Die Europäische Investitionsbank veranstaltet heute in Berlin in der Landesvertretung Brandenburg beim Bund eine Tagung zum obigen Thema. Die Tagung wird geleitet von Wolfgang Roth, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank.

An der Tagung nehmen als Redner teil: Bundesminister Wolfgang Clement (BMWA); Parl. Staatssekretär Karl Diller (BMF); Parl. Staatssekretär Achim Grossmann (BMVBW); Friedrich Merz, MdB; Dr. Peter Klaus, Vorstand der KfW; Ministerin Birgit Diezel, Finanzministerium Thüringen.

Nachstehend folgt eine Zusammenfassung der Rede von Wolfgang Roth:

PPPs für Infrastrukturinvestitionen in Deutschland -viel Diskussion, aber wenig Ergebnisse

Private-Public-Partnerships für die Planung, Erstellung, Finanzierung, das Management und den Betrieb von Infrastruktureinrichtungen werden in Deutschland eifrig diskutiert, aber wirklich passiert ist noch nicht viel. Bei den europäischen Nachbarn und sonstwo ist das anders. Weltweit werden jährlich Investitionen von 7,5 bis 9 Milliarden Euro mittels PPP getätigt, davon etwa 40 Prozent in Großbritannien, wo PPP Anfang der 90er Jahre entwickelt wurden. Die Europäische Investitionsbank hat diese Entwicklung von Anfang an aktiv begleitet und bislang in Europa rund 60 PPP Projekte mit Darlehen von insgesamt EUR 16 Milliarden finanziert. Die Bank gehört damit zu den wichtigsten Finanziers in diesem Sektor.

In den letzten Monaten hat die EIB ihre europaweite Erfahrung mit verschiedenen Ministerien der Länder und des Bundes ausgetauscht, um dazu beizutragen, PPPs auch in Deutschland voranzubringen. Die kritische Lage der Haushalte von Bund , Ländern und Kommunen gibt allen Anlass, neue Finanzierungsmodelle anzuwenden und damit Haushaltsengpässe zu überbrücken und Investitionsstaus auflösen. Die Bruttoinvestitionen des öffentlichen Sektors sind von über 3 Prozent des BIP Anfang der 80er Jahre auf rund 1,8 Prozent zurückgefallen. Dabei ist der Investitionsbedarf enorm, für neue Transportwege, insbesondere Ost-West-Verbindungen, für Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser.

Mit PPP können Infrastrukturinvestitionen mit geringeren Kosten, in kürzerer Zeit und häufig auch mit geringeren laufenden Betriebskosten realisiert werden. PPPs leisten daher einen wesentlichen Beitrag zur Modernisierung und Effizienzsteigerung des öffentlichen Sektors sowie zum bestmöglichen Einsatz von Kapital. Erfahrungen in Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Portugal und Griechenland zeigen, dass Einsparpotentiale in der Größenordnung von 10 bis 20 Prozent erzielt werden können, verglichen mit den Kosten von in staatlicher Regie hergestellter und betriebener Infrastrukturen.

Bei PPPs sucht die öffentliche Hand in einem Wettbewerbsverfahren Unternehmen als private Partner aus. Von den möglichen Partnern kann, je nach angewandtem PPP-Modell, verlangt werden, die Finanzierung wie die Planung, den Bau, den Betrieb und sämtliche Unterhaltungsarbeiten komplett anzubieten. Der private Partner erzielt seinen Gewinn entweder als bestimmten Anteil an den Erlösen, etwa aus Straßennutzungsgebühren, oder er erhält Zahlungen des Staates über die gesamte Vertragsdauer hinweg, die bis zu 30 Jahre betragen kann. Gleichzeitig haftet der private Partner für mögliche Kostenüberschreitungen und wird mit Strafgeldern belegt, wenn die vereinbarten Leistungen nicht zur vereinbarten Zeit erbracht werden. Detaillierte Untersuchungen des britischen Rechnungshofes (National Audit Office) haben ergeben, dass bei öffentlichen Investitionen, die als PPPs durchgeführt wurden, Preisüberschreitungen im Durchschnitt 70 Prozent weniger und Verspätungen bei der Fertigstellung 66 Prozent weniger häufig vorkamen.

PPP-Modelle zielen also in erster Linie auf Kosteneffizienz bei der Beschaffung und dem Unterhalt von Infrastrukturleistungen und nicht, oder zumindest nicht vorrangig, auf die Erschließung neuer Finanzierungsquellen oder die Finanzierung außerhalb der öffentlichen Haushalte. Die in Deutschland teilweise ideologisch geführte PPP-Debatte, von wegen Verstoss gegen die Prinzipien von Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit und Schaffung von Schattenhaushalten, geht daher an der Sache vorbei.

