Konferenz der Vereinten Nationen über die am wenigsten entwickelten Länder (LDC5) in Doha, Katar

Thomas Östros, Vizepräsident der EIB

Eröffnungsrede auf dem Private Sector Forum

5. März 2023

 


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Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich Untergeneralsekretärin Fatima meinen Dank aussprechen – nicht nur dafür, dass sie die Europäische Investitionsbank zu dieser Veranstaltung eingeladen hat, sondern insbesondere für ihre herausragende Arbeit. Eine Delegation meiner Bank hatte die Ehre, Sie am Tag nach Ihrem Amtsantritt im August letzten Jahres zu treffen. Wir freuen uns sehr über die Gelegenheit, Sie heute hier in Doha wiederzusehen.

Die Welt steht vor gewaltigen, schwer zu bewältigenden Herausforderungen.

Die globalen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Ernährungs- und Energiesicherheit und die Covid-19-Pandemie haben uns vor Augen geführt, wie eng verflochten unsere Welt ist. Frieden, nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz, Gesundheit und Geschlechtergerechtigkeit – die Ziele für nachhaltige Entwicklung sind in unser aller Interesse: vom globalen Norden bis zum globalen Süden, von Ost bis West.

Wir müssen unsere gegenseitigen Interessen fördern. Die Zusammenarbeit zwischen Institutionen wie den Vereinten Nationen und den multilateralen Entwicklungsbanken ist von allergrößter Bedeutung, doch sie reicht nicht aus. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge brauchen wir für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsagenda 2030 jährlich 3,3 bis 4,5 Billionen US-Dollar. Und weitere drei bis sechs Billionen US-Dollar pro Jahr sind nötig, um die weltweite Wirtschaft zu dekarbonisieren und bis 2050 klimaresilient zu werden.

Um dies zu schaffen, müssen wir Wege finden, um die geballte Finanzkraft und den Einfallsreichtum des Privatsektors zu mobilisieren. Der öffentliche Sektor allein hat einfach weder die Mittel noch das Know-how, um die fünf Bereiche, über die wir hier sprechen wollen, ausreichend zu erschließen.

Aus diesem Grund sehe ich das Private Sector Forum als wirklich entscheidenden Teil dieser LDC5-Konferenz an.

Welchen Beitrag leistet meine Bank, die Europäische Investitionsbank? Wir sind die größte multilaterale Finanzinstitution der Welt. Und multilaterale Entwicklungsbanken können viel bewirken.

Bei der EIB gehen wir neue, innovative Wege, um Projekte zu finanzieren und private Investitionen anzustoßen. So haben wir zu Beginn dieser Woche eine Vereinbarung zur Mobilisierung von bis zu 3,5 Milliarden Euro an Darlehen und einen Treuhandfonds-Beitrag in Höhe von 500 Millionen Euro unterzeichnet. Einige sprechen in diesem Zusammenhang von einem neuen Wachstumsmotor für die Unternehmen in den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten. Gefördert werden besonders entwicklungswirksame private Investitionen in Schlüsselbereichen in den Partnerländern wie DigitalisierungKlima und Energie sowie Verkehr und Gesundheit.

Die Darlehen werden zu günstigen Konditionen vergeben, um Arbeitsplätze und Chancen zu schaffen – vor allem für Frauen und junge Menschen. 

Mit der Umstrukturierung unserer internationalen Aktivitäten im Rahmen der EIB Global verstärken wir unser Engagement für unsere Partner in den am stärksten gefährdeten Ländern der Welt.

Die EIB Global baut auf der mehr als 60-jährigen Erfahrung der Bank in über 150 Ländern auf. Sie berät bei der Planung, Strukturierung und Durchführung von Projekten, um den Privatsektor zur Finanzierung von Investitionen zu ermutigen, die die Ziele für nachhaltige Entwicklung unterstützen.

Darüber hinaus bauen wir mit lokalen Büros und Regionalzentren auch unsere Präsenz in Ländern außerhalb der EU aus.

