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  • Projekt soll die Rückfallquote von Ex-Sträflingen senken und ihre reibungslose Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen
  • Fachkräfte der EIB prüfen mit dem italienischen Justizministerium die Möglichkeit eines Social-Impact-Bonds
  • Momentan konzentrieren sich die Maßnahmen nur auf die Lombardei, sie werden jedoch eventuell ausgeweitet

Die Europäische Union berät über die Europäische Plattform für Investitionsberatung das italienische Justizministerium bei der Umsetzung von innovativen Finanzierungs- und Auftragsvergabemethoden, um die Rückfallquote von Ex-Sträflingen zu senken. Die Europäische Plattform für Investitionsberatung wird von der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank finanziert. Sie wird das Ministerium bei seiner Aufgabe unterstützen, Häftlinge durch innovative Finanzierungsmodelle wie Social-Impact-Bonds wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

Die entsprechende Vereinbarung wurde über die Beratungsplattform für an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe abgeschlossen und diese Woche von der Hauptabteilung Beratungsdienste der EIB und der Abteilung Justizvollzugsbehörden des italienischen Justizministeriums unterzeichnet. Fachkräfte der EIB werden eine umfassende Machbarkeitsstudie zur Emission eines Social-Impact-Bonds durchführen. Es handelt sich hier um eine innovative ergebnisorientierte Finanzierungslösung, die die Beteiligung privater Investoren – mit Risikoteilung – an Arbeitsmarktinitiativen mit messbarem Outcome vorsieht.

Die Vereinbarung wurde auf der Grundlage der Investitionsoffensive für Europa unterzeichnet. Dadurch kann die EIB Projekte finanzieren, die aufgrund ihrer Struktur oder Art besonderen Zusatznutzen bewirken. Auch wenn diese Initiative momentan auf die Lombardei begrenzt ist, arbeiten die EIB und die italienische Verwaltung an einem Konzept, das in größerem Umfang eingesetzt werden kann.

Paolo Gentiloni, EU-Kommissar für Wirtschaft: „Aufgrund der über die Europäische Plattform für Investitionsberatung der Investitionsoffensive für Europa bereitgestellten technischen Hilfe kann das italienische Justizministerium zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung von Sträflingen beitragen – zuerst in der Lombardei, aber später hoffentlich auch in anderen italienischen Regionen. Möglich wird dies durch neue Finanzierungslösungen wie etwa Social-Impact-Bonds. Dadurch können wir nicht nur ehemalige Sträflinge gesellschaftlich und wirtschaftlich wieder eingliedern, sondern auch die Kosten für die öffentliche Verwaltung gehen zurück.“

Dario Scannapieco, EIB-Vizepräsident mit Aufsicht über die Finanzierungen der Bank in Italien: „Wir freuen uns, das italienische Justizministerium bei seinen Maßnahmen zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung von Häftlingen zu unterstützen, indem wir auf innovative Finanzierungsmodelle wie etwa Social-Impact-Bonds zurückgreifen. Gerne geben wir unser Know-how auf diesem Gebiet weiter und sind stolz darauf, dass immer mehr EU-Länder an solchen innovativen Methoden zur Finanzierung sozialer Dienstleistungen interessiert sind. Die Zukunft gehört einem Wirtschaftswachstum, das alle einschließt und niemanden außen vor lässt.“

Alfonso Bonafede, Justizminister der Italienischen Republik: „Mit dieser Initiative ist Italien Vorreiter auf dem Gebiet der Sozialpolitik. So können wir innovative Projekte umsetzen und das Risiko mit Geschäftspartnern aus dem Privatsektor teilen. Wenn diese wegweisenden Ansätze Erfolg haben, können sie auch in anderen Regionen eingesetzt werden und es der öffentlichen Verwaltung erleichtern, die Aufgaben des Strafvollzugssystems zu erfüllen, nämlich seinen pädagogischen Anspruch einzulösen. Die Zusammenarbeit mit qualifizierten Partnern wie der EIB ist entscheidend, um die Rückfallquote bei Ex-Sträflingen zu senken. Diese beträgt momentan ca. 68 Prozent, was soziale Kosten von rund 130 Millionen Euro pro Jahr zur Folge hat. Wenn die Häftlinge nach Verbüßen ihrer Strafe beruflich sattelfest werden, steigen ihre Chancen auf Eingliederung in die Gesellschaft und die Arbeitswelt. Sozialunternehmer und soziale Investoren wissen, dass das italienische Justizministerium großes Interesse daran hat, ihre Pilotprojekte zu unterstützen. Dies ist eine sehr vielversprechende Form der Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor – und wir freuen uns über den Beistand der EIB, der wir herzlich dafür danken.“

