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  • Umfassende Unterstützung während der Pandemie hat zur Vermeidung einer Pleitewelle in der Region beigetragen – nur vier Prozent der Unternehmen haben Insolvenz angemeldet oder ganz aufgegeben
  • Handel mit entwickelten Volkswirtschaften Know-how durch Einbindung in globale Wertschöpfungsketten und Zugang zu ausländischen Technologien haben Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in der Region gestärkt
  • Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft birgt erhebliche Risiken für die Regionen; Unternehmen bleiben hinter Entwicklung in anderen Teilen der Welt zurück
  • Mangelnder Zugang zu Finanzmitteln hemmt weiter das Wachstum von Unternehmen in der Region. Zahl von Unternehmen ohne Kreditzugang oder Bankbeziehung noch immer relativ hoch

Die Invasion Russlands in die Ukraine mitsamt ihren wirtschaftlichen Folgen fällt in eine Zeit, in der sich Unternehmen in Mittelosteuropa und Zentralasien gerade von der Coronapandemie erholten. Der heute veröffentlichte neue Bericht von EIB, EBWE und IWF Business resilience in the pandemic and beyond untersucht, wie Firmen in der Region den massiven Abschwung infolge der Pandemie bewältigt haben und inwieweit sie für künftige Herausforderungen gewappnet sind. Darüber hinaus widmet sich der Bericht der Frage, ob ein mangelnder Zugang zu Finanzierungen sich nachteilig auf ihre kurzfristige Robustheit und langfristigen Perspektiven auswirken wird.

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Zur Online-Zusammenfassung.

„Der Krieg in der Ukraine markiert einen geopolitischen Umbruch. Neue Risiken und eine erhöhte Unsicherheit setzen grenzüberschreitende Ströme und den internationalen Handel unter Druck“, erklärt EIB-Chefökonomin Debora Revoltella. „Das hat Folgen, denn aus unserer Analyse geht hervor, dass die Resilienz und Innovationsfähigkeit von Unternehmen während der Pandemie von ihrer Beteiligung an weltweiten Wertschöpfungsketten und dem globalen Handel abhingen. Daher muss sorgfältig geprüft werden, welche Konsequenzen eine mögliche Deglobalisierung für die Region haben könnte.“

Beata Javorcik, Chefökonomin der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung: „Das ganze Ausmaß der Folgen der Pandemie ist bislang nicht absehbar, weil viele Regierungen außergewöhnliche Maßnahmen zum Schutz von Unternehmen vor Gläubigern ergriffen haben. Daher lag die Zahl der Insolvenzen in den neuen EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2021 unter Vor-Pandemie-Niveau. Die erwartete Aufhebung der Hilfsmaßnahmen und der Ukrainekrieg und seine Folgen verleihen dem Thema Unternehmensresilienz nun besondere Aktualität.“

Alfred Kammer, Direktor der Abteilung Europa des IWF: „Der Ausbruch von Covid-19 hat Unternehmen in Osteuropa und Zentralasien einem Härtetest unterzogen. Mit ihrer Robustheit und Anpassungsfähigkeit haben sie uns vor Augen geführt, wie wichtig Produktivität, Innovationsgeist, Führungsqualitäten, globale Integration und finanzielle Rettungsleinen sind. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen haben maßgeblich dazu beigetragen, Firmen in Not zu helfen. Für die Überlebensfähigkeit hart getroffener Unternehmen ist es in der sich anbahnenden geopolitischen Krise von entscheidender Bedeutung, ein widerstandsfähiges Geschäftsumfeld und eine ausreichende Liquiditätsversorgung sicherzustellen.“

Auswirkungen von Covid-19 auf Osteuropa und Zentralasien

Unternehmen sind bisher besser durch die Pandemie gekommen als zunächst befürchtet. Sie büßten 25 Prozent ihrer Umsätze ein und entließen elf Prozent ihrer Arbeitskräfte, wobei kontaktintensive Dienstleistungen und kleinere und mittlere Unternehmen von der Pandemie besonders hart getroffen waren. Eine Pleitewelle konnte mit massiver politischer Unterstützung jedoch abgewehrt werden: Nur vier Prozent der Unternehmen meldeten Insolvenz an oder gaben ganz auf.

Unternehmen, die in globale Wertschöpfungsketten eingebunden waren, die in der Vergangenheit innovativer waren, einen höheren Digitalisierungsgrad aufwiesen und über ein besseres Qualitätsmanagement verfügten, zeigten sich dem Bericht zufolge in der Pandemie anpassungsfähiger. Sie bauten ihre Internetpräsenz aus, stellten auf Telearbeit um, passten die Produktion an oder nutzten öffentliche Coronahilfen effektiver.

