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  • Der EIB-Bericht über naturbasierte Lösungen untersucht finanzielle Hindernisse und Chancen für mehr grüne Maßnahmen, die natürliche Ökosysteme schützen oder wiederherstellen und gleichzeitig Gefahren für den Menschen wie Überschwemmungen, Küstenerosion und Städterwärmung verringern
  • Derzeit gibt es keine Marktmechanismen, die die Umsetzung naturbasierter Lösungen in der EU fördern
  • Reformen des rechtlichen Rahmens und der Finanzhilfen könnten den privaten und öffentlichen Sektor dazu bewegen, in natürliche Systeme statt in „graue“ Infrastruktur aus Beton und Stahl zu investieren

Europa muss aufhören, die weitere Erosion der Natur durch schädliche Subventionen zu unterstützen, und sollte mehr Anreize für naturbasierte Lösungen setzen, wenn es klimaresiliente Gesellschaften schaffen will. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Europäischen Investitionsbank (EIB), der heute in Brüssel vorgestellt wurde. Der unter dem InnovFin-Mandat, einer Initiative der EIB-Gruppe und der Europäischen Kommission, veröffentlichte Bericht trägt den Titel „Investing in nature-based solutions. State-of-play and way forward for public and private financial measures in Europe” (Investitionen in naturbasierte Lösungen: Aktueller Stand und weitere Schritte für öffentliche und private Finanzierungsmaßnahmen in Europa). Der Bericht gibt einen Überblick über die derzeitige Nutzung solcher Lösungen in der EU, benennt Herausforderungen und Anreize für eine verstärkte Umsetzung und stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus der Fazilität für Naturkapital vor. Die Fazilität war ein gemeinsames Finanzierungsinstrument der EIB und der Kommission, um Biodiversität und Klimaschutz zu fördern. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es in der EU derzeit keine Marktmechanismen gibt, mit denen naturbasierte Lösungen mit privaten, renditeorientierten Mitteln skaliert werden können, diese aber notwendig wären.

Ambroise Fayolle, EIB-Vizepräsident mit Aufsicht über die Finanzierungen der Bank für Klimaschutz und Umwelt: „Die Segnungen der Natur haben heute in der Regel keinen finanziellen Marktwert. Dennoch sind die Volkswirtschaften in hohem Maße von ihnen abhängig. Wenn wir wollen, dass sich naturbasierte Lösungen auf breiter Basis durchsetzen, müssen wir Transparenz und Messbarkeit verbessern und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sowohl der private als auch der öffentliche Sektor sie entwickeln. Wissen und Anreize tragen maßgeblich zu Investitionsentscheidungen bei.“

Auf der Grundlage einer Datenbank mit mehr als 1 300 Projekten in der gesamten EU stellt der Bericht fest, dass naturbasierte Lösungen fast ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Lediglich drei Prozent der Projekte werden in nennenswertem Umfang vom Privatsektor finanziert. Die meisten Projekte sind vom Umfang her klein – sowohl gemessen an der umgestalteten Fläche als auch den Investitionskosten: Vier von fünf Projekten sind kleiner als zehn Millionen Euro, fast die Hälfte sogar kleiner als eine Million Euro. Zudem werden naturbasierte Lösungen derzeit noch sehr langsam umgesetzt. Das größte Investitionspotenzial für grüne Lösungen sieht der Bericht in der Wasserwirtschaft, in Städten sowie in der Forst- und Landwirtschaft. Es bestehen erhebliche Synergien mit dem Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel.

Geringe Investitionen je Projekt, lange Zeiträume für die finanzielle Rentabilität und Risikoprofile, die sich von nicht naturbasierten Investitionsoptionen unterscheiden, tragen dazu bei, dass naturbasierte Lösungen in Europa kaum Fahrt aufnehmen. Weitere Investitionshemmnisse sind mangelnde Informationen über den Nutzen dieser Lösungen und fehlendes technisches Know-how für die Umsetzung der recht komplexen Projekte. Darüber hinaus können rechtliche Hindernisse für die notwendigen Formen der Zusammenarbeit und Kofinanzierung bestehen.

