Athen pflanzt Bäume und Nistkästen in seine Häuserwüste. Eine neue Klima-Initiative der EU macht es möglich – und das Leben für die Menschen besser

Athens Stadtgebiet ist zu 80 Prozent dicht bebaut. Während der ausgedehnten Hitzewellen, die Griechenlands Hauptstadt zunehmend in den Schwitzkasten nehmen, wird die Wärme vom Beton und Asphalt regelrecht festgehalten. In den Wärmeinseln der Innenstadt können die Temperaturen gut 10 °C höher liegen als in den Vororten. Doch nicht nur bei Hitze ist der viele Asphalt und Beton ein Problem, sondern auch bei starken Regenfällen. Denn das Wasser kann nicht im Boden versickern. Die Folge: häufige Überschwemmungen.

Diese Probleme werden durch den Klimawandel noch verstärkt, weshalb die Stadt nun auf eine naturnahe Anpassung an den Klimawandel setzt. Dazu hat sie vier innovative Projekte aufgelegt, die mit fünf Millionen Euro aus der Fazilität für Naturkapital der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission unterstützt werden. Schwerpunkte dieser Klima-Initiative sind der Naturschutz, mehr biologische Vielfalt sowie eine natürliche Anpassung an den Klimawandel.

In Athen ist die stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Eleni Myrivili für Klimafragen zuständig. Sie kümmert sich darum, die Stadt grüner und widerstandsfähiger zu machen und an den Klimawandel anzupassen: „Grüne und blaue Infrastruktur macht Athen robuster und löst viele Probleme der Stadt: Sie lässt die Temperaturen deutlich sinken, sie hält Wasser zurück, sodass es langsamer abfließt, sie säubert die Luft, und sie fördert die biologische Vielfalt. Außerdem sorgt sie für mehr soziale Gerechtigkeit, weil der Wert von Immobilien in benachteiligten Vierteln dadurch steigt.“

Anpassung an den Klimawandel bedeutet, die Folgen des Klimawandels zu mildern und sich darauf einzustellen. Die Bekämpfung des Klimawandels setzt dagegen schon bei seinen Ursachen an.

Das Geld aus der Fazilität für Naturkapital ist Teil eines Kredits über 55 Millionen Euro, den die Europäische Investitionsbank, die Bank der EU, im Dezember 2018 unterzeichnet hat. Damit will die Bank Athen bei seiner „Resilienzstrategie 2030“ aus dem Jahr 2017 unterstützen. Mit dem Kredit sollen vor allem die Energieeffizienz und der Erdbebenschutz kommunaler Gebäude verbessert und Initiativen zur Stadtentwicklung und Abfallbewirtschaftung aufgelegt werden.

Klimaanpassung zur rechten Zeit und am rechten Ort

Die Fazilität für Naturkapital ist für Projekte bestimmt, die die biologische Vielfalt stärken und auf naturnahe Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel setzen. Athen ist die erste Stadt, die Mittel aus dieser Klima-Initiative erhält, weiß Vasco Ferreira Costa, der das Projekt bei der Europäischen Investitionsbank betreut. Die Initiative gewährt der Stadt zudem kostenlos technische Hilfe, mit der unter anderem ein internationales Beraterteam bezahlt wird, das bei der Planung und Entwicklung der grünen Infrastruktur hilft. Die Berater arbeiten nach den Vorgaben der Stadt und der EIB.

„Athen ist ein Pilotprojekt, das sich auf viele andere Städte übertragen lassen dürfte“, erklärt Ferreira Costa.

Naturschutz und bessere Lebensbedingungen

Athen hat vier Projekte vorgestellt, die nach Abschluss der Prüfungs- und Planungsphase durch die Berater als Erste aus den Mitteln der Fazilität für Naturkapital finanziert werden könnten:

  • die Neubelebung des Athener Stadtbergs Lykabettus, der mit seinem Wald seit Jahrhunderten ein wichtiger Teil der Athener Stadtlandschaft ist. Durch Wassermanagement und Erosionsschutz sollen hier der Boden und die biologische Vielfalt stabilisiert werden
  • die Einrichtung grüner Korridore zwischen dem Lykabettus und dem Strefi-Hügel
  • die Begrünung des Viertels Akadimia Platonos und die Schaffung von Fußgängerzonen
  • die umfangreiche Begrünung und die Schaffung offener Flächen in der Nähe des Lambrini-Platzes, um Stadtviertel zu verbinden. Dies senkt gleichzeitig die Temperaturen und verbessert die Luftqualität in der dichten Bebauung

All diese Projekte tragen zudem zu mehr biologischer Vielfalt bei, indem sie einheimische Arten fördern.

Laut Stefanie Lindenberg, Koordinatorin der Fazilität für Naturkapital bei der Europäischen Investitionsbank, sollen mit dem Projekt mindestens 25 Prozent mehr Grünflächen geschaffen und acht verschiedene Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden. Konkret bedeutet das, dass unter anderem Bäume und Büsche gepflanzt und Nistkästen gebaut werden.

„Grüne Korridore sind extrem wichtig für die biologische Vielfalt. Sie schaffen für Tiere Verbindungen zwischen verschiedenen Lebensräumen, und Luftmassen können sich leichter bewegen. Natürlich freuen sich auch die Menschen über das Grün – zumal die zuständigen Projektberater die Vorgabe haben, bei der Projektplanung auch die Vorstellungen der Athenerinnen und Athener zu berücksichtigen.“

Athen als neues Modell

Athen hat in den letzten Jahrzehnten eine intensive Verstädterung erlebt. Jetzt setzt die Stadt als Vorreiterin mit grünen Infrastrukturprojekten auf den Schutz der Umwelt und mehr Lebensqualität für ihre Einwohnerinnen und Einwohner.

Dies wird Zeit benötigen – und vor allem gründliche Planung, Beharrlichkeit und Fachwissen. Doch eines steht fest: In Athen liegt Veränderung in der Luft.