Staatliche Programme wirkten sich stabilisierend aus, indem sie anfällige Akteure wie kleine Betriebe, eigenständige Firmen und Unternehmen, die nicht auf Kontokorrentlinien zurückgreifen konnten, entlasteten.

Öffnung für Handel in Osteuropa und Zentralasien fördert Resilienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

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Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Volkswirtschaften Osteuropas und Zentralasiens im Allgemeinen stärker in Innovation investieren als Benchmark-Länder; im Vordergrund steht dabei allerdings meist die Anpassung neuer, andernorts entwickelter Technologien. Die Öffnung für die Weltwirtschaft hat maßgeblich dazu beigetragen, dass viele Entwicklungsländer ihre komparativen Vorteile ausbauen und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern konnten. Stärker in globale Wertschöpfungsketten integrierte Regionen sind von ihrer Industriestruktur her mehr auf Produkte mit höherem Mehrwert ausgerichtet. Weniger integrierte Regionen handeln dagegen hauptsächlich mit Produkten mit geringerer Wertschöpfung oder mit Rohstoffen.

Der Bericht zeigt: Handelsverflechtungen mit entwickelten Volkswirtschaften, insbesondere mit der Europäischen Union, der Zugang zu Informationen und Know-how durch die Einbindung in weltweite Wertschöpfungsketten, lizenzierte ausländische Technologien und moderne Führungsmethoden zählen zu den wichtigsten Innovationstreibern in Osteuropa und Zentralasien.

Finanzierungslücken

Die Finanzsysteme in Osteuropa und den westlichen Balkanstaaten haben sich bisher gut behauptet. Bankkredite sind für Unternehmen weiterhin die wichtigste externe Finanzierungsquelle. Die Kapitalmärkte sind unterentwickelt, und Risikokapital, Private Equity und Leasing stehen nur sehr begrenzt zur Verfügung. Rund 55 Prozent der Unternehmen betrachten den fehlenden Zugang zu Finanzierungen als Hindernis.

24 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und 27 Prozent der Jungunternehmen bezeichnen den mangelnden Zugang zu Darlehen oder anderen Finanzierungsmitteln als Problem. Dabei leiden innovative Unternehmen, insbesondere junge und innovative KMU, häufiger unter Kreditnot.

Rund 50 Prozent der Unternehmen, vor allem kleine und junge Akteure, finanzieren ihre Projekte ausschließlich mit eigenen Mitteln. Der Zugang zu Krediten ist an Investitionen und Wachstum gebunden, und gute Beziehungen zum Bankensektor bringen wirtschaftliche Vorteile mit sich.

Grüne Wirtschaft

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Die Region, die bisher stark auf Kohle und Öl angewiesen war, steigt langsam auf Kernkraft und erneuerbare Energien um und erhöht auf diese Weise ihre Energiesicherheit.

Allerdings erzeugte die Region noch im Jahr 2018 drei Viertel ihres Stroms mit fossilen Brennstoffen. Mehrere Länder gewähren weiterhin großzügige Subventionen, die den Preis von Gas und anderen fossilen Brennstoffen für Verbraucher verringern. Das dämpft die Motivation, Emissionen zu senken.

Mehr als 70 Prozent der Unternehmen der Region haben mindestens eine Art von grüner Investition getätigt – in Südeuropa liegt die Zahl dagegen bei über 85 Prozent. Die Unternehmensumfrage zeigt, dass mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen der Region in den letzten drei Jahren vor der Befragung weder eine kapitalintensive noch eine wenig kapitalintensive grüne Investition vorgenommen hat. 46 Prozent haben dagegen sowohl kapitalintensive als auch wenig kapitalintensive grüne Investitionen getätigt.

Über den Bericht

Business resilience in the pandemic and beyond – Adaptation, innovation, financing and climate action from Eastern Europe to Central Asia ist eine gemeinsame Veröffentlichung der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (ENBW) mit Beiträgen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die in diesem Bericht enthaltenen Daten wurden vor der bewaffneten Invasion Russlands in die Ukraine erhoben und analysiert. 

Der in dieser Art einzigartige Bericht stützt sich auf Daten aus der jüngsten Unternehmensumfrage der EBWE, EIB und Weltbankgruppe (Enterprise Survey 2019), in deren Rahmen zwischen 2018 und 2020 Daten von mehr als 28 000 eingetragenen Unternehmen erfasst wurden. Die Umfrage wurde kurz vor Ausbruch der Coronapandemie durchgeführt und liefert einen strukturellen Überblick über die Unternehmen in der Region. Zusätzlich nutzt der Bericht die erste Runde der Covid-19-Folgeerhebungen, bei der mehr als 16 000 Unternehmen befragt wurden. Anhand dieser Folgeerhebung hat die Weltbank untersucht, wie sich Unternehmen in der Krise angepasst haben.