Bernardo Petralia, Leiter der Abteilung Justizvollzugsbehörden: „Als Abteilungsleiter begrüße ich die Partnerschaft zwischen dem Justizministerium und der EIB zur Verbesserung des Strafvollzugssystems. Es handelt sich hier um eine europaweite Premiere. Wir hoffen, dass diese Zusammenarbeit zur Entwicklung eines neuen Finanzierungs- und Organisationsmodells führt, das privates Kapital und EU-Mittel einsetzt, um soziale Ziele zu erreichen. Das Modell soll nach einem Probelauf in der Lombardei bereits 2021 auch in anderen italienischen Regionen verwendet werden.“

Social-Impact-Bonds können der Erprobung innovativer Maßnahmen dienen, die einerseits dem pädagogischen Anspruch der verhängten Haftstrafen entsprechen und andererseits den Häftlingen soziale Kompetenzen und spezielle Kenntnisse vermitteln, damit ihre Chancen steigen, nach der Haftentlassung Arbeit zu finden. Letztlich sinken durch die Wiedereingliederung von Ex-Sträflingen die der öffentlichen Verwaltung entstehenden Kosten – und die Zielpersonen verfügen über ein Einkommen.

Hintergrundinformationen

Die Beratungsplattform für an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe

Die Unterstützung wird im Rahmen der Beratungsplattform für an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe bereitgestellt, die Anfang 2020 eingerichtet wurde und von der Europäischen Plattform für Investitionsberatung finanziert wird. Die Plattform soll die Entwicklung und den Einsatz von Methoden für die an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe (beispielsweise in Verbindung mit Social-Impact-Bonds und anderen innovativen Finanzierungsoptionen) fördern. Diese sind als strategisches und unmittelbar umsetzbares Instrument für die soziale Eingliederung gedacht, um das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger in Europa zu verbessern.

Mehr zur Beratungsplattform für an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe

Die Europäische Plattform für Investitionsberatung

Die Europäische Plattform für Investitionsberatung (EIAH) ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Investitionsbank-Gruppe und der Europäischen Kommission und Teil der Investitionsoffensive für Europa. Sie ist eine zentrale Anlaufstelle für umfassende Beratungsleistungen und technische Hilfe. Die EIAH hilft bei der Ermittlung, Vorbereitung und Entwicklung von Projekten in der Europäischen Union. Ihre Beraterinnen und Berater arbeiten direkt mit den Projektträgern ein maßgeschneidertes Beratungspaket für die Investitionsvorhaben aus.

Mehr zur Europäischen Plattform für Investitionsberatung: https://eiah.eib.org/

Die Abteilung Justizvollzugsbehörden

Die Abteilung Justizvollzugsbehörden (Dipartimento dell'Amministrazione Penitenziaria – DAP) ist eine der vier Abteilungen des italienischen Justizministeriums. Die Hauptaufgabe der DAP ist es, für Ordnung und Sicherheit in Gefängnissen zu sorgen. Umgesetzt wird diese Aufgabe von Justizvollzugsbeamten. Die DAP ist unter anderem dafür zuständig, Vorsorgemaßnahmen im Zusammenhang mit Gefängnisaufenthalten und Haftstrafen sowie Sicherheitsmaßnahmen während der Haft und Alternativen zu Gefängnisaufenthalten zu gewährleisten. Die DAP ist in vier Behörden mit Zuständigkeit für regionale Justizvollzugsanstalten untergliedert, die Haftanstalten für Erwachsene in allen italienischen Regionen verwalten.

Die an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe

Die an sozialen Ergebnissen orientierte Auftragsvergabe („Social Outcome Contracting“ – SOC) umfasst neuartige Ansätze, bei denen die öffentliche Verwaltung Dienste in Auftrag gibt, die erwünschte und erreichbare soziale Ergebnisse erbringen sollen. Diese Ergebnisse werden vorab mit dem Dienstleister vereinbart – und zum Einsatz gelangen spezielle Methoden wie etwa Social-Impact-Bonds. Die Geschäftsbeziehung zwischen der öffentlichen Beschaffungsbehörde und dem Dienstleister beruht auf vorab vereinbarten sozialen Outcomes (beispielsweise eine geringere Rückfallquote, die soziale Eingliederung schutzbedürftiger Gruppen usw.) und nicht nur auf Outputs.

SOC-Modelle sehen in der Regel das Einbeziehen privater Investoren, die Finanzierung von innovativen Lösungen für die Bereitstellung sozialer Dienste und Zahlungen vor, die vom tatsächlichen Erreichen der vertraglich vereinbarten Ergebnisse abhängen.

Diese Auftragsvergabe- und Finanzierungsmethode gewährleistet Transparenz und eine bessere Kontrolle der Ergebnisse, da vorab Kennzahlen festgelegt werden müssen, um zu erfassen, inwieweit die Ziele erreicht wurden.