Der Bericht enthält eine Reihe von politischen und finanziellen Empfehlungen, die eine verstärkte Umsetzung naturbasierter Lösungen in der EU fördern könnten. Er appelliert an lokale, nationale und europäische Behörden, Vorschriften und Anreize für die Beteiligung des Privatsektors und innovative Maßnahmen des öffentlichen Sektors zu schaffen. Dies könnten Belohnungen für naturbasierte Lösungen sein. Gleichzeitig sollte es aber auch Regelungen für verpflichtende Maßnahmen geben. Denkbar wäre etwa eine gesetzliche Verpflichtung, grüne naturbasierte Lösungen in Betracht zu ziehen, bevor menschengemachte oder graue Infrastruktur als Standardoption gebaut wird. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik bietet eine hervorragende Gelegenheit, naturbasierte Lösungen direkt zu finanzieren und Praktiken, die die Ökosysteme schädigen, zu reduzieren.

Bei der Finanzierung betont der Bericht, dass das gesamte Spektrum von Reifegrad, Phasen, Größe und Risiko der Projekte berücksichtigt werden muss, wobei der Schwerpunkt auf dem Kapazitätsaufbau und auf der Finanzierung in der Frühphase liegt. Dazu gehören eine bessere Verfügbarkeit von Startkapital, Kredite zu günstigen Bedingungen, Investitionszuschüsse, Finanzhilfen und die Entwicklung von Mechanismen zur Risikominderung. Finanzierungstechniken aus den Bereichen Innovation, Infrastruktur und Impact Financing können für naturbasierte Lösungen angepasst werden. Idealerweise sollten die Projekte Zugang zu einer Reihe von sektorspezifischen Finanzierungsprodukten haben, die auf die lokalen Gegebenheiten zugeschnitten sind. Die Projekte sollten außerdem aus weiteren Vorteilen der naturbasierten Lösungen Einnahmen erwirtschaften können. Der öffentliche Sektor spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Investitionen in der Frühphase. Auch langfristig orientierte institutionelle Investoren wie Versicherungsgesellschaften müssen in die Lage versetzt und mit Anreizen motiviert werden, in naturbasierte Lösungen zu investieren.

Hintergrundinformationen

Naturbasierte Lösungen

Unter naturbasierten Lösungen versteht man im Allgemeinen Systeme und Verfahren, die sich an der Natur oder natürlichen Merkmalen orientieren und die dazu beitragen, gesellschaftliche Ziele wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, gute Gesundheit, Ernährungs- und Wassersicherheit sowie Katastrophenschutz zu erreichen. Sie bieten ressourceneffiziente und wirkungsvolle Alternativen zu herkömmlichen technikorientierten Lösungen und schützen gleichzeitig Menschen, Tiere und Pflanzen. Beispiele reichen von der Aufforstung und der Anlage von Terrassen an Berghängen, um Überschwemmungen und Erdrutsche zu verhindern, bis zur Renaturierung von Flüssen, Begrünung von Dächern und klimaintelligenten Landwirtschaft. Laut dem Weltbiodiversitätsrat können naturbasierte Lösungen mehr als ein Drittel der Klimaschutzmaßnahmen beisteuern, die bis 2030 erforderlich sind, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Eine Studie des Weltwirtschaftsforums kam 2021 zu dem Schluss, dass die Investition von nur einem Prozent des globalen BIP in naturbasierte Lösungen einen erheblichen Beitrag zur Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise leisten würde.

InnovFin

InnovFin – EU-Mittel für Innovationen“ ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Investitionsbank-Gruppe (EIB und EIF) und der Europäischen Kommission für das Programm Horizont 2020. InnovFin soll innovativen Unternehmen und Einrichtungen in Europa leichter und schneller Zugang zu Kapital ermöglichen.

InnovFin – Beratung hilft förderfähigen öffentlichen und privaten Partnern, große, komplexe Innovationsprojekte mit hohem langfristigem Investitionsbedarf bankfähig und für Investoren interessant zu machen.