Wer ein Geschäft auf einer entlegenen Pazifikinsel betreibt, hat es nicht leicht. Noch schwerer wird es aber im Hinterland der Insel. Eine einheimische Bank will die kleinen Betriebe dort nicht länger ihrem Schicksal überlassen.

Fast alle Unternehmen in Neukaledonien haben sich in der Hauptstadt Nouméa angesiedelt, die auf der Hauptinsel Grande Terre liegt. Nouméa ist mit dem Nickelbergbau gewachsen und eignete sich am besten für den Bau eines Hafens, um die Insel mit ihren nächsten Nachbarn Vanuatu und Australien zu verbinden. In der Hauptstadt leben heute zwei Drittel der rund 280 000 Einwohner des Inselstaats im Südwesten des Pazifischen Ozeans.

>@Rainer Lesniewski/Shutterstock
©Rainer Lesniewski/ Shutterstock

Aber außerhalb von Nouméa haben Unternehmen kaum eine Chance, sich zu entwickeln.

„Die Nordprovinz oder die Loyalitätsinseln bieten einfach nicht das gleiche Wachstumspotenzial“, erklärt Jean Bourrelly, der geschäftsführende Direktor der Banque Calédonienne d’Investissement. „Unternehmen mit 30 oder 50 Beschäftigten, die ihre Dienste auf der gesamten Insel anbieten – das ist jenseits der unmittelbaren Umgebung der Hauptstadt einfach nicht realistisch.“

Andererseits gibt es auf dem Land viele kleine Unternehmen, die den lokalen Markt bedienen und ihren Kundenstamm erweitern könnten. Es fehlt ihnen nur das Geld für Investitionen. Das will die Banque Calédonienne nun ändern. „Unternehmen aus Nouméa können den nationalen Markt bedienen. Wer im Norden oder auf den Loyalitätsinseln seinen Sitz hat, kann das nicht. Für einen guten Glaser aus Nouméa ist es kein Problem, im gesamten Land zu arbeiten. Einer aus dem Norden hat in der Hauptstadt keine Chance, und so geht es vielen, die ein Handwerk gelernt haben“, weiß Bourrelly.

Die Banque Calédonienne will diese Talente nun fördern. Sie will Finanzpartner aller Geschäftsleute sein – unabhängig aus welcher Provinz. Und sie ist auch bereit, Risiken einzugehen, die mit Neugründungen und finanziell unterversorgten Sektoren verbunden sind. Kleine Kredite, mit denen Kleinbetriebe ihr Angebot für die Kundschaft vor Ort ausbauen können, sind der Anfang, aber es geht um mehr:

„Wir wollen die Inselgruppe nach besten Kräften voranbringen und möglichst viele Menschen unterstützen. Das ist unsere DNA“, so Bourrelly.

Die Europäische Investitionsbank hat in den vergangenen Jahren bereits zwei Darlehen an die Banque Calédonienne vergeben. Während im ersten Fall ganz verschiedene Initiativen finanziert wurden – etwa ein kleines Solarkraftwerk oder eine Gemüsegärtnerei mit Hofladen – stehen bei dem zweiten Darlehen kleine Unternehmen im Mittelpunkt.

Sektoren mit Potenzial

Die Banque Calédonienne will einerseits Unternehmen unter die Arme greifen, die wichtige lokale Dienstleistungen erbringen und eine echte Alternative zu größeren Firmen aus Nouméa bieten. Andererseits sollen neue, unterversorgte Wirtschaftssektoren erschlossen werden.

Zum Beispiel der Tourismus: Die Inselgruppe ist zwar schon seit Jahrzehnten ein Reiseziel, aber ihr Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft. Es gibt ein paar mittlere und größere Hotelanlagen, doch die Auswahl ist begrenzt. „Hier sehe ich wirklich Potenzial“, sagt Bourrelly. „Im Tourismus liegen viele Chancen für die einzelnen Menschen und für Neukaledonien insgesamt.“

Häufig scheitern Pläne für Gästezimmer oder Ferienwohnungen bislang an Krediten für die notwendigen Umbauten. Das Darlehen der EIB eröffnet künftig mehr Menschen einen Haupt- oder Nebenerwerb im Tourismus. Wichtig für Bourrelly: Die Banque Calédonienne kann auf diesem Weg viele Geschäftsfrauen begleiten. „Unser Kleinkreditportfolio verteilt sich gleichmäßig auf Männer und Frauen. Die Idee zu einer kleinen Pension kommt oft von Frauen – sie kümmern sich um die Zimmer, damit sie selbst und ihre Familie ein besseres Auskommen haben.“

Bourrelly denkt allerdings nicht nur an Übernachtungsangebote, wenn er vom brachliegenden Potenzial im Tourismus spricht: „Ich bin vielleicht nicht ganz objektiv, aber Neukaledonien ist traumhaft schön – vor allem die Loyalitätsinseln. Unsere Lagune zählt zu den markantesten der Welt. Wir können noch einiges tun, damit mehr Menschen hierherkommen.“

Einheimische mit entsprechenden Ideen stoßen bei der Banque Calédonienne jedenfalls auf offene Ohren. So könnten die Ein-Mann-Fischereibetriebe, die die Bank unterstützt, beispielsweise weitere Boote anschaffen und sich neue Möglichkeiten eröffnen.

„Neukaledonien hat viele natürliche Ressourcen“, so Bourrelly. „Die Lagune könnte für den Tourismus erschlossen werden. Uns umgibt eine vielfältige Unterwasserwelt. Wir sollten uns mit der blauen Wirtschaft, mit nachhaltiger Fischerei und Aquakultur befassen.“