FEMIP: ZIELE IM ERSTEN GESAMTJAHR IHRER TÄTIGKEIT ERREICHT, OPTIONEN FÜR IHRE KÜNFTIGE ENTWICKLUNG ERÖRTERT UND DARLEHEN ÜBER 270 MIO EUR ANGEKÜNDIGT
Die dritte Sitzung des Ministerausschusses der Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer (FEMIP) der EIB fand am 10. und 11. November 2003 in Neapel statt. Ziel der Sitzung war es, die Ergebnisse zu beurteilen, die im Rahmen der FEMIP im ersten Gesamtjahr ihrer Umsetzung erzielt wurden, und die künftigen Aussichten für den Einsatz der FEMIP zu erörtern. Der Ausschuss prüfte auch wichtige grundsatzpolitische Aspekte, mit denen die Partnerländer aus dem Mittelmeerraum bei ihrem Streben nach nachhaltigem und dauerhaftem Wachstum und Entwicklung konfrontiert sind.
Dieses Treffen auf Ministerebene fand unter dem gemeinsamen Vorsitz des italienischen Wirtschafts- und Finanzministers, Giulio Tremonti, und des Präsidenten der EIB, Philippe Maystadt, statt, die die Sitzung auch eröffneten. Ebenfalls anwesend war der für die FEMIP zuständige EIB-Vizepräsident Philippe de Fontaine Vive. Zu den Teilnehmern gehörten die 15 EU-Mitgliedstaaten und die 12 Partnerländer aus dem Mittelmeerraum sowie Vertreter der Europäischen Kommission, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank-Gruppe (Weltbank und Internationale Finanz-Corporation) und der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB). Der Sitzung des Ministerausschusses gingen im Laufe des Jahres Besuche des EIB-Präsidenten oder des EIB-Vizepräsidenten in fast allen Partnerländern voraus.
Auf der dritten Sitzung des Ministerausschusses der FEMIP wurde die Entschlossenheit der 27 Finanz- und Wirtschaftsminister der Europäischen Union und des Mittelmeerraums bestätigt, eine engere wirtschaftliche Partnerschaft zu schaffen. Außerdem wurden die im Rahmen der FEMIP erzielten Ergebnisse, die in vollem Umfang den in der Entschließung des Europäischen Rates vom März 2002 festgesetzten Zielen entsprachen, mit Befriedigung zur Kenntnis genommen.
Die FEMIP stellt einen wichtigen Fortschritt bei der finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Union mit den Mittelmeerpartnerländern dar. Vorrangige Ziele der FEMIP sind:
- umfassende Beteiligung der Mittelmeerpartnerländer an der Strategie der FEMIP mit der Einführung der Sitzungen des Ministerausschusses und der Eröffnung regionaler Vertretungsbüro in den Maschrik- und den Maghreb-Ländern;
- Schwerpunkt auf der Entwicklung des Wohlstand und Arbeitsplätze schaffenden privaten Sektors;
- Ausweitung der Investitionen in das Humankapital;
- stärkere technische Unterstützung bei der Planung tragfähiger Vorhaben und bei der Durchführung von Wirtschaftsreformen in den Mittelmeerpartnerländern;
- Einsatz innovativer Finanzierungsprodukte und von Risikokapital;
- schrittweise Erhöhung des jährlichen Tätigkeitsvolumens der EIB in den Mittelmeerpartnerländern von 1,4 Mrd EUR auf 2 Mrd EUR.
Bis 2006 beabsichtigt die EIB, in den Mittelmeerpartnerländern Finanzierungsmittel in Höhe von 8 bis 10 Mrd EUR zu vergeben. Die EIB verfügt über Mittel im Rahmen der bestehenden Finanzierungsmandate Europa-Mittelmeer, über ihr aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellte Risikokapitalmittel sowie über Mittel für technische Unterstützung und Investitionshilfe, die von der Europäischen Union in Anwendung der Beschlüsse des Europäischen Rates Barcelona (März 2002) bereitgestellt werden.
1 FEMIP - das erste volle Jahr der Tätigkeit (Oktober 2002 - Oktober 2003):
Im ersten vollen Jahr der Tätigkeit im Rahmen der FEMIP stellte die Bank neue Darlehen im Betrag von mehr als 1,8 Mrd EUR bereit und genehmigte 17 neue Investitionsvorhaben im Gesamtbetrag von weiteren 1,8 Mrd EUR. Die Finanzierungsmittel waren für fast alle Partnerländer des Mittelmeerraums bestimmt.