Um mit PPPs die Effizienz zu steigern, kommt es darauf an, die Kosten einer Investition über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu erfassen und zu planen. Die Anfangsinvestition, die Betriebs- und Wartungskosten, die Instandhaltungs- und Ersatzinvestitionen sowie die Finanzierungskosten müssen sämtlich erfasst werden, und zwar schon in der Planungsphase. Nur wer alle Kosten alternativer Projekte kennt, kann richtig entscheiden. Erfahrungen zeigen auch: Je größer die Zahl der privaten Bewerber für ein PPP, je stärker stärker der Umsetzungsprozess standardisiert werden kann, je beherrschbarer das Risiko und je planbarer der Erfolg des Projekts wird (und damit beispielsweise in die Kalkulationsgrundlagen der kreditgebenden Banken eingehen kann), desto geringer sind die Kosten für die Herstellung eines Infastrukturprojekts und die Gebühren für seine Nutzung durch die öffentliche Hand oder private Nutzer.

In der Bundesrepublik verlangen die Bundeshaushaltsordnung und entsprechende Gesetze und Verwaltungsvorschriften für die Länder- und Kommunalverwaltungen wirtschaftliches Handeln und Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Aber die Kosten und Erträge über den gesamten Lebenszyklus einer Investition, die Projektrisiken und Zinskosten, die Abschreibungen auf die Investition werden heute nicht angemessen erfasst. Dadurch wird nicht nur eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsbeurteilung verschiedener staatlicher Investitionen erschwert, sondern erst recht der Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen einer in ausschließlich staatlicher Regie und einer über ein PPP-Modell zu realisierenden Investition. Das bedeutet, um die Vorteile von PPPs gegenüber der traditionellen Beschaffung durch die öffentlichen Hände richtig abschätzen zu können, muss zuallererst ein anerkannter, an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientierter Bewertungsmassstab eingeführt werden. Solch ein Maßstab ist auch notwendig, um einen Vergleich zwischen den verschiedenen PPP-Modellen zu ermöglichen, denn bei jedem Modell sind die Projektrisiken unterschiedlich zwischen der öffentlichen Hand und dem privaten Partner verteilt. Idealerweise werden die Projektrisiken einschließlich politischer Risiken und Naturgefahren dorthin verlagert, wo sie am besten zu handhaben sind. Mit dem teilweisen Transfer der Risiken in den privaten Sektor erhält der Staatssektor Zugang zu den Vorzügen privaten Risikomanagements. Die Gefahr, dass Projekte sich verzögern oder sogar scheitern, wird erheblich reduziert.

Europaweite Erfahrung zeigt, dass die partnerschaftliche Aufgabenteilung zwischen Staat und Wirtschaft strikt nach der Regel erfolgen muss, dass jeder das machen soll, was er am besten kann. Ebenso zeigt sich, dass maximale Kosteneinsparungen erst nach einer längeren Lernphase erreichbar sind. Und klar ist natürlich auch: PPPs sind kein Allheilmittel und die Durchführung eines Projekts in öffentlich-privater Partnerschaft ist noch keine Erfolgsgarantie. Ein schlechtes Projekt bleibt ein schlechtes Projekt, gleichgültig ob mit oder ohne PPP. Wichtig ist die frühzeitige Einbindung der privaten Partner in die Planung, insbesondere auch der Banken. Die Banken werden sich dann an der Finanzierung von PPPs beteiligen, wenn die Risiken klar definiert und eingegrenzt sind. Dann lässt sich ausreichend Fremdkapital zu angemessenen Konditionen mobilisieren.

Für eine umfassende und erfolgreiche Anwendung von PPPs ist ein hoher Grad an Koordination, Kooperation und Erfahrungsaustausch zwischen privatem und öffentlichem Sektor sowie zwischen den verschiedenen öffentlichen Stellen erforderlich. Ein wichtiger und in anderen Ländern sehr erfolgreich angewendeter Schritt ist die Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums, das Beratungsdienste leistet, strategische Beratung in der Frühphase von Projekten bis hin zur Entwicklung von Handlungsleitfäden für die Beurteilung von Investitionsvorhaben. Von zentraler Bedeutung ist auch die Erarbeitung eines an betriebswirtschaftlichen Kriterien ausgerichteten Bewertungsmaßstabs für den Wirtschaftlichkeitsvergleich. In Deutschland ist es besonders wichtig, die Städte und Gemeinden, die den größten Teil der öffentlichen Infrastrukturinvestitionen zu bestreiten haben, in den Prozess einzubinden. Denn hier sind mittelfristig die größten Effizienzsteigerungen zu erwarten, und hier sind auch die Investitionen am stärksten zurückgegangen. Ebenso gilt es, die gesetzlichen Grundlagen für PPPs zu überarbeiten, nicht mit dem Ziel, PPPs zu begünstigen, sondern um die Vielzahl bestehender Behinderungen zu beseitigen.