Vor Portugals Küste ragt Europas erster schwimmender Windpark 210 Meter aus dem Atlantik. Mit drei Turbinen generiert das technische Meisterwerk Strom für 60 000 Haushalte und spart rund 33 000 Tonnen CO2 pro Jahr ein

Der Atlantik an der Nordküste Portugals ist ein Wind- und Wellenparadies für Surferinnen und Surfer aus aller Welt, aber mit seinen starken Winterstürmen auch eine Herausforderung für Schiffe. Dank höchster Ingenieurskunst steht dort nun Europas erster schwimmender Windpark.

Nur 20 Kilometer von der Stadt Viana do Castelo entfernt thronen drei Turbinen mit 80-Meter-Rotoren 210 Meter über dem Meer – höher als ein 60-stöckiger Wolkenkratzer. Damit sind sie die bisher größten Windkraftanlagen auf Schwimmplattformen.

Was vor zehn Jahren quasi undenkbar war, ist heute Realität: WindFloat Atlantic liefert seit Juli 2020 Strom für über 60 000 Haushalte. Weitere Projekte sind in Planung. WindFloat Atlantic startete als Joint Venture von EDP Renováveis, Repsol, Engie und Principle Power und erhielt ein 60-Millionen-Euro-Darlehen von der Europäischen Investitionsbank. Der Windpark spart pro Jahr bis zu 33 000 Tonnen CO2 ein.

Schwimmende Windparks schaffen mehr

Für José Pinheiro, Projektleiter von WindFloat Atlantic, haben schwimmende Windparks viele Vorteile. Vor allem gibt es für sie mehr Wind. Und im Gegensatz zu Onshore-Windparks keine Hindernisse. Der Wind weht also ziemlich gleichmäßig und ist sogar weniger turbulent als an Land, auch wenn man das auf See nicht vermuten würde.

„Generell gilt: Je weiter draußen, desto mehr Wind“, erklärt er.

Weniger Turbulenzen bedeuten „weniger Schäden und eine geringere Materialermüdung“.

Warum schwimmende Windparks nicht ins Schwanken geraten

Wie aber bleiben diese riesigen Bauwerke auch bei bis zu 15 Meter hohen Wellen aufrecht stehen? „Anders als herkömmliche Offshore-Windparks steht der WindFloat Atlantic auf schwimmenden Plattformen“, erzählt Pinheiro.

Die Halbtaucherplattformen – ursprünglich für Öl- und Gas-Bohrinseln entwickelt – wurden für die Windräder im rauen Atlantik innovativ angepasst.

Die massiven Plattformen bestehen aus drei in einem gleichseitigen Dreieck angeordneten, 29 Meter hohen Zylindern mit einem Durchmesser von 12 Metern. Damit die hohen Turbinen aufrecht stehen bleiben, kommt dasselbe Konzept zur Anwendung wie bei Schiffen: Ballast.

Die Schwimmplattformen haben noch einen weiteren Vorteil. „Der untere Teil der drei Zylinder wird mit Wasser gefüllt. Kombiniert mit einem statischen, aktiven Ballastsystem wird die ganze Konstruktion stabiler“, erzählt Pinheiro.

Das Wasser kann zwischen den Zylindern hin und her gepumpt werden und so die Kraft des Windes ausgleichen. Dadurch halten die Bauwerke Wellen von bis zu 20 Metern und Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde stand.

Die Plattformen sind mit Kabeln am Meeresboden verankert und können so in tieferen Gewässern weit vor der Küste eingesetzt werden. Unter dem WindFloat Atlantic sind es rund 100 Meter bis zum Meeresboden. Müssen die Plattformen repariert oder ersetzt werden, können sie an Land geschleppt werden.

Schwimmende Windparks sind die Zukunft

Pinheiro zufolge ist die mittlerweile bewährte Technologie die Zukunft der Windkraft: „Wenn wir die Klimawende schaffen wollen, müssen wir uns beeilen. Und Energieunternehmen wie EDP und EDP Renováveis spielen dabei eine große Rolle. Mit unserer Erfahrung

wollen wir neue Wege beschreiten.“

Ocean Winds, ein Joint Venture der EDP Renováveis und Engie, baut neue Windparks vor der Küste Spaniens, etwa in Asturien oder vor den Kanarischen Inseln, aber auch in Frankreich, Schottland und weiteren Ländern.

Carlos Moedas, Bürgermeister von Lissabon und zum Zeitpunkt der Projektgenehmigung noch EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation: „Der EIB-Kredit für das Projekt ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die EU bei innovativen Energielösungen wie WindFloat das Risiko mindert.

Wir brauchen bahnbrechende Technologien, damit Europa bei der Energiewende schneller vorankommt und im globalen Kampf gegen den Klimawandel ganz vorn dabei ist.“