Aus der Tätigkeit der EIB geht die oberste Priorität für die Aktivitäten im Rahmen der FEMIP deutlich hervor, da mehr als ein Drittel der Finanzierungen einen direkten Beitrag zum Wachstum von Privatbetrieben leistet - und zwar entweder durch ausländische Direktinvestitionen (in der Türkei und in Tunesien), durch Jointventures, die aus der Zusammenarbeit zwischen Projektträgern aus Mittelmeerpartnerländern hervorgegangen sind (Algerien), oder durch Finanzierungsbeiträge für KMU (Ägypten, Syrien, Tunesien, Einrichtung eines regionalen Risikokapitalfonds). Gleichzeitig wurden aus Mitteln der FEMIP Vorhaben im Bereich Verkehrsinfrastruktur unterstützt, womit die Entwicklung des privaten Sektors in Marokko, Algerien, Ägypten, Libanon und Syrien gefördert wurde. Ebenfalls mitfinanziert wurden Projekte in den Sektoren Strom- und Wasserversorgung und Verteilung in Ägypten, Marokko und Tunesien sowie die Verbesserung der Gesundheitsinfrastruktur in Syrien und Tunesien und die Neugestaltung des Bildungssystems in Jordanien und der Türkei. Schließlich war die Tätigkeit im Rahmen der FEMIP auch darauf ausgerichtet, von Naturkatastrophen Betroffenen zu helfen, indem 250 Mio EUR für Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Erdbeben in Algerien im Mai 2003 bereitgestellt oder zugesagt wurden.
Positiv nahm der Ministerausschuss auch auf, dass alle notwendigen organisatorischen Maßnahmen - einschließlich der Schaffung einer neuen Abteilung Unterstützung der Entwicklung des Privatsektors und der Eröffnung des ersten Regionalbüros in Kairo - innerhalb eines Jahres vollständig durchgeführt wurden.
2 Künftige Entwicklung der FEMIP:
Vor dem Hintergrund der derzeitigen politischen Spannungen in der Region sind mehr Anstrengungen denn je zu unternehmen, um die Partnerschaft Europa-Mittelmeer zu intensivieren und die wirtschaftliche Entwicklung der Region voranzutreiben.
In der Entschließung des Rates Barcelona (März 2002), mit der die Einrichtung der FEMIP beschlossen wurde, wurde außerdem festgelegt, dass ein Jahr nach Inkrafttreten der Fazilität ein Beschluss hinsichtlich der Einrichtung einer auf die Bedürfnisse unserer Mittelmeer-Partner abgestellten Tochter-Bank im Mehrheitsbesitz der EIB ergehen wird. Dieser Beschluss soll anhand einer Evaluierung der im Rahmen der Fazilität geleisteten Arbeit und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Konsultationen mit unseren Partnern im Barcelona-Prozess gefasst werden. Gemäß der Entschließung des Europäischen Rates Barcelona sehen sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union derzeit mit drei Optionen konfrontiert: a) Weiterführung der Fazilität in Einklang mit dem Geschäftsplan für die Tätigkeit im Rahmen der FEMIP in den Jahren 2003-2006, b) Fassung des Beschlusses, die FEMIP in eine Tochterbank der EIB umzuwandeln, die speziell für den Mittelmeerraum zuständig ist, oder c) Stärkung der FEMIP, um den Umfang ihrer Tätigkeit und die Zahl ihrer Anteilseigner auszuweiten. Diese Optionen werden derzeit von den Mitgliedstaaten in Absprache mit anderen am Barcelona-Prozess Beteiligten geprüft. Ein entsprechender Beschluss dürfte aller Voraussicht nach von dem Anfang Dezember 2003 stattfindenden Europäischen Rat nach Konsultationen mit den Partnerländern im Mittelmeerraum gefasst werden.
Die Bank ist darauf vorbereitet, die tragfähige Option betreffend die mögliche Entwicklung der FEMIP, für die sich der Europäische Rat schließlich entscheidet, umzusetzen und rechtzeitig für die Genehmigung durch ihre Leitungsorgane einen Aktionsplan auszuarbeiten, in dem dargelegt wird, wie die neuen Aufgabenstellungen erfüllt werden können.
