegelbild-Finanzdienstleistungen für Migranten zu erbringen und eine gegenseitige Anerkennung des unterschiedlichen Hintergrunds der Kunden hinsichtlich des Bankensektors und der Wirtschaft insgesamt in den verschiedenen Teilen des Mittelmeerraums zu fördern. Entsprechend fordern die Konferenzteilnehmer die Ausbildung der Bankmitarbeiter in den südlichen Ländern im Bereich Risikomanagement und schlagen vor, einen für die Verknüpfung der Zahlungssysteme zwischen den Banken im Süden und im Norden geeigneten Regulierungsrahmen zu definieren.
  • Die dritte Handlungspriorität bezieht sich auf die Stärkung der Verbindung zwischen Geldüberweisungen und Investitionen in den Herkunftsländern. In dieser Hinsicht hat die Konferenz zwei Handlungsansätze geprüft: die Refinanzierung der Banken auf den internationalen Märkten durch Rückgriff auf Verbriefungsinstrumente (wie z.B. die Erfahrungen der türkischen Banken, deren Verbriefungsoperationen sich seit 1991 auf über 13 Mrd USD belaufen) und die Entwicklung von kooperativen Finanzierungsinstrumenten, vor allem der Mikrofinanzierungen.

4 Beitrag der FEMIP zur Verwirklichung dieser Prioritäten

Mit Hilfe der FEMIP soll die Verwirklichung dieser Prioritäten vor allem dadurch unterstützt werden, dass der FEMIP-Ministerausschuss (bestehend aus den Finanzministern der Länder des Europa-Mittelmeer-Raums) bei seinem nächsten Treffen am 13. und 14. Mai 2007 in Zypern für diese Problematik sensibilisiert wird, um Grundsatzentscheidungen im Rahmen der Wirtschaftsführung im Europa-Mittelmeer-Raum hinsichtlich der Verwaltung der von den Migranten verursachten Finanzströme zu skizzieren.

Durch ihre Finanzierungen und die technische Hilfe trägt die FEMIP auch weiterhin zur Stärkung der Kapazitäten des Bankensystems in den Partnerländern im Hinblick darauf bei, die Annäherung an die Banken der EU im Zusammenhang mit Bankendienstleistungen für Migranten zu fördern. Im Hinblick auf die Verbriefung könnten die ersten Erfahrungen, die mit dem diesbezüglichen Einsatz der FEMIP in Libanon gemacht wurden, dazu dienen, dieses Instrument auf andere Länder der Region zu übertragen.

Darüber hinaus könnten mit Hilfe von Risikokapitalmitteln der FEMIP die Ersparnisse von Einheimischen und Migranten zugunsten von Investitionen in die wirtschaftliche Entwicklung in den Partnerländern mobilisiert werden. Es wird vorgeschlagen, zu diesen Themen und zwecks Definition von angemessenen Bankprodukten die wissenschaftlichen Kapazitäten der Universitäten, mit denen partnerschaftliche Beziehungen zur FEMIP vereinbart wurden, in Anspruch zu nehmen.

Neben ihrer Funktion als Einrichtung der Entwicklungsfinanzierung ist die FEMIP auch ein Zentrum des Know-how und des Austauschs, das die Reformen und die Modernisierung in den neun Mittelmeer-Partnerländern fördert. Im Dezember 2006 hat der Europäische Rat für den Zeitraum 2007-2013 einen Betrag von 8,7 Mrd EUR bewilligt, die die FEMIP für die Entwicklung des Privatsektors, die regionale Integration und die wirtschaftlichen und sozialen Infrastrukturen verwenden kann. Im Vergleich zum Zeitraum 2000-2006 haben sich die verfügbaren Mittel fast verdoppelt (ohne Türkei, die seit Oktober 2005 Beitrittsland ist).


(1) Die FEMIP ist seit Oktober 2002 das Finanzierungsinstrument der Bank, mit dem im Rahmen des Barcelona-Prozesses die wirtschaftliche Modernisierung der EU-Partnerländer im Mittelmeerraum unterstützt wird.