>@Shirin Wheeler/EIB

Werner Hoyer, der Präsident der Europäischen Investitionsbank, hat den Wert des Multilateralismus bei der Bewältigung der weltweiten Herausforderungen betont und eine Wirtschaftspolitik gefordert, die stärker auf die Einbeziehung aller ausgerichtet ist. „Viele Menschen fühlen sich vom Wirtschaftsaufschwung abgehängt und haben in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung Angst um ihren Arbeitsplatz“, sagte Hoyer bei einer Veranstaltung der Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution. „Wir können nicht für Wettbewerb und offene Märkte eintreten, wenn wir nicht für Chancengleichheit sorgen und soziale Mobilität ermöglichen.“ 

Nach Ansicht Hoyers ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich mit der europäischen Geschichte zu befassen und mit „den großen Errungenschaften Europas im Hinblick auf institutionelle Neuerungen, wirtschaftliche Stabilität und multilaterale Zusammenarbeit, die Frieden, Produktivität und Wohlstand sichern“. Er räumte ein, dass Europa trotz dieser Erfolge derzeit vor beträchtlichen Herausforderungen steht. „Dies gilt vor allem für die destabilisierende Unsicherheit seit Beginn der globalen Finanz- und Staatsschuldenkrise. Das Brexit-Votum hat das Ausmaß der Verdrossenheit bestätigt und uns gezeigt, dass wesentliche Teile der Bevölkerung mit dem Gedanken des Multilateralismus und der Offenheit in der EU nichts mehr anfangen können“.

„Wir haben eine gewisse Finanzstabilität erreicht, aber wir haben die Kosten für den normalen Bürger übersehen. Das hat zu weit verbreiteter Enttäuschung und Abwendung von unseren Institutionen und ihren Prozessen geführt“, so Hoyer. Für den Präsidenten der EIB – der Bank der EU – hat der Brexit auch gezeigt, welche Gefahren lauern, wenn man die Europäische Union zum „Sündenbock für Probleme aller Art“ macht.

Hoyer bezeichnete den Investitionsplan für Europa, die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen durch die EIB und die Initiative ‚Qualifikation und Beschäftigung – Investition in die Jugend‘ als konkrete Belege dafür, „welche Wirkung unsere Arbeit auf die Zukunft Europas hat“. Er betonte, dass die EU bessere Wege finden müsse, den Bürgern solche Erfolge zu vermitteln. „Die Bank der EU stellt Finanzierungsmittel immer ergänzend bereit, weil sie andere Geldgeber dazu bewegt, sich an der Finanzierung zu beteiligen“, erläuterte Hoyer.

Auf globaler Ebene sind nach Meinung Hoyers starke multilaterale Institutionen erforderlich, die nachhaltiges Wachstum fördern. „Wenn die Vereinigten Staaten ihr Bekenntnis zum Multilateralismus und seinen Institutionen abschwächen, indem sie bilaterale Vereinbarungen anstreben und protektionistische Maßnahmen durchsetzen, dann wird der Kuchen für alle nicht größer, sondern kleiner. Wenn Sie einen Kreis enger Freunde verlassen, werden Sie nicht stärker, sondern etwas einsamer. Eine Agenda, die protektionistische Maßnahmen wie Zölle vorsieht, um inländische Investitionen zu fördern, wäre ein schwerer Schlag gegen das, was wir über die vergangenen Jahrzehnte erreicht haben. Für uns in der EU, die auf Multilateralismus und Freizügigkeit basiert, ist dies undenkbar.“

Der Präsident sprach auf Einladung der Brookings Institution zum Thema „Europe today and in the future“. Anschließend folgte ein Gespräch mit Homi Kharas, Senior Fellow und Co-Director des Global Economy and Development Programme. Zum Abschluss der Veranstaltung stellte sich der Präsident den Fragen der Zuhörer.