Vor nicht einmal zwei Wochen habe ich unser Regionalzentrum Ostafrika in Nairobi besucht, das seit seiner Eröffnung im November 2021 stetig gewachsen ist. Das Regionalzentrum und künftige Einrichtungen dieser Art sind Teil unserer Strategie, unsere gesamte Palette an Beratungs- und Finanzinstrumenten wirksamer einzusetzen, um auf die dringenden Bedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder einzugehen. Das schließt auch den Klimaschutz ein.

Die EIB Global ist außerdem ein wichtiger Partner der EU-Strategie Global Gateway, mit der bis 2027 Infrastrukturinvestitionen in Höhe von 300 Milliarden Euro mobilisiert werden sollen. Schwerpunktbereiche sind digitale Konnektivität, nachhaltige Energie und Verkehr sowie die Stärkung von Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssystemen weltweit.

Global Gateway ist darauf ausgelegt, besonders entwicklungswirksame und für alle Seiten vorteilhafte Ergebnisse in den Partnerländern zu erzielen. Die Strategie ist vollständig auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Klimaabkommen ausgerichtet.

Bei der Arbeit der EIB Global, insbesondere in den fragilsten Volkswirtschaften, geht es um strategische Investitionen in globale öffentliche Güter, die den Ländern und den Investoren und Begünstigten der einzelnen Projekte zugutekommen. Und es geht darum, besser zuzuhören, zu lernen und genau an der Schnittstelle von Ressourcen, Bedürfnissen und Chancen anzusetzen.

Lassen Sie mich an einem konkreten Beispiel veranschaulichen, wie wir vorgehen, um in den am stärksten gefährdeten Ländern private Investitionen in wichtigen Bereichen anzustoßen.

Erst vor wenigen Tagen habe ich in Daressalam drei Darlehen über insgesamt 270 Millionen Euro unterzeichnet. Damit wollen wir gemeinsam mit den drei lokalen Banken CRDB, NMB und KCB und mit Garantien der Europäischen Kommission 540 Millionen Euro mobilisieren.  Das ist unser bisher größter Kredit zugunsten von Unternehmen, mit dem wir zwei klare Ziele verfolgen: die Förderung frauengeführter Unternehmen und die Unterstützung der blauen Wirtschaft in Tansania.

Die EIB-Delegation und ich sind deshalb nach Sansibar gereist. Auf der Insel sind viele Kleinunternehmen in der blauen Wirtschaft tätig, sei es in der Fischerei, im Seeverkehr, Bootstourismus oder in anderen maritimen Bereichen wie der Meeresfrüchteverarbeitung oder in Häfen. Ich habe dort hautnah erfahren, wie einige unserer Endkunden Arbeitsplätze schaffen und zur Wirtschaftsentwicklung beitragen.

Diese neue Initiative wird eine besonders starke Wirkung für Gesellschaft und Entwicklung haben, weil verschiedene Mittelquellen mit Rückhalt der Europäischen Union kombiniert werden. Sie ist eine gemeinsame Anstrengung von Team Europa.

Meine Damen und Herren,

ich hoffe, dieses Beispiel macht unsere generelle Absicht deutlich: Wir wollen mit Finanzinstitutionen zusammenarbeiten, die den Anforderungen von Industrie und Wirtschaft auf nachhaltige Weise gerecht werden können. Wir setzen uns engagiert für nachhaltigen Wohlstand ein – in Tansania und andernorts. Dabei geht es nicht nur um Hilfe oder Unterstützung, sondern um produktive Investitionen, die es uns möglich machen, unseren Kindern einen saubereren, friedlicheren und widerstandsfähigeren Planeten zu hinterlassen.

Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Dafür müssen wir gemeinsame Prioritäten definieren, auf einen wechselseitigen Nutzen in unseren Projekten achten und Synergien zwischen öffentlichen und privaten Mitteln ausschöpfen – bei allem, was wir tun.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.