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Czesław Burek Radio Vanessa FM

Es war immer sein Traum gewesen. Bürgermeister Czesław Burek wollte den Menschen in Nieboczowy die dauernde Bedrohung durch Hochwasser nehmen. Die schlimmste Überschwemmung in der Geschichte der Region war das Odra-Hochwasser 1997. Damals verloren Menschen ihre Häuser, viele sogar das Leben. Die Verzweiflung war groß. Burek, der als Bürgermeister für mehrere Dörfer zuständig ist, schwor sich, solche Tragödien künftig zu verhindern.

Die Gelegenheit dazu bekam er, als Polens Regierung beschloss, im Odra-Tal bei Nieboczowy den Stausee Racibórz Dolny zu bauen. Damit würden endlich die dauernden Überschwemmungen aufhören, unter denen die Menschen im Dorf seit Jahren litten. Allerdings gab es da ein Problem: Der Stausee würde bedeuten, dass Menschen umsiedeln müssen.

„Überall um uns herum sind Flüsse. Da kommt es bei jedem Extremwetter zu Überschwemmungen“, sagt Burek. „Wären wir dort geblieben, wäre das das Ende unseres Dorfs gewesen.“

Also baute die Gemeinde Nowe Nieboczowy – Neu-Nieboczowy; nur ein paar Kilometer vom ursprünglichen Dorf entfernt. Das war eine schwierige Entscheidung, aber als im September 2024 der Südwesten Polens von einer katastrophalen Flut heimgesucht wurde, zahlte sich das Projekt aus.

Dank des enormen neuen Stausees kam das Dorf schadlos davon. Und nicht nur Nowe Nieboczowy hat profitiert. Das Rückhaltebecken milderte die Folgen der Flut für mehr als 2,5 Millionen Menschen in drei Provinzen: Śląskie (Schlesien), Dolnośląskie (Niederschlesien) und Opolskie (Oppeln).

„Wir mussten fast 19 Jahre warten und standen vor vielen Herausforderungen, aber am Ende haben wir einen Weg gefunden, unsere Gemeinde zu schützen und unser Erbe zu bewahren“, sagt Burek.

Die erste Bewährungsprobe

Der Racibórz-Dolny-Stausee erstreckt sich über eine Fläche von 26 Quadratkilometern und hat ein Volumen von 185 Millionen Kubikmetern. Das entspricht 74 000 olympischen Schwimmbecken. Er ist der größte Hochwasserschutz-Stausee Polens. Bei erhöhter Überschwemmungsgefahr hält er überschüssiges Wasser vorübergehend zurück.

JASPERS, eine von der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank finanzierte Partnerschaft, hat bei der Vorbereitung des Racibórz-Dolny-Stausees und anderer Hochwasserschutzprojekte entlang der Flüsse Odra und Nysa geholfen.

Das „neue“ Nieboczowy
Nowe Domy Nieboczowy

Das Hochwasser vom September stellte den Stausee auf die Probe. Es war eine Rekordflut, die sogar den historischen Höchststand von 1997 übertraf, der damals schwere Schäden angerichtet und in Wroclaw (Breslau) 600 000 Menschen betroffen hatte. Dieses Jahr brachte das Sturmtief Boris in nur vier Tagen das Fünffache der Regenmenge, die sonst im gesamten September fällt, und richtete in Südpolen enorme Schäden an.

Am 15. September – das war ein Sonntag – aktivierten die Behörden den Stausee. Bis Dienstagmittag hatte er 147,9 Millionen Kubikmeter Wasser aufgenommen und damit fast 80 Prozent seiner Kapazität erreicht. In den darauffolgenden Tagen hielt der Stausee das Hochwasser erfolgreich zurück. Das klappte so gut, dass auf Google Maps Tausende Menschen sich bei denjenigen bedankten, deren Dörfer für den Bau des Stausees verlegt wurden.

