Das Cyprus Institute of Neurology and Genetics intensiviert Forschung und Versorgung für griechische und türkische Zyprer.

Joseph Ioannou war sechs Monate alt, als die Ärzte am Cyprus Institute of Neurology and Genetics in Nikosia spinale Muskelatrophie bei ihm diagnostizierten – eine Erkrankung der Motoneuronen im Rückenmark, die zu Muskelschwäche führt. Ioannou wurde auf der griechischen Seite der Hauptstadt geboren, die fast zwei Jahrzehnte vor seiner Geburt durch den Zypernkonflikt geteilt wurde. Für die Ärzte des Instituts spielte das keine Rolle. „Türkische und griechische Zyprer haben ähnliche Krankheiten“, sagt Genetik-Professor Leonidas Phylactou, der das Institut leitet. „Wir kümmern uns um Patienten aus beiden Teilen der Insel.“

Ioannou wird seit 29 Jahren am Cyprus Institute of Neurology and Genetics (CING) behandelt, wo ihn Neurologen, Lungen- und Herzspezialisten sowie Ernährungsberater betreuen. Außerdem kommt er regelmäßig zur Physiotherapie. Mittlerweile hat er ein Informatikstudium abgeschlossen und ein eigenes Unternehmen gegründet, das Computer repariert. Er ist verlobt und möchte eine Familie gründen. „Ohne die Behandlung am CING würde es mir viel schlechter gehen“, sagt er. „Dank der Hilfe und Betreuung dort habe ich ein besseres Leben. Ich kann arbeiten. Ich habe Träume und schmiede Pläne für die Zukunft.“

Ioannou ist einer von 12 000 Patienten des CING, das an einem Hang in Nikosia liegt – nahe der „Grünen Linie“, die seit 1974 die Republik Zypern im Süden vom türkisch besetzten Norden trennt. Über 40 000 Labortests führt das Institut jährlich im Kampf gegen genetisch bedingte Erkrankungen durch – sowohl gegen Krankheiten, die weltweit bekannt sind wie Multiple Sklerose, als auch solche, die vor allem auf Zypern vorkommen, wie etwa die Blutkrankheit Thalassämie. Das 1990 gegründete CING erforscht auch, wie sich diese Krankheiten behandeln lassen. Vor allem aber rettet es Leben. „Ohne das Institut wäre das Leben für die Betroffenen im besten Fall sehr, sehr schwer“, so der 47-jährige Phylactou. „Einige von ihnen wären wohl schon nicht mehr am Leben.“


Genetik-Professor Leonidas Phylactou

Genetik-Professor Leonidas Phylactou

Medizinische Hilfe und gesellschaftlicher Nutzen

Wie andere bedeutende medizinische Einrichtungen hilft das CING nicht nur seinen Patienten. Es leistet auch einen erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben auf Zypern: Durch die Behandlung bleiben die Patienten arbeitsfähig und fallen ihren Familien und dem Staat nicht zur Last. Thalassämie, die früher in Zypern recht verbreitet war, lässt sich durch vorgeburtliche Tests diagnostizieren. Dadurch konnte das CING nach Aussage von Phylactou den Anteil der betroffenen Neugeborenen inzwischen „fast auf null“ senken.

„Ohne das Institut hätten viele Patienten große Probleme, mit ihrer Krankheit zu leben“, bestätigt Langzeitpatient Ioannou. „Durch die passende Behandlung kommen die Patienten viel besser zurecht, und sie haben eine höhere Lebensqualität. Insofern leistet das Institut einen großen gesellschaftlichen Beitrag für unser Land.“

Programm zur Intensivierung der Genforschung

Mit einem Investitionsprogramm im Volumen von 40 Millionen Euro will das CING seine wertvolle Arbeit nun weiter ausbauen. Ein Teil der Mittel wird in die Forschung fließen, außerdem sollen die Einrichtungen zur Behandlung und Rehabilitation von Patienten modernisiert werden.

Die Europäische Investitionsbank beteiligt sich mit 26 Millionen Euro an dem Programm. Die Mittel dienen vor allem zur Finanzierung der Forschung und Entwicklung.

„Das ist ein sehr wichtiges Forschungszentrum“, erläutert Nicos Yiambides, für Finanzierungen in Zypern zuständiger Kreditreferent der EIB. „Außerdem ist es eine gute Sache, dass das Institut für die Menschen in beiden Teilen Zyperns da ist.“

Die Bank der EU finanziert eine Reihe von medizinischen Einrichtungen und Forschungsinstituten in Zypern. Die Mittel dafür stammen aus einem größeren Programm, mit dem die EIB die Wirtschaft der Insel unterstützt, die nach der Bankenkrise von 2012 und 2013 am Boden lag.

Große und kleine Darlehen für Zypern

Die EIB stellt ihre Darlehen in Zypern größtenteils über einheimische Banken und Kreditgenossenschaften bereit, die Zugang zu Kleinunternehmern haben. Die meisten dieser Darlehen kommen kleinen Firmen wie Familienbetrieben in den entlegenen Dörfern im Troodos-Gebirge zugute. Daneben fördert die EIB aber auch größere Projekte, beispielsweise das German Oncology Centre, das im September in Limassol eröffnet werden soll. Die Finanzierung läuft über eine einheimische Bank, die dabei Unterstützung von der EIB erhält.

Yiambides betreut außerdem umfangreichere Direktdarlehen, wie den Kredit an das CING. Ein weiterer Kunde ist die University of Cyprus, die letztes Jahr mit dem Ausbau der Fakultät für Ingenieurwissenschaften begonnen hat. Die EIB beteiligt sich mit einem Darlehen von 80 Millionen Euro und will noch weitere 82 Millionen Euro für die Universität bereitstellen.

Insgesamt hat die EIB in den vergangenen fünf Jahren Verträge für Darlehen von 1,4 Milliarden Euro in Zypern unterzeichnet, unter anderem für große Forschungsvorhaben, Infrastrukturprojekte und kleine Unternehmen. 2016 hat die Bank ihre Finanzierungen im zyprischen Privatsektor verdoppelt. Allein die Darlehen vom letzten Jahr beliefen sich auf 240 Millionen Euro. Dieses Engagement entspricht 1,5 Prozent des nationalen BIP und ist damit höher als in jedem anderen EU-Mitgliedstaat.