3 Erörterung grundsatzpolitischer Aspekte:
Vor der Sitzung des Ministerausschusses in Neapel fand ein Workshop statt, in dem grundlegende politische Voraussetzungen für nachhaltiges und dauerhaftes Wirtschaftswachstum und Entwicklung in der Region erörtert wurden. Dazu gehören folgende Punkte:
- Finanzierung von Infrastrukturvorhaben zur Unterstützung der Entwicklung der Privatwirtschaft: die Notwendigkeit von Reformen, durch die die Voraussetzungen für geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, und die Erforschung neuer Arten von angemessenen Finanzierungsinstrumenten, die eine stärkere Einbindung des privaten Sektors und damit zusammenhängende Betriebsformen ermöglichen.
- Erleichterung der Durchführung ausländischer Direktinvestitionen im Mittelmeerraum: Wie kann der institutionelle und aufsichtsrechtliche Rahmen verbessert werden ? Dies umfasst auch administrative Verfahren, das Rechtssystem und steuerliche Anreize.
- Finanzierungsinstrumente für die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU): Wie kann der Mangel an geeigneten Finanzierungsinstrumenten durch die Verbesserung der rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen, die Schaffung spezialisierter Finanzierungsinstitutionen und die Bereitstellung angemessener Finanzierungsprodukte (Eigenkapitalbeteiligungen, Leasingfinanzierungen, Garantiefonds usw.) beseitigt werden ?
Die nächste Sitzung des Ministerausschusses soll im Juni 2004 in Ägypten stattfinden. Ihr vorausgehen wird eine Sitzung hochrangiger Vertreter der einzelnen Regierungen, die die Vorbereitungsarbeiten leisten werden.
4 EIB gibt die Bereitstellung neuer Darlehen im Gesamtbetrag von 270 Mio EUR für eine Vielzahl von Sektoren bekannt:
Anlässlich der Sitzung des Ministerausschusses in Neapel gab die EIB die Bereitstellung neuer Darlehen im Gesamtbetrag von 270 Mio EUR für Verkehrsvorhaben auf regionaler Ebene und Projekte in den Bereichen Umwelt, Humankapital, Privatwirtschaft und Energie in Marokko und Tunesien bekannt. Ph. De Fontaine Vive, der Vizepräsident der EIB, der unter anderem auch für die FEMIP zuständig ist, gab in Anwesenheit des marokkanischen Ministers für Wirtschaft, Finanzen und Privatisierung, F. Oualalou, und des tunesischen Ministers für Entwicklung und Internationale Zusammenarbeit, M. Jouini, die Bereitstellung der folgenden neuen Darlehen bekannt:
In Marokko - 180 Mio EUR:
- 10 Mio EUR für marokkanische Mikrofinanzierungsinstitutionen in Form einer langfristigen Kreditlinie in Landeswährung, deren Mittel zur Förderung einer Vielzahl kleiner Investitionsvorhaben bestimmt sind, die von den Kunden dieser Institutionen durchgeführt werden. Mikrofinanzierungen haben sich als wirksames Instrument zur Bekämpfung der Armut, zur Verringerung der sozialen Ungleichgewichte und zur Entwicklung der grundlegenden Pfeiler der Privatwirtschaft erwiesen. Die Operation wird in Form eines Globaldarlehens an die gut etablierten marokkanischen Mikrokreditinstitutionen Al Amana und Zakoura abgewickelt.
- 30 Mio EUR werden dem Königreich Marokko zur Verfügung gestellt und sind für Berufsbildungseinrichtungen (Bau und Ausbau/Modernisierung von rund 30 Zentren für die Sektoren Fremdenverkehr, Textilindustrie und IT) bestimmt. Diese erste Operation der EIB auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung außerhalb der EU ist Teil der Strategie des marokkanischen Staates zur Entwicklung des privaten Sektors. Damit sollen Schulungsräumlichkeiten geschaffen werden, in denen jährlich rund 15 000 marokkanische Arbeitnehmer und Beschäftigungslose ausgebildet werden können. Darüber hinaus soll die Qualität der Berufsausbildung erhöht werden, indem die marokkanischen Arbeitskräfte mit den Grundzügen der wissensbasierten Wirtschaft vertraut gemacht, die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen geschaffen werden und marokkanische Unternehmen neue Möglichkeiten erhalten, die Fähigkeiten und Kenntnisse ihrer Mitarbeiter weiterzuentwickeln.