„Es hat Racibórz gerettet, den Ort, wo meine Mutter und ihre Eltern herkommen“, schreibt jemand. „Danke an die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner von Ligota Tworkowska und Nieboczowy – an die 240 Familien, die umsiedeln mussten.“



„Der Stausee funktioniert wie ein riesiger Puffer, der Hochwasser aus den Flüssen Odra und Nysa aufnimmt. Er ist ein wesentlicher Bestandteil des Hochwasserschutzsystems an der Odra.“
Łukasz Wyra

Senior Water Engineer bei der Europäischen Investitionsbank

Hochwasserschutz in ganz Polen

Die jüngsten Überschwemmungen zeigen, wie wichtig gutes Risikomanagement ist und wie vorausschauend die polnische Regierung mit ihren ehrgeizigen Hochwasserschutzprojekten ist. Dabei konzentriert sie sich auf gefährdete Regionen im ganzen Land, von Kotlina Kłodzka über Sandomierz, Słubice und Żuławy bis hin zu Węzeł Oświęcimski.

„Mit finanzieller Unterstützung der EU haben wir 119 Klimaanpassungs-Projekte durchgeführt, darunter Investitionen in Hochwassersicherheit, Rückhaltebecken und die Entwicklung von Bedrohungsprognosen sowie Rettungssystemen in Polen“, sagt Jarosław Orliński vom Ministerium für Entwicklungsfonds und regionale Entwicklung. „Ohne diese Investitionen wäre das Ausmaß der Zerstörung immens gewesen – viel schlimmer als das, was wir jetzt tatsächlich erlebt haben.“

Der Racibórz-Dolny-Stausee ist eines dieser Projekte. JASPERS hat mit der Weltbank und der Entwicklungsbank des Europarates groß angelegte Projekte unterstützt, um Wroclaw (Breslau) vor künftigen Überschwemmungen zu schützen. Dazu gehören folgende Arbeiten:

  • Vertiefung und Verbreiterung der Odra sowie Befestigung ihrer Ufer
  • Verstärkung mehrerer Brücken sowie Modernisierung von Schleusen und Wehren
  • Verbreiterung der Odra
  • Verstärkung der Flussläufe im Stadtzentrum
  • Verbesserung bestehender und Bau neuer Deiche, flussauf- und flussabwärts
  • Bau eines neuen Kanals, um Flussläufe umzuleiten
  • Ausweitung des Widawa-Tals, damit es überschüssiges Wasser der Odra gefahrlos aufnehmen kann

„Wir waren an jedem Schritt dieses großen Projekts beteiligt“, sagt David Tagg, ein auf Umweltthemen spezialisierter Volkswirt bei der EIB, der Teil des JASPERS-Beratungsteams ist. „Von der Machbarkeitsprüfung und dem Ausloten von Möglichkeiten, sich um eine EU-Finanzierung zu bewerben, bis hin zu finanziellen und ökologischen Analysen haben wir in allen Bereichen geholfen.“

Häufiger und schlimmer

Überschwemmungen gehören zu den zerstörerischsten Naturereignissen überhaupt, und durch den Klimawandel werden sie häufiger und schwerwiegender. Die Forschung prognostiziert, dass viertägiger Dauerregen mindestens doppelt so häufig und sieben Prozent intensiver wird. Bei einem globalen Temperaturanstieg um zwei Grad Celsius könnten solche Stürme 50 Prozent öfter auftreten.

„Wir brauchen mehr solcher Projekte und müssen die bestehende Infrastruktur erweitern und verbessern, denn der Sicherheitspuffer schrumpft“, sagt Eckart Tronnier, der Leiter des JASPERS-Beratungsteams. „Natürlich bleibt Hochwasserschutz-Infrastruktur über lange Phasen ungenutzt. Aber im Ernstfall kann sie Leben retten und größere Schäden verhindern. Dann zeigt sich, wie wichtig sie ist.“

Im Rahmen eines neuen Auftrags unterstützt das Team für technische Beratung die polnischen Behörden beim Ermitteln und Priorisieren von Risikomanagement-Projekten im Hochwasserschutz.

Eines der Projekte an der Odra

Hochwasserschutz kann Städten neues Leben einhauchen.

„In Wroclaw haben nach und nach neue Restaurants und Läden eröffnet, und am Ufer entlang sind Grünflächen und Fahrradwege entstanden“, sagt Eckart Tronnier. „So ist der Fluss für die Stadt wieder zu einem Pluspunkt geworden.“