Ein innovativer Bioökonomiefonds schließt Finanzierungslücken, damit Anbieter mit erprobten Technologien europaweit expandieren können

Von der britischen Comedy-Gruppe Monty Python gibt es einen Sketch, in dem ein Möchtegern-Wegelagerer seine Opfer mit der Forderung „Lupinen oder Leben!“ überfällt. Der Witz daran: Lupinen sind überhaupt nichts wert, sondern einfach nur violette Blumen. Was nicht ganz stimmt, wie man bei Prolupin weiß. Das ostdeutsche Unternehmen stellt aus Lupinensamen milchfreies veganes Eis und andere Lebensmittel her.

Prolupin ist in Rostock ansässig und vertreibt seine Produkte bislang nur in Deutschland. Um in andere europäische Länder zu expandieren, brauchen die Rostocker mehr Geld – und das ist für junge Unternehmen in der Bioökonomie nicht leicht zu bekommen. Die Banken verwehren ihnen Kredite, weil die Erfolgsbilanz noch zu mager ist, und Risikokapitalgeber setzen lieber auf andere Branchen.

Deshalb gibt es jetzt den European Circular Bioeconomy Fund. Der Fonds, der 250 Millionen Euro für die Bioökonomie und die Biokreislaufwirtschaft einsammeln will, investiert in Frühphasen-Unternehmen mit erprobten Technologien. Sie können mit dem Geld ihr Geschäft ausbauen und in größere Märkte expandieren. „Wir helfen Unternehmen, sich in ganz Europa zu etablieren“, sagt Michael Brandkamp, der als General Partner des Fonds auf langjährige Erfahrung im Technologiesektor zurückblickt. „Vielen Unternehmen fehlt es an Wachstumskapital – das ist die Marktlücke, die wir angehen.“

Bioökonomiefonds will eine große Finanzierungslücke schließen

Die Bioökonomie und die Biokreislaufwirtschaft spielen eine Schlüsselrolle für eine zukunftsfähige Wirtschaft und den Schutz der Umwelt. Sie verwenden nachwachsende biologische Rohstoffe (Stichwort Lupinen) für nachhaltige Lebensmittel, Werkstoffe und Energie und schonen damit die natürlichen Ressourcen. Laut dem EU Science Hub der Europäischen Kommission tragen sie 1,5 Billionen Euro zur Wertschöpfung in der EU bei. Das sind elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU. Die Europäische Investitionsbank engagiert sich mit sechs bis neun Milliarden Euro pro Jahr in diesem Sektor, in dem acht Prozent der Beschäftigten in der EU arbeiten.

Der European Circular Bioeconomy Fund geht auf eine Studie aus dem Jahr 2017 zurück, die vom InnovFin-Beratungsdienst der EIB mit Unterstützung der Europäischen Kommission durchgeführt wurde. Die Studie ergab eine erhebliche Finanzierungslücke bei Unternehmen in der Bioökonomie, die ihre Produktion und ihren Vertrieb ausbauen wollen. „Wir sehen einen großen Bedarf und viel Wachstumspotenzial für innovative Lösungen, um die Wertschöpfung aus Biomasse auf nachhaltige Weise zu steigern“, sagt Felipe Ortega Schlingmann, der bei der EIB für Projekte in der Agrarwirtschaft und ländlichen Entwicklung zuständig ist. „Es gibt einfach nicht viele Risikokapitalfonds oder Business Angels, die sich darauf spezialisiert haben.“

EU-Bericht empfahl einen Fonds für die Bioökonomie

Der Bericht zur Studie der EIB regte an, einen Fonds einzurichten, der Unternehmen in der Wachstumsphase fördert. Die Bank sollte sich über die InnovFin-Fazilität daran beteiligen, abgesichert durch eine Garantie der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizont 2020. Daraufhin legte die EIB gemeinsam mit der Kommission Förderkriterien und die Eckpunkte für einen Beteiligungs- und Mezzanine-Kreditfonds fest. Anschließend wurde ein Investmentberater ausgewählt, der den European Circular Bioeconomy Fund einrichtete.

„Die meisten glauben, die Bioökonomie und die Biokreislaufwirtschaft stecken noch in den Kinderschuhen“, sagt Yicui Sun, die die EIB-Beteiligung an dem Fonds betreut. „Mit der Garantie der Europäischen Kommission können wir private Geldgeber gewinnen und die Finanzierungslücke schließen.“

Nachdem der Fonds im Oktober in der ersten Runde 82 Millionen Euro einsammelte, stößt er jetzt bei privaten und öffentlichen Investoren auf großes Interesse und ist für die nächsten Finanzierungsrunden auf einem guten Weg.

„Das wird dem Sektor in Europa viel Schub geben“, ist Ortega Schlingmann überzeugt. „Wir sehen da ein enormes Wachstumspotenzial.“

Die Bioökonomie ist das nächste große Thema

Der Fonds investiert in:

  • Technologien für die Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie
  • Erzeugung von Biomasse/Ausgangsstoffen, die die landwirtschaftliche Produktion steigern oder ihre Umweltbilanz verbessern
  • Technologien zur Umwandlung von Biomasse/Ausgangsstoffen in höherwertige, erneuerbare Produkte
  • Biobasierte Chemikalien und Materialien
  • Biologische Lösungen in Bereichen wie Kosmetik.

„Es ist ein sehr spannendes Gebiet“, sagt Fondschef Brandkamp. „Zuletzt drehte sich alles um die Digitalisierung und wie sie unser Leben verändert. Deshalb haben die Risikokapitalgeber da viel investiert. Wir erwarten eine ähnliche Innovationswelle beim Übergang von linearen Wertschöpfungsketten zu einer biobasierten Kreislaufwirtschaft. Das ist das nächste Megathema.“

Neben Prolupin zählt PeelPioneers zu den ersten Beteiligungen des Fonds. Das niederländische Unternehmen verwertet Orangenabfälle aus Entsaftern von Restaurants, Hotels und Supermärkten und verarbeitet sie zu anderen Lebensmitteln. Mit dem Geld des Fonds kann PeelPioneers eine größere Fabrik in den Niederlanden bauen und später auch in andere Länder expandieren.

Die Bank der EU als Gütesiegel für den Bioökonomiefonds

Die Beteiligung des Fonds – mit der Bank der EU und der Europäischen Kommission im Rücken – hilft Unternehmen entscheidend, weitere Investoren zu gewinnen. Als der Fonds an Bord war, wurde PeelPioneers auch für andere private Geldgeber interessant, weiß Brandkamp zu berichten. Hinzu kommt die Zugkraft der Europäischen Investitionsbank. Wenn die Bank der EU Geld im Feuer hat, so das Kalkül privater Investoren, müsste sich auch für sie eine Beteiligung am European Circular Bioeconomy Fund lohnen.

Wenn dieser Effekt auf das gesamte Portfolio von 250 Millionen Euro durchschlägt, wird das die Bioökonomie spürbar nach vorne bringen. Yicui Sun von der EIB ist überzeugt: „Langfristig wird sich der junge Sektor mit unserer Hilfe etablieren. Wir schaffen eine neue Anlageklasse, in die der Privatsektor auf kommerzieller Basis investieren wird.