- 110 Mio EUR werden der Société nationale des autoroutes du Maroc (ADM) gewährt und sind für den Bau des Autobahnabschnitts Settat-Marrakesch bestimmt. Damit wird die Autobahnverbindung von Marrakesch über Casablanca und Rabat nach Tanger fertiggestellt. Mit dieser Autobahn wird eine Verbindung zwischen bedeutenden Zentren des wirtschaftlichen Wachstums in Marokko und zu den daran anschließenden Regionen - einschließlich der Europäischen Union - geschaffen. Auf diese Weise wird der inländische und internationale Personen- und Frachtverkehr verbessert, wodurch ein Beitrag zur Entwicklung der marokkanischen Wirtschaft und ihrer Außenhandelsbeziehungen geleistet wird.
- 30 Mio EUR erhält die Régie Autonome de Distribution d'Eau et d'Électricité d'Oujda (R.A.D.E.E.O.) für die Sanierung und den Ausbau der Trinkwasserversorgungs-, der Abwasserentsorgungs- und der Regenüberlaufinfrastruktur in der mittelgroßen Grenzstadt Oujda. Dies umfasst auch den Bau einer Kläranlage, die erstmals die Verwendung geklärter Abwässer in der Landwirtschaft ermöglicht und das Risiko der Verunreinigung umfangreicher Trinkwasservorkommen in dieser marokkanischen Provinz und im benachbarten Algerien verringert. Das Projekt geht aus einer Projektvorbereitungsstudie hervor, die von der EIB aus Zuschussmitteln im Rahmen des METAP und mit einem FEMIP-Zuschuss finanziert wurde, um ein dem Stand der Technik entsprechendes Projektmanagement sicherzustellen. Das Projekt wird von der EIB und drei arabischen Fonds kofinanziert.
In Tunesien - 90 Mio EUR:
- 35 Mio EUR erhält die Tunisacier S.A. für die Modernisierung eines Hüttenwerks in der Bucht von Sabra im Freihafen Bizerte in Tunesien, 60 km nordwestlich von Tunis. Es handelt sich hierbei um eine ausländische Direktinvestition, da die Tunisacier S.A. eine 100%ige Tochtergesellschaft des Riva-Konzerns ist, des größten italienischen Stahlerzeugers, der weltweit an neunter Stelle rangiert. Da das Projekt auf eine Privatisierung folgt, sind sowohl in der Produktion als auch beim Technologietransfer enge Verbindungen zwischen Tunesien und Italien gegeben. Die Finanzierungskonstruktion für das Projekt ist ein Beispiel für eine Operation mit Risikoteilung in der Region, und die Finanzierung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Banca Unicredito, einem langjährigen finanziellen Partner der EIB.
- 55 Mio EUR werden der Société Tunisienne de l'Électricité et du Gaz (STEG) für den Ausbau der Erdgasversorgungs-, -transport- und -vertriebsnetze in Tunesien gewährt. Diese Operation schließt an vier vorhergehende Darlehen an die STEG im Gesamtbetrag von 255 Mio EUR an, die im Zeitraum 1995-2002 unterzeichnet worden waren. Das Projekt betrifft mehrere Investitionen mit Standort in ganz Tunesien, mit denen folgende Ziele verfolgt werden: a) Einsatz eines Verschnitts aus importiertem Flüssiggas und Gas aus den tunesischen Erdgasfeldern im Süden des Landes, b) Erhöhung der Kapazität, der Flexibilität und der Sicherheit des Gastransportnetzes und c) Entwicklung der öffentlichen Verteilungskanäle in den Gebieten, durch die die Hauptversorgungsleitungen für Gas führen (in den Regionen Tunis, Sahelzone und Cap-Bon).
Die FEMIP wurde als Reaktion auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates Barcelona (15./16. März 2002) und die Europa-Mittelmeer-Konferenz in Valencia (22./23. April 2002) eingerichtet. Ihr Ziel ist es, die Partnerländer im Mittelmeerraum im Hinblick auf die bis 2010 zu vollendende Freihandelszone EU/Mittelmeerraum bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen, die die wirtschaftliche und soziale Modernisierung und eine stärkere regionale Integration an sie stellen.