EIB-Vizepräsident Fayolle sprach auf der Veranstaltung „Energy resilience and green recovery in Ukraine“ des UNDP bei der 80. UN-Generalversammlung in New York.
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
es ist mir eine Freude, auf dieser wichtigen Veranstaltung unseres geschätzten Partners, des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), heute zu Ihnen zu sprechen. Es geht darum, die Energieresilienz und den grünen Wiederaufbau in der Ukraine zu fördern.
Lassen Sie mich zunächst dem UNDP meinen aufrichtigen Dank dafür aussprechen, dass es uns in dieser wichtigen Phase zusammengebracht hat. Dieses Treffen ist Ausdruck unseres gemeinsamen Engagements für den Wiederaufbau der Ukraine und eine widerstandsfähige, grüne Zukunft.
Seit Beginn des russischen Angriffs hat die Europäische Investitionsbank-Gruppe als Finanzierungsarm der Europäischen Union vier Milliarden Euro für die Ukraine bereitgestellt. Damit wurden kritische Infrastruktur repariert, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser wiederaufgebaut und die Energieversorgung gesichert.
Im Zentrum des Wiederaufbaus der Ukraine steht die Energiesicherheit. Denn eine zuverlässige Strom- und Wärmeversorgung sind kein Luxus – sie sind lebensnotwendig. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass Krankenhäuser Leben retten, Schulen die nächste Generation ausbilden, Unternehmen wieder aufgebaut werden und Familien in ihre Heimat zurückkehren können.
Doch heute sind über 60 Prozent der ukrainischen Erzeugungskapazitäten beschädigt oder zerstört. Und die Angriffe auf kritische Infrastruktur halten an und bedrohen die Grundlagen des täglichen Lebens.
Als Reaktion darauf hat die EIB-Gruppe im Jahr 2024 den Energierettungsplan für die Ukraine ins Leben gerufen, unterstützt durch die Ukraine-Fazilität der Europäischen Union. Diese strategische Initiative schlägt eine Brücke zwischen dem dringenden Bedarf in Kriegszeiten und den langfristigen Klimazielen. Mit dem Plan finanzieren wir:
- die Wiederherstellung kritischer Infrastruktur
- den Ausbau erneuerbarer Energien
- Investitionen in Energieeffizienz in allen Sektoren
Vergangenen Monat hat der Verwaltungsrat der EIB ein Paket von 500 Millionen Euro für Investitionen in die Energiesicherheit des Landes und bezahlbaren Wohnraum genehmigt.
Mit Rückendeckung durch die Europäische Kommission unterstützt die EIB den staatlichen ukrainischen Energieversorger Naftogaz als Notmaßnahme beim Auffüllen der Erdgasreserven des Landes vor dem Winter, nachdem russische Angriffe große Schäden verursacht haben. Dies stellt eine Ausnahme von unseren Leitlinien dar, keine Gasprojekte zu finanzieren.
Das Investitionspaket zeigt, dass wir fest an der Seite des Landes stehen und es weiter unterstützen.
Mit Blick auf die Energiewende in der Ukraine wird Naftogaz einen Betrag in Höhe des EIB-Kredits in erneuerbare Energie und Dekarbonisierungsprojekte investieren. Dazu stellt die EIB technische Hilfe bereit, um das Unternehmen auf dem Weg in eine grüne Zukunft zu begleiten.
Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel nennen: Die Vereinbarung über 120 Millionen Euro mit Ukrhydroenergo, dem größten Wasserkraftunternehmen des Landes, sorgt dafür, dass drei große Wasserkraftwerke instand gesetzt und die Netze stabilisiert werden. Dies sichert die Stromversorgung für Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer.
Parallel dazu arbeiten wir an Unterstützung in Höhe von 250 Millionen Euro im Bereich Fernwärme und Energieeffizienz, damit Kommunen eine zuverlässige Wärmeversorgung sicherstellen und gleichzeitig den Energieverbrauch senken können.
Doch lassen Sie uns klarstellen: Finanzierung allein reicht nicht aus. Angesichts des komplexen und schwierigen Umfelds in der Ukraine hängt der Erfolg von einer transparenten, effizienten Umsetzung und starker lokaler Verantwortung ab.
In dieser Hinsicht ist unsere Partnerschaft mit dem UNDP unverzichtbar.
Das zeigen auch die Ergebnisse. Seit 2017 haben die EIB und das UNDP gemeinsam in über 120 Wiederaufbauprojekten Krankenhäuser, Schulen, Heizanlagen und Wohnraum wieder nutzbar gemacht – in 170 Kommunen und für mehr als vier Millionen Menschen, darunter 460 000 vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer.
Das sind nicht nur Reparatur- und Instandsetzungsprojekte. Es sind Resilienzprojekte. Projekte für den grünen Wiederaufbau des Landes.
So bauen wir zum Beispiel kriegsbeschädigte Krankenhäuser wieder auf. Dank Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien und besserer Dämmung können Krankenhäuser jetzt ganzjährig mit geringeren Energiekosten betrieben werden. Das bedeutet lebensrettende Versorgung für Einheimische und geflüchtete Familien. So sieht echte Energieresilienz aus.
Ein weiteres Aushängeschild unserer gemeinsamen Arbeit ist das Renewable-Energy-Solutions-Programm, das auf der COP28 gemeinsam mit Deutschland, der GIZ und dem UNDP aus der Taufe gehoben wurde. Das Programm finanziert Photovoltaik, Wärmepumpen, Biomasse- und Speichersysteme für öffentliche Gebäude und fördert zugleich den Aufbau institutioneller Kapazitäten und technisches Know-how auf lokaler Ebene.
Exzellenzen, die Lehre daraus liegt auf der Hand: Ohne Partnerschaften geht es nicht.
Um den Wiederaufbaubedarf der Ukraine zu decken, braucht es nicht nur erhebliche Mittel. Wir müssen vor allem in der Lage sein, Partnerschaften zu knüpfen und Zusagen in konkrete Ergebnisse vor Ort umzumünzen.
Das Modell EIB–UNDP zeigt: Europäische Institutionen und UN-Partner können Hand in Hand arbeiten und so Stärken bündeln, Doppelarbeit vermeiden und die Wirkung maximieren. Es ist ein Modell, das in der Ukraine funktioniert, aber auch überall dort angewendet werden kann, wo Resilienz und Wiederaufbau Hand in Hand gehen müssen.
Der Wiederaufbau der Energieversorgung in der Ukraine ist nicht nur ein nationales Gebot – er ist eine europäische Priorität. Indem wir heute in resiliente und grüne Energiesysteme investieren, schützen wir Leben, stabilisieren die Wirtschaft und stärken die Ukraine auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft.
Die Europäische Investitionsbank steht auch weiterhin an der Seite der Ukraine, in enger Partnerschaft mit der Europäischen Kommission, dem UNDP und unseren internationalen Partnern.
In dieser Woche berät der Verwaltungsrat der EIB-Gruppe über weitere Unterstützung für aufstrebende Start-ups und lokale Unternehmerinnen und Unternehmer in der Ukraine sowie für die Energieinfrastruktur. Darüber hinaus finalisieren wir gerade unsere neue strategische Orientierung für das Geschäft außerhalb der EU. Danach wollen wir unser Engagement in der Ukraine weiter ausbauen.
Exzellenzen: Gemeinsam werden wir sicherstellen, dass der Wiederaufbau nicht nur schnell und koordiniert verläuft, sondern vor allem nachhaltig und resilient ist.
Vielen Dank.