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„Die Tau Group hat auf ein wachsendes Problem von Kunden reagiert. Deshalb investieren wir in sie.“
Alberto Casorati

Kreditreferent, Europäische Investitionsbank

Jahrelang wollte Paola Accati einen Weg finden, wie ihr Familienunternehmen bei der Isolation von Elektrodraht ohne schädliche Lösungsmittel auskommen könnte. Aber die Forschung war zu teuer.

„Ich hatte ein paar gute Ideen und wollte das immer angehen, aber es hat nicht geklappt“, sagt die pensionierte Chefin einer früheren Firma für Lacke und Drahtbeschichtungen am Stadtrand von Turin.

Ein Anderer in der Familie fand schließlich einen Weg: Accatis Neffe Filippo Veglia entwickelte zusammen mit zwei befreundeten Ingenieuren, Francesco Taiariol und Piero Degasperi, eine umweltschonende Drahtbeschichtung und ein Verfahren zur Herstellung von nachhaltigem, lösungsmittelfreiem Hochleistungs-Magnetdraht. Um ihr Produkt auf den Markt zu bringen, gründeten die drei Ingenieure die Tau Group.

Die Neuerung macht Motoren für Elektrofahrzeuge kompakter und effizienter. So beschleunigt sie die Elektrifizierung des Verkehrs und senkt den CO2-Ausstoß.

„Was die drei entwickelt haben, ist innovativ. Es gibt dafür einen Bedarf im Markt und kaum gute Produkte anderer Hersteller“, sagt Alberto Casorati von der Europäischen Investitionsbank. Er arbeitete an dem Kredit von 20 Millionen Euro, den die Bank im Dezember 2024 an die Tau Group vergab. „Die Tau Group hat auf ein wachsendes Problem von Kunden reagiert. Deshalb investieren wir in sie.“

Mit der Finanzierung unter dem InvestEU-Programm kann die Tau Group nun ihre Produktion von Magnetdraht hochfahren, von aktuell 2 000 auf bis zu 12 000 Tonnen pro Jahr. Ein Teil des Geldes fließt auch in die Forschung an noch besseren Drähten für die Automobilindustrie und den Erneuerbare-Energien-Sektor.



Piero Degasperi, Filippo Veglia und Francesco Taiariol gründeten 2014 die Tau Group
Tau Group

Das Erbe mehrerer Generationen

Taiariol, Degasperi und Veglia arbeiteten zunächst für Großunternehmen und gründeten 2008 eine Beratungsfirma in Turin. Ihr Schwerpunkt lag auf der Forschung und Entwicklung im Bereich Automation und Robotik. Nach ein paar Jahren aber wollten sie mehr als nur gute Ideen vorbringen. Sie wollten diese Ideen auch in die Praxis umsetzen, mit voller Kontrolle über den Prozess.

„Zum einen hatten wir den starken Wunsch, etwas Sinnvolles zu schaffen“, erklärt Francesco Taiariol, der CEO der Tau Group. „Zum anderen war da das Erbe dieser Firma, die es seit Generationen gab.“

Gemeint ist die Società Industriale Vernici e Affini, kurz Siva, gegründet 1945 von Federico Accati. Das Unternehmen stellte erst Lacke her, später dann Produkte für die Ummantelung und Isolation von Magnetdraht. Bekannt ist es aber wahrscheinlich vor allem als Arbeitgeber des italienischen Juden Primo Levi, der in Ist das ein Mensch? seine Holocaust-Erinnerungen niedergeschrieben hat. Levi arbeitete 30 Jahre als Chemiker bei Siva, auch zusammen mit der Gründer-Tochter Paola Accati. 1989 folgte die studierte Chemikerin ihrem Vater an der Spitze des Unternehmens nach.

Immens wichtig für die Elektrifizierung

Die Tau Group fertigt isolierten Magnetdraht. Mit ihrer innovativen DryCycle-Technologie ummantelt sie den Draht mit lösungsmittelfreien Polymeren. Tau Group

„Magnetdraht“ ist eine gängige Bezeichnung für dünn beschichteten Elektrodraht, der Strom leitet, um elektrische Energie in magnetische und dann in mechanische Energie umzuwandeln und umgekehrt. Magnetdraht wird in Motoren, Generatoren und Transformatoren verwendet. „Elektromotoren werden immer leistungsstärker. Drähte, die nicht gut isoliert sind, verschleißen deshalb schneller und können dann einen Kurzschluss auslösen“, erklärt Kreditreferent Casorati von der EIB.

Im Gegensatz zu den schnellen Veränderungen bei elektrischen Maschinen hat sich an den Materialien, die für Magnetdraht verwendet werden, in den letzten 60 Jahren nicht viel geändert. „Das ist zunehmend ein Problem, weil diese Drähte bei 800 Volt vermehrt ausfallen. Und diese Spannung ist für viele Anwendungen in Elektromotoren nötig“, sagt Taiariol.

Die Tau Group ummantelt mit ihrer DryCycle-Technologie Magnetdraht mit starken, flexiblen Technopolymeren. Ihr Vorteil: eine bessere chemische Beständigkeit, elektrische Isolierung und thermische Stabilität.

Damit können Autohersteller und Entwickler von Elektromotoren die 800-Volt-Grenze durchbrechen und potenziell bis 1 000 Volt gehen.

Keine Lösungsmittel, weniger Energie und CO2

Herkömmliche Polymerbeschichtungen werden normalerweise als flüssige lösungsmittelbasierte Lacke aufgetragen.

Die Lösungsmittel verdampfen jedoch bei der Produktion, und dabei werden schädliche Partikel freigesetzt. Außerdem ist ein Brennvorgang nötig, durch den in der weltweiten Drahtfertigung Millionen Tonnen CO2 freigesetzt werden.

Die DryCycle-Technologie kommt ohne Lösungsmittel und Zusätze aus. Bei dem Verfahren wird in einem einzigen Schritt eine dünne Polymerschicht aufgetragen. Das vereinfacht die Produktion, senkt die Kosten und macht den Draht leistungsfähiger. Mit dem auf diese Weise isolierten Draht lassen sich kompaktere Motoren bauen, mit weniger Kupfer, Magneten und Stahl.

Die lösungsmittelfreie Technologie verbraucht 80 Prozent weniger Energie als herkömmliche Verfahren. „Bei Tau dreht sich alles darum, Energie effizient zu nutzen“, sagt Taiariol. Das erzeugt einen Multiplikatoreffekt: Weniger Energie heißt effizientere Elektromotoren mit einem entsprechend großen Effekt über die gesamte Lebensdauer des Motors oder Generators.

Wenn Taiariol über die Technologie des Unternehmens spricht, strahlen seine Augen – so, wie vielleicht schon damals mit fünf, als sein Großvater ihm die Mechanik seiner Traktoren erklärte. Das war in San Giusto Canavese, einem Dorf nördlich von Turin, in dem Taiariol aufwuchs und viel Freiheit genoss. „Anders als in einer kleinen Wohnung war ich nicht eingeschränkt und konnte alles Mögliche ausprobieren“, erzählt er. Mit 14 frisierte er sein Moped, mit 16 baute er seinen eigenen Gokart.

„Unser Traum ist ein Serienauto, in dem unser Draht verbaut ist“, so Taiariol. „Wenn das kommt, wird es sich wunderbar anfühlen, dass wir daran beteiligt waren.“

Der Firmensitz der Tau Group in Pianezza
Tau Group
„Bei Tau dreht sich alles darum, Energie effizient zu nutzen.“
Francesco Taiariol

CEO der Tau Group